Der Finanzvorstand einer Aktiengesellschaft verletzt seine Treuepflicht dadurch, dass er entgegen der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG) sowie unter Verstoß gegen das handelsrechtliche Gebot der Vollständigkeit und Richtigkeit der Buchführung (§ 239 Abs. 2 HGB) daran mitwirkt, dass Vermögensgegenstände durch inhaltlich falsche Buchungsvorgänge aus der Buchhaltung ausgesondert wurden, um unter gezielter Umgehung der gesellschaftsinternen Kontrollen über Vermögensbestandteile der Treugeberin nach Maßgabe eigener Zwecksetzung verfügen zu können1.

Da die Pflichtwidrigkeit des Handelns Merkmal des Untreuetatbestands ist, schließt das Einverständnis des Inhabers des zu betreuenden Vermögens bereits die Tatbestandsmäßigkeit aus2. Bei juristischen Personen tritt an die Stelle des Vermögensinhabers dessen oberstes Willensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten, hier also der Vorstand der Aktiengesellschaft3.
Ein erklärtes Einverständnis ist nur dann unwirksam, wenn es gesetzwidrig oder erschlichen ist, auf sonstigen Willensmängeln beruht oder – wie bei der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz einer juristischen Person – seinerseits pflichtwidrig ist4.
Eine Befugnis des ressortzuständigen Vorstandsmitglieds zur Einwilligung in pflichtwidriges Handeln kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn es um ein eigenes pflichtwidriges Verhalten geht, das gerade in der Verschleierung der von ihm selbst vorgenommenen Vermögensverfügungen gegenüber den übrigen Vorstandsmitgliedern und den zu seiner Kontrolle berufenen beiden anderen Gesellschaftsorganen sowie den für diese tätigen Abschlussprüfern besteht5.
Darauf, ob die Kenntnis des ressortzuständigen Vorstandsmitglieds die Kenntnis der übrigen Vorstandsmitglieder entsprechend dem Rechtsgedanken des § 78 Abs. 2 Satz 2 AktG für die Erteilung eines wirksamen Einverständnisses grundsätzlich ersetzen könnte, kam es im vorliegenden Fall daher nicht an.
Ein dem betreuten Vermögen zugefügter Nachteil i.S.d. § 266 StGB ist jede durch die Tathandlung verursachte Vermögenseinbuße. Die Vermögensminderung ist dabei nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung festzustellen; maßgeblich ist der Vergleich der Vermögenswerte unmittelbar vor und nach der pflichtwidrigen Verhaltensweise zu Lasten des betroffenen Vermögens6.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei Schmiergeldzahlungen in der Regel ein Nachteil i.S.d. § 266 StGB vor, da dem Betrag, der für diese Zahlungen aufgewendet wird, keine Gegenleistung gegenübersteht, der Betrag vielmehr auch in Form eines Preisnachlasses oder aufschlages hätte gewährt werden können7. Eine Ausnahme gilt insbesondere dann, wenn Umstände erkennbar sind, die es nicht nahelegen, dass die Leistungen in die Kalkulation zu Lasten des Geschäftsherrn eingestellt wurden8.
Kick-back-Zahlungen sind keine Untreue
Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn die Aktiengesellschaft ohne die entsprechenden Vereinbarungen zur teilweisen Kaufpreisrückerstattung (Kick-back-Zahlungen) keine höheren Nettopreise für die gelieferten Medikamente hätte erzielen können.
So auch in dem hier entschiedenen Fall: Die Vereinbarungen gingen auf Forderungen der Importeure zurück, die damit zum einen bezweckten, die russischen Vorgaben im Bereich des Devisenerwerbs zu umgehen, und zum anderen, ihre Gewinnspanne entgegen den entsprechenden Vorgaben künstlich zu erhöhen, da der maximale staatliche Handelsaufschlag auf Grundlage der offiziellen Einkaufspreise, mithin vorliegend den vereinbarten „Bruttopreisen“, ermittelt wurde. Die für das Russlandgeschäft der Aktiengesellschaft („B“) Verantwortlichen beugten sich diesen Forderungen, um überhaupt Waren auf dem russischen Markt absetzen zu können. Auswirkungen auf die Preisgestaltung im Übrigen waren damit aber nach den Urteilsfeststellungen nicht verbunden.
