Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Unterbringung von Abschiebungshäftlingen in einer Justizvollzugsanstalt nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG in Deutschland unzulässig.

Die in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 dieser Richtlinie enthaltene Ausnahme ist nicht einschlägig, weil in mehreren deutschen Bundesländern spezielle Hafteinrichtungen für Abschiebungshäftlinge vorhanden sind [1].
Im Hinblick auf das Gebot einer möglichst wirksamen Anwendung des Rechts der Europäischen Union muss der Haftrichter die Anordnung von Sicherungshaft ablehnen, wenn absehbar ist, dass der Betroffene rechtswidrig untergebracht werden wird [2].
So lag es auch in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall: Im Zeitpunkt des Erlasses des erst- und des zweitinstanzlichen Beschlusses war die Betroffene aufgrund der zuvor angeordneten Sicherungshaft in der Justizvollzugsanstalt Nürnberg zusammen mit Strafgefangenen untergebracht. Sowohl dem Amtsgericht als auch dem Landgericht musste bekannt sein, dass es seinerzeit im Freistaat Bayern keine gesonderte Einrichtung für Abschiebungshäftlinge gab. Aus diesem Grund hätte die Haft nur verlängert werden dürfen, wenn sichergestellt war, dass die Haft in einer speziellen Hafteinrichtung außerhalb Bayerns vollzogen werden würde.
Die Einwilligung der Betroffenen in die gemeinsame Unterbringung mit Strafgefangenen war unerheblich. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs in dieser Sache entschieden, dass Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12 2008 dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedsstaat auch dann nicht erlaubt, einen Drittstaatsangehörigen für die Zwecke der Abschiebung in einer gewöhnlichen Haftanstalt gemeinsam mit gewöhnlichen Strafgefangenen unterzubringen, wenn der Drittstaatsangehörige in diese Unterbringung einwilligt [3].
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. September 2014 – V ZB 144/12
- vgl. EuGH, Urteil vom 17.07.2014 – C‑473/13 und C‑514/13, InfAuslR 2014, 347[↩]
- BGH, Vorlagebeschluss vom 11.07.2013 – V ZB 40/11, NVwZ 2014, 166 Rn. 11 und 20[↩]
- EuGH, Urteil vom 17.07.2014 – C‑474/13, InfAuslR 2014, 348[↩]