13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. In diese grundrechtlich geschützte persönliche Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein1. Notwendiger, aber auch in Anbetracht der Eingriffsintensität einer Wohnungsdurchsuchung hinreichender Anlass für eine Durchsuchung ist der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde. Das Gewicht des Eingriffs verlangt auf konkreten Tatsachen beruhende Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen2. Eine Durchsuchung darf somit nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Anfangsverdachts erst erforderlich sind3.

Eine ins Einzelne gehende Nachprüfung des von den Fachgerichten angenommenen Verdachts ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts. Sein Eingreifen ist nur geboten, wenn die Auslegung und Anwendung der einfachrechtlichen Bestimmungen über die prozessualen Voraussetzungen des Verdachts (§ 152 Abs. 2, § 160 Abs. 1 StPO) als Anlass für die strafprozessuale Zwangsmaßnahme und die strafrechtliche Bewertung der Verdachtsgründe objektiv willkürlich sind oder Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Grundrechte des Beschwerdeführers beruhen4.
Eine Wohnungsdurchsuchung wegen des Verdachts der Geldwäsche setzt nicht nur voraus, dass ein Anfangsverdacht für die Geldwäschehandlung, sondern gemäß der damals geltenden Fassung des Gesetzes auch für das Herrühren des Vermögensgegenstands aus einer bestimmten Katalogtat im Sinne des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB a.F. vorliegt. Dass eine Vortat aus dem Katalog des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB a.F. begangen wurde, war ein wesentliches Merkmal der Strafbarkeit der Geldwäsche5. Nicht ausreichend für die Annahme eines Anfangsverdachts ist es demnach, wenn keine über bloße Vermutungen hinausgehenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Vortat bestehen. Auch Anhaltspunkte für die Annahme, das betroffene Geld oder der betroffene Vermögensgegenstand rührte aus irgendeiner Straftat her, genügen nicht, um Strafverfolgungsmaßnahmen auszulösen. Insofern ist die mögliche Katalogtat zu konkretisieren, auch wenn nicht erforderlich ist, dass die Geldwäschevortat bereits in ihren Einzelheiten bekannt ist. Das Stadium des Anfangsverdachts zeichnet sich gerade dadurch aus, dass weitere Ermittlungen gegebenenfalls in Form von strafprozessualen Zwangsmaßnahmen nötig sind, weil die Tat in ihren Einzelheiten noch nicht aufgeklärt ist6.
Dem Gewicht des Eingriffs und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre entsprechend behält Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vor. Der gerichtliche Durchsuchungsbeschluss dient dazu, die Durchführung der Maßnahme messbar und kontrollierbar zu gestalten7. Dazu muss der Beschluss den Tatvorwurf und die gesuchten Beweismittel so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Der Richter muss die aufzuklärende Straftat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie dies nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist. Der Betroffene wird auf diese Weise zugleich in den Stand versetzt, die Durchsuchung zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen von vornherein entgegenzutreten8. In dem Beschluss muss zum Ausdruck kommen, dass der Ermittlungsrichter die Eingriffsvoraussetzungen selbstständig und eigenverantwortlich geprüft hat9. Dazu ist zu verlangen, dass ein dem Beschuldigten angelastetes Verhalten geschildert wird, das den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt. Die wesentlichen Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes, die die Strafbarkeit des zu subsumierenden Verhaltens kennzeichnen, müssen benannt werden10.
Mängel bei der ermittlungsrichterlich zu verantwortenden Umschreibung des Tatvorwurfs und der zu suchenden Beweismittel können im Beschwerdeverfahren nicht geheilt werden. Die Funktion des Richtervorbehalts, eine vorbeugende Kontrolle der Durchsuchung durch eine unabhängige und neutrale Instanz zu gewährleisten, würde andernfalls unterlaufen11. Defizite in der Begründung des zugrundeliegenden Tatverdachts und der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme können hingegen im Beschwerdeverfahren nachgebessert werden12.
Im vorliegenden Fall bedeutet dies: Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts Hagen13 sind mit den aufgeführten verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht vereinbar:
Soweit die Fachgerichte den Durchsuchungsbeschluss auf den Tatverdacht einer Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 StGB a.F. gestützt haben, reichen die zugrundeliegenden tatsächlichen Anhaltspunkte nicht über vage Anknüpfungen und bloße Vermutungen hinaus.
Der Beschluss des Amtsgerichts enthält kaum aussagekräftige Ausführungen zur Herkunft der verschleierten Vermögenswerte, was auch das Landgericht in der Beschwerdeentscheidung erkannt hat. Der Durchsuchungsbeschluss deutet lediglich an, dass der Verdacht einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO bestehen konnte. Nähere Anhaltspunkte zu den betroffenen Steuerarten, dem Veranlagungszeitraum und den pflichtwidrig unterlassenen oder falsch abgegebenen Steuererklärungen oder Voranmeldungen hat das Amtsgericht nicht geschildert. Die Ausführungen des Amtsgerichts waren daher für die Verdachtsannahme einer Steuerhinterziehung als Geldwäschevortat (vgl. § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe b StGB a.F.) nicht tragfähig14.