Zudem sind auch dadurch, dass – wie von vorneherein vereinbart – jeweils Teile der gezahlten Kaufpreise über die OffshoreGesellschaften an die russischen Importeure zurückerstattet wurden, keine Vermögenseinbußen auf Seiten von B. eingetreten, die Nachteile i.S.d. § 266 StGB darstellen würden. Dies gilt unabhängig davon, ob die genannten Zahlungen auf möglicherweise gemäß § 138 BGB oder vergleichbaren russischen Vorschriften nichtige oder nicht durchsetzbare Forderungen (§ 817 Satz 2 BGB) hin erfolgten.
An einem Nachteil fehlt es im Falle einer schadensausgleichenden Kompensation. Eine solche liegt vor, wenn und soweit der durch die Tathandlung verursachte Nachteil durch zugleich eintretende wirtschaftliche Vorteile ausgeglichen wird9. Dabei kommt es nicht nur auf die von der Rechtsordnung anerkannten und mit ihr durchsetzbaren Vermögensrechte und Vermögenspflichten an.
Vielmehr gilt grundsätzlich ein wirtschaftlicher Ausgangspunkt, der durch normative Erwägungen zu korrigieren ist10. Zwar können normative Gesichtspunkte bei der Feststellung eines Vermögensnachteils durchaus eine Rolle spielen, dürfen aber wirtschaftliche Überlegungen nicht verdrängen, so dass es auch bei einer Verwendung des anvertrauten Vermögens zu verbotenen Zwecken der Prüfung bedarf, ob das verbotene Geschäft – wirtschaftlich betrachtet – nachteilhaft war11. Damit kommt es für die Frage, ob der Vermögensverlust durch einen unmittelbaren Vermögensvorteil kompensiert wurde, nicht nur auf den rechtlichen Bestand der Forderungen an, auf die geleistet werden soll, sondern auch auf den wirtschaftlichen Wert der Gegenleistung, welche die Treugeberin erlangt hat.
Betrachtet man die Geschäfte zwischen B. porteuren somit zunächst wirtschaftlich, erhielt B. und den russischen Imfür die Lieferung der Medikamente den Nettopreis, der nach den Urteilsfeststellungen dem Marktpreis entsprach. Der darüber hinausgehend an B. gezahlte Betrag, sollte nach den zugrunde liegenden Vereinbarungen nie dauerhaft bei B. verbleiben, sondern unmittelbar über die OffshoreFirmen an die russischen Importeure zurück fließen, um diesen die oben genannten Vorteile zu verschaffen. Die Gegenleistung für B. für die Rückleitung der Gelder bestand darin, überhaupt die Verträge mit den russischen Importeuren abschließen und damit Medikamente auf dem russischen Markt absetzen zu können, denn eine entsprechende Abrede war für die Importeure Bedingung für das Zustandekommen der Verträge. Dass sich diese Leistungen wertmäßig entsprachen, ist nach den Feststellungen des Landgerichts anzunehmen, da die Geschäfte auf dem russischen Pharmaziemarkt danach für B. besonders lukrativ waren und die Rückleitung der Gelder – nach den Feststellungen – kostenneutral war. Hätte B. andererseits die entsprechenden Beträge abredewidrig nicht an die Importeure rückerstattet, sondern einbehalten, wären zukünftig mit diesen keine Verträge mehr zustande gekommen. Damit wurden mit den Zahlungen auch über die zugrundeliegenden Rechtsgeschäfte hinausgehende wirtschaftliche Ziele verfolgt.
Bei einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung kann in dieser Rückleitung daher keine Vermögenseinbuße und damit auch kein Nachteil für B. gesehen werden, denn die entsprechenden Beträge waren wirtschaftlich stets den Importeuren zuzurechnen12. B. hatte nach den Vereinbarungen mit den russischen Importeuren keinen Anspruch auf dauerhafte Vereinnahmung dieser Beträge, sondern nur – einem Treuhänder gleich – auf vorübergehenden Einbehalt, so dass die weitergeleiteten Gelder wirtschaftlich auch nicht aus dem Vermögen von B. stammten. Mit der Auskehrung der Kaufpreisrückerstattungen verringerte sich in gleichem Maße das Bankguthaben wie die Verpflichtung auf Rückzahlung sank. Wirtschaftlich betrachtet lag damit ein durchlaufender Posten vor13. Da die Gelder an die Importeure als diejenigen zurückflossen, von denen sie ursprünglich auch stammten, bestand für B. auch kein zu bilanzierendes Risiko, dass die entsprechenden Zahlungen von irgendeiner Seite hätten zurückgefordert werden können14.
