Abschiebung aus dem grenznahen Raum

Gemäß § 71 Abs. 3 Nr. 1a und b AufenthG in der Fassung vom 22.11.2011 ist die Bundespolizei für Abschiebungen zuständig, sofern der unerlaubt eingereiste Ausländer im grenznahen Raum (innerhalb von 30 km Entfernung von der Grenze) aufgegriffen wird; eines unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs mit der unerlaubten Einreise bedarf es nicht mehr1.

Abschiebung aus dem grenznahen Raum

Allerdings hat der Bundesgerichtshof für die Zuständigkeitsvorschrift des § 71 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG in der bis zum 25.11.2011 geltenden Fassung angenommen, dass eine die Zuständigkeit der Bundespolizei begründende Grenzmaßnahme nur vorlag, wenn ein Ausländer in grenznahem Gebiet in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit seiner unerlaubten Einreise angetroffen wurde2. Dies ist jedoch seit der Neufassung des § 71 Abs. 3 AufenthG vom 22.11.2011 überholt, die mit Wirkung zum 26.11.2011 in Kraft getreten ist3.

Gemäß § 71 Abs. 3 Nr. 1a AufenthG ist die Bundespolizei seither für Abschiebungen an der Grenze zuständig, sofern der Ausländer „bei oder nach“ der unerlaubten Einreise über eine Binnengrenze aufgegriffen wird. Dass das Erfordernis eines unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs mit der unerlaubten Einreise nicht mehr besteht, bestätigt zudem die Regelung des § 71 Abs. 3 Nr. 1b AufenthG, wonach es sogar ausreicht, wenn sich der unerlaubt eingereiste Ausländer fortbewegt und in einem anderen Grenzraum aufgegriffen wird4. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ergibt sich nichts anderes aus der Gesetzesbegründung. Zwar ist dort ausgeführt, dass die Zuständigkeit der Bundespolizei unverändert bleiben sollte5; der Gesetzgeber hat die Änderung aber offenbar als Klarstellung verstanden.

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Danach reichte es für die Begründung der Zuständigkeit aus, dass der Betroffene unerlaubt eingereist war und im grenznahen Raum aufgegriffen wurde (also innerhalb von 30 km Entfernung von der Grenze)6. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war die Bundespolizei auch für die Beantragung der Haft (weiter) zuständig. Dies ergibt sich aus § 71 Abs. 3 Nr. 1e AufenthG. Dass zwischen dem Aufgreifen und dem Haftantrag mehrere Tage lagen, ändert nichts daran, dass eine Abschiebung an der Grenze erfolgte; der Betroffene war bereits zuvor auf Antrag der Bundespolizei inhaftiert worden.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. Oktober 2014 – V ZB 127/13

  1. Abgrenzung zu dem BGH, Beschluss vom 28.04.2011 – – V ZB 239/10, FGPrax 2011, 200[]
  2. BGH, Beschluss vom 28.04.2011 – V ZB 239/10, FGPrax 2011, 200[]
  3. BGBl. I 2258[]
  4. vgl. GK-AufenthG/Gutmann [2012] § 71 Rn. 137[]
  5. BT-Drs. 17/5470, S. 25 f.[]
  6. vgl. BGH, Beschluss vom 28.04.2011 – V ZB 239/10, FGPrax 2011, 200 Rn. 7[]