Soweit das Landgericht zum Verdacht einer Geldwäschevortat ergänzend ausgeführt und unter anderem auf „Gewaltkriminalität“ verwiesen hat, handelt es sich dabei ebenfalls um eine nicht hinreichend konkretisierte Verdachtsannahme. Welche vom Katalog des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB a.F. erfassten Straftatbestände mit diesem Begriff gemeint sein sollen, bleibt völlig offen.
Zureichende Anhaltspunkte für die Verdachtsannahme eines Handeltreibens mit Betäubungsmitteln als Geldwäschevortat gemäß § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB a.F. in Verbindung mit § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG sind nicht ersichtlich. Den polizeilichen Ermittlungen zum Hintergrund des Beschwerdeführers ist lediglich zu entnehmen, dass gegen diesen zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln geführt wurden. Die Ermittlungsakte teilt jedoch nicht mit, welche Anhaltspunkte dafür ausschlaggebend waren, dass die Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden. Den pauschalen Angaben kann nicht entnommen werden, ob die vermuteten Betäubungsmitteldelikte überhaupt im Zusammenhang mit den hier interessierenden, nicht nachvollziehbaren Transaktionen um die A. UG und die B. UG standen. Ob die erwähnten Ermittlungsverfahren bereits abgeschlossen oder zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung des Durchsuchungsbeschlusses noch angedauert haben, bleibt ebenfalls im Dunkeln. Die Annahme, dass der Beschwerdeführer sich an etwaigen Betäubungsmitteldelikten beteiligt und die Erlöse aus diesen Taten dem Vermögen der A. UG und der B. UG zugeführt haben soll, erschöpft sich insofern in einer nicht näher begründeten Vermutung. Ob die Fachgerichte – etwa durch entsprechende Nachfrage bei den Ermittlungsbehörden – konkretere Erkenntnisse hätten erlangen können, spielt dabei keine Rolle. Denn maßgeblich für die verfassungsgerichtliche Prüfung sind allein die objektiv dokumentierten Erkenntnisse in der Ermittlungsakte. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer öffentlich als führendes Mitglied eines Familienclans auftritt – nicht zuletzt ersichtlich an der Nutzung eines Aliasnamens, der die Familienzugehörigkeit eindeutig klarstellen soll – und sich offenbar mit den kriminellen Tätigkeiten des Clans identifiziert, kann für sich genommen eine Verdachtsannahme nicht tragfähig begründen.
Die Durchsuchungsanordnung wird auch den Anforderungen an die Begrenzungsfunktion nicht gerecht.
Im Hinblick auf den Tatvorwurf der Geldwäsche beschreibt der Beschluss im Kern den Vorwurf, dass der Beschwerdeführer Vermögenswerte in die bezeichneten Unternehmen eingebracht und verschleiert haben soll, die ihrerseits aus mutmaßlich kriminellen Handlungen herrühren. Als Vortat wird lediglich eine etwaige Steuerhinterziehung angedeutet. Die vom Landgericht erwähnte „Gewaltkriminalität“ und das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln findet in dem amtsgerichtlichen Beschluss keine Erwähnung. Für die Mess- und Kontrollierbarkeit der Vollziehung der Durchsuchung macht es dabei einen entscheidenden Unterschied, worauf sich der Verdacht des Herrührens der verschleierten Vermögenswerte konkret bezieht. Die Angabe der Geldwäschevortat wäre insofern für die mit dem Vollzug der Durchsuchungsanordnung betrauten Beamten ein wesentlicher Anhaltspunkt gewesen, nach welchen konkreten Beweismitteln zu suchen ist. Ohne eine nähere Angabe und Eingrenzung der in Betracht kommenden Geldwäschevortaten bestand die Gefahr einer uferlosen Ausforschung des Beschwerdeführers.