ss durch die Zahlungen nach Erbringung der rechtlich missbilligten Gegenleistung möglicherweise gemäß § 138 BGB – § 134 BGB ist nicht einschlägig, da vorliegend nur Verstöße gegen russische Gesetze in Betracht kommen, Verbotsgesetze i.S.v. § 134 BGB aber nur deutsche Gesetze sind15 – nichtige Forderungen bedient wurden, führt nicht dazu, dass das so gefundene Ergebnis normativ zu korrigieren wäre.
Dies gilt schon grundsätzlich. Die bereicherungsrechtliche Wertung des § 817 Satz 2 BGB im Rahmen der durchzuführenden Gesamtbetrachtung uneingeschränkt in das Strafrecht zu übernehmen, würde wirtschaftliche Aspekte völlig in den Hintergrund treten lassen16 und liefe auf eine künstliche Aufspaltung einheitlicher Geschäftsvorgänge hinaus. Dies würde der vom Bundesverfassungsgericht geforderten17 wirtschaftlichen Betrachtung nicht gerecht. Zudem würde ansonsten letztlich jeder Sittenverstoß, der zur zivilrechtlichen Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts führt, im Falle der dennoch erfolgten Leistung den Tatbestand der Untreue erfüllen. Dies würde nicht nur den Charakter der Vorschrift als Vermögensdelikt verblassen lassen18, sondern wäre angesichts der Unbestimmtheit und Wandelbarkeit des sittlichen Maßstabes19 als maßgebliches Kriterium auch mit nicht unerheblichen Unsicherheiten behaftet. Vorliegend kommt hinzu, dass die Gesichtspunkte, die zur Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit der Abreden über die Kaufpreisrückerstattungen führen könnten – Ausnutzung ihrer marktbeherrschenden Stellung durch die russischen Importeure, um Vorgaben im Bereich des Devisenerwerbs umgehen und ihre Gewinnspanne entgegen den entsprechenden Vorgaben künstlich erhöhen zu können –, nicht dem Schutz der Vermögensinteressen von B. , sondern öffentlichen Interessen des russischen Staates zu dienen bestimmt sind. Schutzzweck des § 266 StGB ist es aber allein, das zu betreuende Vermögen zu schützen20.
Vor diesem Hintergrund besteht schon im Ansatz keine Divergenz zu der Entscheidung des 2. Strafsenates, der eine Strafbarkeit wegen Untreue bei Bezahlung von gemäß § 134 BGB i.V.m. § 206 StGB nichtigen Forderungen bejaht hat21. In dieser Entscheidung ging es nur um die Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz (§ 134 BGB), hier hingegen um Unwirksamkeit wegen Sittenwidrigkeit. Beide Regelungen unterscheiden sich insofern, als der Normzweckvorbehalt des § 134 BGB sich auf ein konkretes Verbotsgesetz bezieht, auf dessen Auslegung es für die Ermittlung seines Sinns und Zwecks ankommt, während der Grund für die Nichtigkeit nach § 138 BGB im Verstoß gegen eine ungeschriebene „Sittennorm“ liegt, deren Zweck nicht in derselben Weise wie bei der Auslegung eines konkreten Verbotsgesetzes bestimmt werden kann22. Ein Gleichlauf der sich aus der Unwirksamkeit beider Vorschriften ergebenden Konsequenzen im strafrechtlichen Bereich ist daher nicht unabdingbar23.
Offen bleiben kann vor diesem Hintergrund, ob den für die Kaufpreisrückerstattungen ausgekehrten Geldern geldwerte Leistungen in Form von Marketingleistungen der russischen Importeure gegenüber standen.
Zahlung von Bestechungsgeldern als Untreuehandlung
Bezogen auf die Zahlungen zu Bestechungszwecken sind Vermögensnachteile gemäß § 266 Abs. 1 StGB entstanden.
