Abschiebungshaft – und die Begründung des Haftantrags

Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht.

Abschiebungshaft – und die Begründung des Haftantrags

Erforderlich sind Darlegungen

  • zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht,
  • zu den Abschiebungsvoraussetzungen,
  • zu der Erforderlichkeit der Haft,
  • zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und
  • zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG).

Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden1.

Diesen Anforderungen wurde der Haftantrag im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nicht gerecht: In dem Haftantrag wird die beantragte Haftdauer von drei Monaten lediglich damit begründet, dass für die aufgrund der Vorstrafen des Betroffenen erforderliche sicherheitsbegleitete Rückführung nach Auskunft der PISchub eine Vorlaufzeit von zehn bis zwölf Wochen benötigt werde. Dies genügt nicht den Begründungsanforderungen. Es lässt sich nicht nachvollziehen, warum für die Organisation eines begleiteten Fluges nach Pakistan ein Zeitraum dieser Länge benötigt wird. Zwar ist eine nähere Erläuterung des für die Buchung eines Fluges mit Sicherheitsbegleitung erforderlichen Zeitaufwandes in aller Regel dann nicht geboten, wenn sich die Behörde auf eine Auskunft der zuständigen Stelle beruft, wonach dieser Zeitraum bis zu sechs Wochen beträgt. Ist ein längerer Zeitraum für die Organisation der Rückführung des Betroffenen erforderlich, bedarf es aber einer auf den konkreten Fall bezogenen Begründung, die dies nachvollziehbar erklärt2. An einer solchen Begründung fehlt es hier. Im Hinblick darauf, dass die Haft auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist (§ 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), sind die Ausführungen im Haftantrag insoweit unzureichend.

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Der Mangel des Haftantrages ist im vorliegenden Fall im weiteren Verfahrenslauf auch nicht geheilt worden:

Mängel des Haftantrages können mit Wirkung für die Zukunft3 behoben werden, indem die Behörde von sich aus oder auf richterlichen Hinweis ihre Darlegungen ergänzt und dadurch die Lücken in ihrem Haftantrag schließt oder indem der Haftrichter selbst die Voraussetzungen zur Durchführbarkeit der Aboder Zurückschiebung des Ausländers und zu der dafür erforderlichen Haftdauer in seiner Entscheidung feststellt. Zwingende weitere Voraussetzung für eine Heilung ist, dass der Betroffene zu den ergänzenden Angaben persönlich angehört wird4.

Die Behörde hat die unzureichenden Angaben in dem Haftantrag nicht nachträglich ergänzt. Eine Heilung ist auch nicht dadurch eingetreten, dass das Beschwerdegericht in seinem Beschluss darauf hinweist, dass auch die ursprünglich für den 6.02.2018 geplante Luftabschiebung mit einer vergleichbaren Vorlaufzeit eingeleitet worden sei. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Ausführungen geeignet sind, die Mängel des Haftantrags zu beheben. Denn mangels Anhörung des Betroffenen konnte hierdurch keine Heilung erfolgen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. Mai 2019 – V ZB 49/18

  1. st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 20.09.2017 – V ZB 74/17 6 mwN[]
  2. etwa Art des Fluges, Buchungslage der in Betracht kommenden Fluggesellschaften, Anzahl der Begleitpersonen, Personalsituation; vgl. zum Ganzen BGH, Beschluss vom 20.09.2018 – V ZB 4/17, InfAuslR 2019, 23 Rn. 11[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 22.11.2018 – V ZB 54/18, Rn. 11 mwN[]
  4. st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 20.09.2018 – V ZB 4/17, InfAuslR 2019, 23 Rn. 14 mwN[]
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