Im Hinblick auf den Tatverdacht einer mittelbaren Falschbeurkundung und einer Urkundenfälschung hat das Amtsgericht zwar ein Verhalten erwähnt, welches die Verwirklichung der benannten Straftatbestände andeutet. Eine solch pauschale und vage Darstellung des Tatvorwurfs genügt den verfassungsrechtlich gebotenen Anforderungen an die Begrenzung einer Durchsuchungsanordnung jedoch nicht. So enthält der Beschluss keine Umschreibung wesentlicher tatbestandlicher Voraussetzungen der erwähnten Straftatbestände. In Bezug auf den Tatverdacht einer Urkundenfälschung fehlt es an einer für den Tatbestand des § 267 Abs. 1 StGB geforderten Schilderung, welches konkrete Dokument im vorliegenden Fall unecht oder verfälscht gewesen und worin die konkrete Tathandlung des Beschwerdeführers zu sehen sein soll. Der im Raum stehende Verdacht, dass falsche Ausweisdokumente verwendet worden sein sollen, findet im amtsgerichtlichen Beschluss keine Erwähnung. Was den Tatvorwurf einer mittelbaren Falschbeurkundung gemäß § 271 Abs. 1 StGB betrifft, enthält der amtsgerichtliche Beschluss keinerlei Ausführungen dazu, welche Urkunde, welches Buch oder welches Register betroffen gewesen ist und welche konkrete Tathandlung des Beschwerdeführers die falsche Beurkundung bewirkt haben soll. Die aufgeführten Mängel führen dazu, dass die Durchsuchungsanordnung insoweit nicht mehr mess- und kontrollierbar ist.
Der auf Feststellung gerichtete Antrag, dass hinsichtlich aller aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses beschlagnahmten Gegenstände ein umfassendes Beweisverwertungsverbot besteht, ist unzulässig, sodass die Verfassungsbeschwerde insoweit nicht zur Entscheidung angenommen wird. Der Beschwerdeführer hat sich nicht hinreichend dazu verhalten, ob eine Verwertung der erhobenen Beweise droht, warum ihn dies bereits jetzt beschweren könnte und ihm ein Vorgehen gegen ein gegebenenfalls ergehendes Strafurteil unzumutbar wäre15. Soweit der Beschwerdeführer ferner beantragt, dass ihm die aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses sichergestellten Gegenstände herauszugeben sind, ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls unzulässig. Ungeachtet der Frage, ob es sich bei der Beschlagnahmeanordnung des Amtsgerichts überhaupt um eine förmliche Beschlagnahme gehandelt hat, hat der Beschwerdeführer sich nicht dazu verhalten, ob der fachgerichtliche Rechtsweg über § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO erfolglos ausgeschöpft wurde.
Es war dahe rfestzustellen, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts Hagen und des Landgerichts Hagen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG verletzen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Der Beschluss des Landgerichts Hagen war aufzuheben und die Sache lediglich noch wegen der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Landgericht Hagen zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG). Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen, das angesichts der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Durchsuchungsanordnung nur noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hat. Von einer Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses war abzusehen, da dessen Wirkungen mit Vollzug der Durchsuchung entfallen sind16.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19. April 2023 – 2 BvR 2180/20
- vgl. BVerfGE 42, 212 <219> 96, 27 <40> 103, 142 <150 f.>[↩]
- vgl. BVerfGE 44, 353 <371 f.> 115, 166 <197 f.> BVerfGK 2, 290 <295> 5, 84 <88>[↩]
- vgl. BVerfGK 8, 332 <336> 11, 88 <92>[↩]
- vgl. BVerfGE 18, 85 <92 ff.> 95, 96 <128> 115, 166 <199> BVerfGK 5, 25 <30 f.>[↩]
- vgl. BVerfGK 8, 349 <353>[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.01.2020 – 2 BvR 2992/14, Rn. 40 ff.; Beschluss vom 07.05.2020 – 2 BvQ 26/20, Rn. 32; Beschluss vom 03.03.2021 – 2 BvR 1746/18, Rn. 56 ff.[↩]
- vgl. BVerfGE 20, 162 <224> 42, 212 <220> 96, 44 <51 f.> 103, 142 <151>[↩]
- vgl. BVerfGE 20, 162 <224> 42, 212 <220 f.> 96, 44 <51 f.> 103, 142 <151 f.>[↩]
- vgl. BVerfGE 103, 142 <151 f.>[↩]
- vgl. BVerfGK 8, 349 <353> 9, 149 <153> 18, 414 <418> 19, 148 <153>[↩]
- vgl. BVerfGK 5, 84 <88> BVerfG, Beschluss vom 20.04.2004 – 2 BvR 2043/03, 2 BvR 2104/03 4; Beschluss vom 19.06.2018 – 2 BvR 1260/16 29[↩]
- vgl. BVerfGE 115, 166 <197> BVerfG, Beschluss vom 20.04.2004 – 2 BvR 2043/03, 2 BvR 2104/03 5[↩]
- AG Hagen, Beschluss vom 06.08.2020 – 66 Gs 1232/20 (600 Js 701/19); LG Hagen, Beschluss vom 04.11.2020 – 41 Qs 32/20[↩]
- vgl. BVerfGK 8, 349 <354> BVerfG, Beschluss vom 20.04.2004 – 2 BvR 2043/03, 2 BvR 2104/03 6; Beschluss vom 04.04.2017 – 2 BvR 2551/12, Rn. 22 ff.[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.07.2004 – 2 BvQ 36/04, Rn. 4 f.[↩]
- vgl. BVerfGE 42, 212 <222> 44, 353 <383>[↩]