Der Vermögensschaden ist insoweit bereits durch die Überweisung der entsprechenden Rechnungsbeträge auf die Konten der genannten Firmen eingetreten24.
Zwar stellt nicht jedes Unterhalten solcher schwarzen Kassen grundsätzlich eine Untreue i.S.d. § 266 StGB dar, sondern nur, wenn es bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu einem Vermögensnachteil der Treugeberin kommt25. Dies ist – wie bereits dargelegt – im Hinblick auf die Zahlungen zwecks Kaufpreisrückerstattung nicht der Fall. Eine vergleichbare Situation liegt aber bezüglich der auf die Konten der Gesellschaften überwiesenen Gelder für Bestechungszwecke nicht vor. Insbesondere standen die davon konkret zu bestreitenden Bestechungszahlungen im Zeitpunkt der Überweisung im Einzelnen noch gar nicht fest und waren zudem – zumindest teilweise, etwa was die für Ru. vorgesehenen Gelder angeht – nicht konkreten Geschäften zugeordnet, sondern dienten globaleren Zielen, beispielsweise der Bewerbung der B. Produkte oder der Beschleunigung behördlicher Verfahren, so dass vermögenswirksame Effekte damit nur möglicherweise und nicht exakt quantifizierbar verbunden waren. Schließlich erfolgten diese Zahlungen – nach den Feststellungen – aus dem Vermögen von B.
Bei pflichtwidriger Wegnahme, Entziehung, Vorenthaltung oder Verheimlichung von Vermögensteilen durch einen oder mehrere Mitarbeiter wird der Eintritt eines Vermögensschadens auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der oder die Täter beabsichtigen, die Mittel gegen die ausdrückliche Weisung des Treugebers so zu verwenden, dass diesem hierdurch „letztlich“ ein Vermögensvorteil entstehen könnte. Die Bestimmung über die Verwendung des eigenen Vermögens obliegt dem Vermögensinhaber, im Fall einer Kapitalgesellschaft deren zuständigen Organen26.
Dass die Einrichtung und Führung der verdeckten Kassen vorliegend mit Billigung des ressortzuständigen Mitglieds des Vorstands erfolgte, mithin des eigentlich für die Vermögensverwaltung des Treugebers zuständigen Organteils, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Würdigung der mit Billigung des Finanzvorstands veranlassten Vermögensverschiebungen als endgültiger Schaden beruht auf der konkreten Ausgestaltung der verdeckten Kasse, auf die die Treugeberin keinerlei Zugriffsmöglichkeiten mehr hatte.
So wurden die Geldmittel vorliegend auf ausländische Bankkonten von ausländischen Gesellschaften verschoben, die maßgeblich durch den Angeklagten P. beherrscht wurden. Mitunter wurden formelle Funktionen der Gesellschaften auch von als Strohmännern eingesetzten Dritten bekleidet.
Ein eigener zivilrechtlicher Auszahlungsanspruch der B. oder eines von ihr beherrschten Unternehmens gegen die kontoführenden Banken bestand damit nicht; die Treugeberin hätte allenfalls gegen ihre an den Vermögensverschiebungen beteiligten Mitarbeiter persönlich oder deren an der Einrichtung der schwarzen Kassen beteiligten Helfer, im Wesentlichen den Angeklagten P. , vorgehen können27.
Die Gelder waren mittels fingierter Geschäftsvorfälle aus dem Vermögensbestand der B. herausgelöst und in deren Buchhaltung nicht ordnungsgemäß erfasst worden. Ihr Verbleib und ihre Verwendung wurden von keiner Unternehmenseinheit der B. überwacht. Die Kontrolle über die Verwaltung lag vielmehr ausschließlich bei den Angeklagten persönlich. Im Zuge der späteren Verwendung der Gelder war weder ein Rückfluss in den Vermögensbestand des Unternehmens noch eine Entscheidung oder Kontrollmöglichkeit durch dessen Organe oder untergeordnete Einheiten vorgesehen. Über ihre weitere Verwendung entschied vielmehr die Angeklagte V. persönlich unter bewusstem Ausschluss der Kontrolle und Aufsicht durch die Gesellschaftsorgane.
