Es besteht ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte bei einer türkischen Staatsangehörigen, die in der Vergangenheit Kontakt zur TKP/ML-TIKKO durch die Beziehung zu einem Mann hatte; dagegen hat der Sohn, dem jegliche Verbindung zum Vater als auch zur politischen Gruppierung fehlt, keinen Anspruch auf eine asylrechtliche Anerkennung.

Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG setzt die gegenwärtig drohende, gezielte Beeinträchtigung absoluter Rechtsgüter – Leib, Leben oder persönliche Freiheit – voraus, durch die der Betroffene in eine ausweglose Lage gebracht wird1. Erforderlich ist demnach ein Vorgehen, das im weitesten Sinne dem Machterwerb oder Machterhalt bzw. der Entscheidungsfindung oder Entscheidungsdurchsetzung in einem Gemeinwesen dienen soll und das bei dem Zufluchtsuchenden aufgrund seiner Rasse, Ethnie, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Überzeugung zu einer Gefährdung für Leib und Leben oder einer Beschränkung der persönlichen Freiheit führt.
Eine Verfolgung gilt dann als politische, wenn sie dem einzelnen in Anknüpfung an bestimmte asylerhebliche Merkmale – nämlich seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbarer Merkmale, die sein Anderssein prägen – gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen2. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat eine Verfolgung nur dann politischen Charakter, wenn sie im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um die Gestaltung und Eigenart der allgemeinen Ordnung des Zusammenlebens von Menschen und Menschengruppen einen öffentlichen Bezug hat und von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht ausgeht, der der Verletzte unterworfen ist. Politische Verfolgung ist deshalb grundsätzlich staatliche Verfolgung. Ob eine Rechtsverletzung dem Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen soll, ist nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgten dabei leiten, sondern nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen3.
Die politische Verfolgung muss darüber hinaus gegenwärtig drohen. Den asylrechtlichen Schutz des Art. 16a Abs. 1 GG genießt jeder, der bei Rückkehr in das Herkunftsland aus politischen Gründen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt wäre. Anspruchsvoraussetzung ist, dass dem Asylsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren4. Die Anerkennung als politisch Verfolgter setzt jedoch eine gegenwärtige Verfolgungsbetroffenheit voraus5. Entsprechend den allgemeinen Regeln für Verpflichtungsklagen ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob dem Asylsuchenden asylerhebliche politische Maßnahmen drohen, der Zeitpunkt, von dem aus die letzte gerichtliche Tatsachenentscheidung zu treffen ist (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG). Besteht zu diesem Zeitpunkt im Sinne der oben genannten Anspruchsvoraussetzungen keine begründete Verfolgungsfurcht (mehr), so kommt regelmäßig eine Anerkennung nicht in Betracht. Die Prüfung der politischen Lage im Heimatstaat in diesem Zeitpunkt darf sich jedoch nicht darauf beschränken, wie in einer Momentaufnahme allein auf das abzustellen, was gegenwärtig geschieht oder als unmittelbar bevorstehend erkennbar ist, sondern sie muss sich auch darauf erstrecken, ob jemand in absehbarer Zeit mit gegen ihn gerichteten Maßnahmen ernsthaft rechnen muss6.
Hat der Flüchtling bereits einmal politische Verfolgung erlitten, so kann ihm abweichend vom Regelfall der asylrechtliche Schutz nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allein wegen zwischenzeitlicher Änderungen der politischen Lage im Verfolgerstaat nur versagt werden, wenn auch eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist7. Das bedeutet, dass in diesen Fällen die Anforderungen für die Anerkennung herabzustufen sind. Der Asylsuchende muss im Heimatstaat vor dem Schicksal abermals einsetzender Verfolgung hinreichend sicher sein. Lassen sich ernsthafte Bedenken hiergegen nicht ausräumen, so wirken sie sich zugunsten des Asylbewerbers aus und führen zu seiner Anerkennung. Eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen ist dann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen8.
