Unerlaubte Preisabsprachen – und die bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit des Unternehmensübernehmers

Die bußgeldrechtlichen Verantwortlichkeit erstreckt sich in Kartellordnungswidrigkeitsverfahren auf Unternehmensübernehmer, wenn sich das Vermögen des ursprünglich betroffenen Unternehmens im Wesentlichen ungeschmälert im Vermögen der aufnehmenden Gesellschaft und faktisch getrennt von deren übrigem Vermögen weitergeführt wird.

Unerlaubte Preisabsprachen – und die bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit des Unternehmensübernehmers

Dies ist etwa der Fall, wenn das Geschäft aus derselben Betriebsstätte unter Fortbestand der Leitung mit unveränderter Belegschaft und damit räumlich, organisatorisch und personell getrennt vom eigenen angestammten Geschäftsbereich weitergeführt wird und mit dem unverändert fortgeführten Vertrieb durch das übernehmende Unternehmen einen Gutteil (hier: mehr als die Hälfte) ihrer Umsätze sowie einen erheblichen Anteil zum Gewinn des Unternehmens beiträgt. Im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall machte das haftende Vermögen macht einen wesentlichen Teil des Vermögens der Übernehmerin aus, was die Annahme einer wirtschaftlichen Nahezu-Identität mit dem übernommenen Unternehmen rechtfertigt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs1 erfordert das hierfür maßgebliche Kriterium, dass das in einer anderen Organisation weiterhin vom Vermögen des gemäß § 30 OWiG Verantwortlichen getrennte, in gleicher oder ähnlicher Weise wie bisher eingesetzte Vermögen in der neuen juristischen Person einen wesentlichen Teil des Gesamtvermögens ausmacht, nicht in jedem Fall, dass das übrige Vermögen der neuen juristischen Person demgegenüber vollständig oder nahezu vollständig in den Hintergrund tritt.

Diese Voraussetzung war auch in dem der Entscheidung vom 11.03.1986 zugrunde liegenden Fall nicht gegeben, in dem der Bundesgerichtshof vielmehr hat genügen lassen, dass das Vermögen der durch Umwandlung in der T Bauaktiengesellschaft aufgegangenen B und K AG für die T und deren überregionale Betätigung auf den Gebieten des Bauwesens von wesentlicher Bedeutung war. Da die Bejahung der Nahezu-Identität das Ergebnis einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist2, genügt es vielmehr, wenn das übernommene Vermögen eine wirtschaftlich selbständige, die neue juristische Person prägende Stellung behalten hat, demgegenüber der neue Rechtsträger – insofern einem Wechsel der Rechtsform ähnlich – lediglich einen neuen rechtlichen und wirtschaftlichen Mantel bildet.

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Dem stehen auch nicht die beiden jüngeren Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 10.08.20113 entgegen. Beide Entscheidungen, die an die vorhergehende Rechtsprechung anknüpfen und sie ausdrücklich inhaltlich bestätigen, haben anders gelagerte Sachverhaltsgestaltungen zum Gegenstand. Während die Entscheidung KRB 55/10 eine Fallgestaltung betraf, bei der die Vermögensmassen des aufnehmenden und des auf dieses verschmolzenen Unternehmens nicht weiterhin faktisch getrennt waren, sondern auch operativ zusammengeführt wurden, lag der Entscheidung KRB 2/10 eine Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft zu Grunde, die stattfand, nachdem die Tochtergesellschaft zuvor die Betriebsmittel und das verbliebene operative Geschäft auf eine Schwestergesellschaft übertragen hatte. In beiden Fällen machte das bisher eingesetzte Vermögen in der neuen juristischen Person keinen wesentlichen Teil des Gesamtvermögens aus, in dem einen Fall, weil es weder seine wirtschaftlich selbständige Stellung behalten hatte noch das übrige Vermögen der neuen juristischen Person deutlich überwog, in dem anderen Fall, weil es gar nicht auf den Rechtsnachfolger übergegangen war.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. Januar 2015 – KRB 39/14

  1. grundlegend BGH, Beschluss vom 11.03.1986 – KRB 8/85, WuW/E BGH 2265 = wistra 1986, 221[]
  2. BGH aaO[]
  3. BGH, Beschlüsse vom 10.08.2011 – KRB 55/10, BGHSt 57, 193 – Versicherungsfusion; und – KRB 2/10, wistra 2012, 152[]