Eine Sicherung gegen eigenmächtige Zugriffe der zur Unterhaltung der schwarzen Kassen eingesetzten Personen – des Angeklagten P. , Strohgeschäftsführern der Scheingesellschaften oder Finanzagenten, an welche die Gelder weiterverschoben wurden – bestand nach den Urteilsfeststellungen nicht, ebenso wenig bestanden Vorkehrungen für den Fall des unerwarteten Ausfalls zumindest einer dieser Personen oder der Angeklagten V. . Gleiches gilt für den Schutz vor Zugriffen von Gläubigern der OffshoreGesellschaften oder ihrer Anteilseigner. Im Übrigen hätte der Versuch einer gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Scheingesellschaften, den Angeklagten P. persönlich oder einen anderen am Betrieb der schwarzen Kasse Beteiligten zwangsläufig eine steuerstrafrechtliche Verfolgung nach sich gezogen.
Vor diesem Hintergrund vermag auch der Umstand, dass der Angeklagte P. , der die Konten im Wesentlichen verwaltete, nach den Feststellungen der Strafkammer vertrauenswürdig und zuverlässig war – wobei offen bleibt, ob die übrigen Verantwortlichen der B. überhaupt um die Einschaltung seiner Person wussten und/oder dies gegebenenfalls nur die Sichtweise der Angeklagten V. war – vorliegend zu keiner anderen Bewertung zu führen. Denn zum einen hatten auf die Konten der F. der Ro. („Fall 1“) und Ltd. („Fall 2“) nicht nur der Angeklagte P. sondern auch deren jeweilige Direktoren Zugriff, die der B. , weder vertraglich noch persönlich verbunden waren und von deren besonderer Loyalität und Zuverlässigkeit daher nicht auszugehen ist. Zum anderen wurden beträchtliche Summen der transferierten Gelder nicht nur zwischen den verfahrensgegenständlichen Gesellschaften verschoben, sondern auch an weitere OffshoreGesellschaften oder Finanzagenten weitergeleitet. Damit entfernten die Gelder sich nicht nur weiter von der B. und ihr Verbleib war letztlich kaum noch nachzuvollziehen, was den Zugriff weiter erschwerte, sondern der Kreis der Personen, die die Möglichkeit hatten, Zugriff auf die Gelder zu nehmen, vergrößerte sich ebenfalls, so dass nicht anzunehmen ist, sämtliche Beteiligte hätten sich den Interessen der B. besonders verpflichtet gefühlt. Schließlich bestehen nach den Urteilsfeststellungen auch begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit des Angeklagten P. . Einerseits überführte er nicht unbeträchtliche Teile der an die OffshoreGesellschaften überwiesenen Beträge in das eigene Vermögen, insbesondere 2, 9 Mio. EUR der an die Mi. Ltd. gezahlten Gelder. Andererseits kontrollierte der Angeklagte P. nicht nur die eingeschalteten OffshoreGesellschaften, sondern war zudem maßgeblich an einem mit B. in Geschäftsbeziehungen stehenden russischen Importeur beteiligt, was die Angeklagten wegen des damit verbundenen Interessenkonflikts gegenüber den Verantwortlichen von B. 58 nicht offenlegten.
Ob in anders gelagerten Konstellationen ein vertrauenswürdiger und zuverlässiger Kassenverwalter ausreichen könnte, um der Annahme eines Vermögensschadens durch die Einrichtung einer schwarzen Kasse auszuschließen28, kann der Bundesgerichtshof daher offen lassen.
Da somit vorliegend bereits die konkrete Ausgestaltung des SchwarzeKassenSystems einer jederzeitigen Zugriffsmöglichkeit der Treugeberin entgegenstand, vermag auch die Tatsache, dass mit R. ein Vorstandsmitglied Kenntnis davon hatte, dass Gelder unter Verschleierung ihres tatsächlichen Verwendungszwecks auf ausländische Konten transferiert worden sind, an der Schadensentstehung nichts zu ändern. Dagegen, dass dessen Kenntnis zu einer entsprechenden Zugriffsmöglichkeit der B. geführt hätte, spricht zudem, dass er selber in die pflichtwidrigen Handlungen maßgeblich verstrickt war und daher kein Interesse daran haben konnte, die von ihm gebilligten Geldtransaktionen gegenüber der B. offenzulegen.
