Der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 AufenthG, dass sich der Ausländer in sonstiger Weise der Abschiebung entzogen hat, setzt ein Verhalten des Betroffenen voraus, mit dem er eine konkrete, auf seine Abschiebung gerichtete Maßnahme der Behörde vereitelt hat1.
Hiervon kann nicht schon deshalb ausgegangen werden, weil der Betroffene am vorgesehenen Abschiebungstag nicht in der Unterkunft angetroffen wurde, wenn die an diesem Tag geplante Abschiebung dem Betroffenen nicht angekündigt worden war.
Ob – wie das Beschwerdegericht annimmt – der Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG erfüllt ist, konnte für den Bundesgerichtshof dagegen dahinstehen. Denn das Beschwerdegericht durfte seine Entscheidung nicht auf einen neuen Haftgrund stützen, ohne den Betroffenen hierzu persönlich anzuhören2; nachdem die angeordnete Haftzeit im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung bereits abgelaufen war, schied eine solche Anhörung ohnehin aus.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. Juni 2018 – V ZB 129/17
- BGH, Beschluss vom 22.06.2017 – V ZB 21/17, FGPrax 2017, 231 Rn. 6[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 22.06.2017 – V ZB 21/17, FGPrax 2017, 231 Rn. 8; Beschluss vom 16.02.2017 – V ZB 10/16 9; Beschluss vom 07.07.2016 – V ZB 21/16, FGPrax 2016, 278 Rn. 6; vgl. dagegen für die Änderung eines Anhaltspunkts für eine Fluchtgefahr nach § 2 Abs. 14 AufenthG: BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – V ZB 53/17, FGPrax 2018, 135 Rn. 7[↩]