Das „Glasverbot“ an Karneval 2010 in der Kölner Innenstadt war rechtswidrig, entschied jetzt das Verwaltungsgericht Köln und gab damit den Klagen eines Anwohners aus dem Zülpicher Viertel und eines Kölner Kiosk-Betreibers statt.

Die Stadt Köln hatte im Januar 2010 mit einer Allgemeinverfügung für bestimmte Zeiten an den Karnevalstagen in der Altstadt, im Zülpicher Viertel und im Bereich der Ringe ein allgemeines Verbot des „Mitführens und Benutzens von Glasbehältnissen“ ausgesprochen und mit individuellen Ordnungsverfügungen Kiosk-Besitzern verboten, zu bestimmten Zeiten während des Karnevals Getränke in Glasbehältnissen zu verkaufen.
Die Verfügungen seien rechtswidrig gewesen, entschied das Gericht. Es wies darauf hin, dass das allgemeine Recht der Gefahrenabwehr rein vorsorgende Maßnahmen, wie ein vorbeugendes Verbot, grundsätzlich nicht zulasse. Allein das verbotene Mitführen und Benutzen von Gläsern und Glasflaschen stelle noch keine „Gefahr“ im Rechtssinne dar. So sei die Benutzung von Glasbehältern an sich nicht gefährlich. Eine Gefahr entstehe erst dadurch, dass ordnungswidriges oder strafbares Verhalten, etwa die rechtswidrige Beseitigung von Gläsern und Flaschen oder Sachbeschädigungs- bzw. Köperverletzungsdelikte, hinzukämen. Das Verbot habe zudem auch eine Vielzahl von Personen betroffen, von denen anzunehmen gewesen sei, dass sie sich ordnungsgemäß verhielten.
Das Verwaltungsgericht hatte in mehreren Eilverfahren bereits im Februar 2010 die sofortige Vollziehung der Verfügungen ausgesetzt [1]. Auf die Beschwerden der Stadt Köln entschied das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster dann jedoch zwei Tage vor Karnevalsbeginn anders [2]. Das OVG ließ dabei die Rechtsfragen weitgehend offen und gelangte im Rahmen einer allgemeinen Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das von der Stadt Köln ausgearbeitete Konzept nicht von vornherein zur Bekämpfung der von Glasbruch beim Karneval ausgehenden Gefahren ungeeignet sei und deshalb dem „Glasverbot“ zunächst Folge zu leisten sei.
Die Klageverfahren wurden dann fortgeführt mit dem Ziel, die Rechtsverhältnisse für die Zukunft zu klären – und das Verwaltungsgericht blieb nun seiner ursprünglichen Linie treu. Ob seine beiden Urteil freilich in der Berufungsinstanz vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster Bestand haben werden, bleibt abzuwarten.
Verwaltungsgericht Köln, Urteile vom 16. September 2010 – 20 K 441/10 und 20 K 525/10
- VG Köln, Beschluss vom 03.02.2010 – 20 L 88/10; Beschlüsse vom 04.02.2010 – 20 L 109/10, 20 L 113/10, 20 L 114/10 und 20 L 115/10[↩]
- OVG NRW, Beschlüsse vom 10.02.2010 – 5 B 119/10, 5 B 147, 148, 149 und 150/10[↩]