Bei dieser Sachlage waren die ausgegliederten Vermögenswerte bereits zur Zeit ihrer Überführung in die schwarze Kasse nicht nur im Sinne einer Vermögensgefährdung in ihrem wirtschaftlichen Wert gemindert; sie waren vielmehr dem Zugriff der Treugeberin bereits endgültig entzogen29.
Die Absicht der Beteiligten, den nach Abzug der Kosten verbleibenden Teil der Gelder bei späterer Gelegenheit im Interesse der Treugeberin zu verwenden und ihr so mittelbar zu einem Vermögensvorteil zu verhelfen, ist für die Bewertung als Untreue ohne Belang. Das Erlangen von durch spätere Geschäfte letztlich erzielten Vermögensvorteilen durch die Treugeberin kann den bereits eingetretenen Schaden nicht mehr beseitigen, sondern allenfalls eine Schadenswiedergutmachung darstellen30.
Sofern in den Zahlungen an die einzelnen Gesellschaften auch Gelder für Kaufpreisrückerstattungen, die keinen Vermögensnachteil für die B. begründen, enthalten waren, betrifft dies nur den Schuldumfang. ern gar nicht zu einem Vermögensnachteil gekommen sein könnte. So diente die Ro. Ltd. ausschließlich und die F. zumindest „insbesondere“ der Abwicklung von Bestechungszahlungen. Aber auch die an die übrigen verfahrensgegenständlichen Gesellschaften überwiesenen Gelder waren neben Kaufpreisrückerstattungen („Kickbackzahlungen“) für Schmiergeldzahlungen vorgesehen.
Handlungseinheit und Beihilfe
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Frage der Handlungseinheit oder mehrheit nach dem individuellen Tatbeitrag eines jeden Beteiligten zu beurteilen. Fördert deshalb der Gehilfe durch ein und dasselbe Tun mehrere rechtlich selbständige Taten des Haupttäters, so ist nur eine Beihilfe im Rechtssinne gegeben31.
Die Feststellungen belegen nicht, dass die Angeklagte in jedem der Einzelfälle einen individuellen tatfördernden Beitrag erbracht hat. Das fördernde Verhalten der Angeklagten stellt sich vielmehr nur als eine einheitliche Tat dar. Die Angeklagte war im Vorfeld der Gründung der OffshoreGesellschaften beteiligt und förderte das Verschleierungssystem, indem sie die erforderlichen Scheinrechnungen erstellte und an der Verwaltung und Verwendung der auf die Konten der OffshoreGesellschaften überwiesenen Gelder in Absprache mit dem Angeklagten P. mitwirkte. Damit hat sie im Vorfeld und im Verlauf der einzelnen treuwidrig veranlassten Transaktionen fördernde Tatbeiträge erbracht, die nicht einzelnen Taten der übrigen Tatbeteiligten zugeordnet werden können, sondern sich im Aufbau und in der Aufrechterhaltung des verfahrensgegenständlichen Systems erschöpfen und damit für sie als – uneigentliches – Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat gemäß § 52 StGB zusammenzufassen sind.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. Oktober 2018 – 1 StR 234/17
- vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 27.08.2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 275 Rn. 27 ff.[↩]
- BGH, Urteil vom 27.08.2010 – 2 StR 111/09 aaO S. 278 Rn. 34 mwN; vgl. BGH, Urteil vom 29.08.2008 – 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 335 Rn. 40 mwN[↩]
- vgl. BGH aaO und Urteil vom 24.06.2010 – 3 StR 90/10, wistra 2010, 445, 447 Rn. 15[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 27.08.2010 – 2 StR 111/09 aaO mwN; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 266 Rn. 90 ff.[↩]
- vgl. BGH aaO Rn. 39; Brammsen/Apel, WM 2010, 781, 786 f.[↩]
- st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2014 – 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 109 f. Rn. 33; Beschlüsse vom 08.03.2017 – 1 StR 540/16, wistra 2017, 437, 438 Rn. 14; und vom 13.09.2010 – 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 304 Rn. 41 jew. mwN[↩]
- st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 10.07.2013 – 1 StR 532/12, NJW 2013, 3590, 3592 Rn. 40; und vom 02.12 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 314 f.; Beschlüsse vom 02.02.2010 – 4 StR 345/09, NStZ 2010, 502, 503; und vom 11.11.2004 – 5 StR 299/03, BGHSt 49, 317, 332 f.; hierzu auch Schünemann, NStZ 2006, 196, 200 ff.; Kraatz, ZStW 2010, 521, 531 ff.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 11.11.2004 – 5 StR 299/03 aaO[↩]
- st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11.12 2014 – 3 StR 265/14 aaO; Beschluss vom 13.09.2010 – 1 StR 220/09 aaO mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 27.02.1975 – 4 StR 571/74, NJW 1975, 1234, 1235; vgl. auch Cornelius, NZWiSt 2013, 166, 170[↩]
- st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 02.07.2014 – 5 StR 182/14, NStZ 2014, 517, 519; und vom 13.09.2010 – 1 StR 220/09 aaO Rn. 42 mwN; vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 01.11.2012 – 2 BvR 1235/11, NJW 2013, 365, 366; und vom 23.06.2010 – 2 BvR 2559/08, BVerfGE 126, 170, 212[↩]
- vgl. Schünemann, NStZ 2006, 196, 201; Kraatz, ZStW 2010, 521, 546[↩]
- vgl. Kraatz, ZStW 2010, 521, 547[↩]
- vgl. Schünemann, NStZ 2006, 196, 201; Kraatz, ZStW 2010, 521, 548[↩]
- vgl. Staudinger/Sack/Fischinger, BGB, Werkstand 2017, § 138 Rn. 740[↩]
- vgl. Graf/Jäger/Wittig/Waßmer, Wirtschaftsund Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 266 StGB Rn. 174a[↩]
- vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 01.11.2012 – 2 BvR 1235/11 aaO; und vom 23.06.2010 – 2 BvR 2559/08 aaO[↩]
- Taschke, FSLüderssen 2002, 663, 668 f.; Dierlamm, FSWidmaier 2008, 607, 609[↩]
- vgl. Staudinger/Sack/Fischinger, BGB, Werkstand 2017, § 138 Rn. 129 ff.[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 13.04.2011 – 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 211 Rn. 24 ff.; und vom 13.09.2010 – 1 StR 220/09 aaO S. 299 ff. Rn. 34 ff.; vgl. hierzu auch Schünemann, NStZ 2006, 196, 198 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 10.10.2012 – 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 403[↩]
- MünchKomm-BGB/Armbrüster, 7. Aufl., § 138 Rn. 4[↩]
- so im Hinblick auf § 134 BGB einerseits und § 125 Satz 2 BGB andererseits auch BGH, Beschluss vom 26.11.2015 – 3 StR 17/15, WM 2016, 926, 937 f. Rn. 99[↩]
- vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 27.08.2010 – 2 StR 111/09 aaO S. 282 ff. Rn. 40 ff.; vgl. zur Kritik an der genannten Entscheidung etwa Graf/Jäger/Wittig/Waßmer, Wirtschaftsund Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 266 StGB Rn.200 ff. mwN[↩]
- vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 06.09.2016 – 1 StR 104/15, WM 2017, 32, 35 f. Rn. 36 mwN[↩]
- BGH, Urteile vom 27.08.2010 – 2 StR 111/09 aaO S. 282 Rn. 41; und vom 29.08.2008 – 2 StR 587/07 aaO S. 337 Rn. 43 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 27.08.2010 – 2 StR 111/09 aaO S. 283 f. Rn. 43[↩]
- so etwa LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 266 Rn. 180[↩]
- BGH, Urteil vom 27.08.2010 – 2 StR 111/09 aaO S. 284 Rn. 44[↩]
- vgl. BGH aaO S. 284 Rn. 45 und Urteil vom 29.08.2008 – 2 StR 587/07 aaO S. 336 Rn. 43 ff.[↩]
- vgl. nur BGH, Urteil vom 28.10.2004 – 4 StR 59/04, BGHSt 49, 306, 316; Beschluss vom 13.03.2013 – 2 StR 586/12, NJW 2013, 2211, 2212[↩]
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