Nach diesen Maßstäben wurde die Klägerin staatlicher politischer Verfolgung bis unmittelbar vor ihrer Ausreise ausgesetzt. Sie ist von Seiten der Polizei unter Androhung körperlicher Repressalien und sogar der Tötung dazu gezwungen wurde, zum inhaftierten Kindsvater Kontakt herzustellen, um Informationen über die von diesem angeblich geleitete Splittergruppe zu erhalten. Angesichts der detailreichen und widerspruchsfreien Sachverhaltsschilderung ist das Gericht im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO davon überzeugt, dass die Klägerin bis unmittelbar vor ihrer Ausreise unter Anwendung erheblichen psychischen und physischen Drucks als „Informant“ instrumentalisiert wurde und damit gezielt absolute Rechtsgüter beeinträchtigt wurden. Die Verfolgung ist auch deshalb eine politische, weil die von Seiten des Staats ausgeübten Beeinträchtigung gezielt an die von diesem angenommene Zugehörigkeit der Klägerin zur TKP/ML-TIKKO anknüpften. Ob sie zu diesem Zeitpunkt die politische Einstellung dieser Gruppierung überhaupt (noch) teilte, ist unerheblich2. Das Gericht ich schließlich davon überzeugt, dass die Klägerin unter dem Eindruck der ihr angedrohten Rechtsgutsbeeinträchtigungen ausgereist ist. Es bestehen keine Zweifel bestehen keine Zweifel, dass die Klägerin auch in den Jahren nach ihrer Inhaftierung kontinuierlich staatlicher Beeinträchtigungen ausgesetzt war. Insbesondere ist das Gericht – entgegen der Annahme des Bundesamts – auch davon überzeugt, dass die Klägerin unmittelbar vor ihrer Ausreise und damit für diese kausal neuerlich durch zwei Zivilpolizisten bedroht wurde.
Es ist auch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass die Klägerin bei ihrer gedachten Rückkehr eine erneute asylrelevante staatliche Beeinträchtigung zu befürchten hat. Die Klägerin ist, wie oben gezeigt, vorverfolgt ausgereist. Im Ergebnis kann dahinstehen, ob die Klägerin angesichts der mittlerweile verstrichenen Zeit und ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland zu befürchten hat, erneut als „Informantin“ eingesetzt zu werden. Die Klägerin hat glaubhaft geschildert, dass sie nach wie vor aufgrund ihrer Aktivität für die TKP/ML-TIKKO und der persönlichen Beziehung zu einem dieser Gruppierung angehörenden Mann in den relevanten Registern gespeichert ist, mag sie auch tatsächlich kein echtes Mitglied dieser Gruppierung gewesen sein. Bereits dieser Umstand begründet eine hinreichende Gefahr erneuter Verfolgung im gedachten Fall ihrer Rückkehr. Die TKP/ML-TIKKO wird als „Terrororganisation“ eingestuft und sie gehört zu den Organisationen, deren Beobachtung durch den türkischen Staat besondere Wichtigkeit beigemessen wird. Aus diesem Grund werden diejenigen, gegen die wegen der Mitgliedschaft in der TKP/ML-TIKKO ermittelt worden war, als Verdächtige abgestempelt und sie stehen unter ständiger Beobachtung. Im Fall der Rückkehr der Klägerin in die Türkei ist die Prognose gerechtfertigt, dass sie beobachtet wird, ganz gleich, wo in der Türkei sie sich niederlässt. Es ist damit zu rechnen, dass sie nach jeder Aktion in dem Gebiet, in dem sie seinen Wohnsitz nimmt, im Zuge der folgenden Ermittlungen mitgenommen und verhört wird und dass ihre Wohnung und Arbeitsstätte durchsucht wird. Außerdem wird sie als verdächtige Person Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche haben.
Die Klägerin kann auch nicht auf eine inländische Fluchtalternative, bspw. im Westen der Türkei, verwiesen werden, da ihr überall in der Türkei asylrelevante Verfolgung droht. Der Asylanspruch ist auch nicht nach Art. 16a Abs. 2 S. 2 GG ausgeschlossen.
Anders hat das Verwaltungsgericht im Falle des Sohnes der Klägerin entschieden. Hier ist die Klage in Bezug auf die Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger – also den Sohn – deshalb nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO.
Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass das Asylrecht nur dem politisch Verfolgten zu steht. Allein daraus, dass jemand Familienangehöriger eines politisch Verfolgten ist, lässt sich ein Asylanspruch nicht herleiten. Für seine Einreise und seinen Aufenthalt sind die allgemeinen Vorschriften des Ausländerrechts maßgeblich. Bei Familienangehörigen von politisch Verfolgten ist jedoch stets in Betracht zu ziehen, dass sie in Gefahr sein können, selbst verfolgt zu werden9. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht eine (widerlegliche) Vermutung dafür, dass bei minderjährigen Kindern eines politischen Verfolgten die Gefahr einer eigenen politischen Verfolgung besteht. Tragender Gesichtspunkt für diese Vermutung ist das Bestehen einer besonderen potentiellen Gefährdungslage, die daraus resultiert, dass unduldsame Staaten dazu neigen, anstelle des politischen Gegners, dessen sie nicht habhaft werden können, auf ihnen besonders nahestehende und von ihnen abhängige Personen zurückzugreifen und sie gewissermaßen stellvertretend oder zusätzlich für den Hauptadressaten von Verfolgungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Zu diesem potentiell besonders gefährdeten Personenkreis gehören auch minderjährige Kinder politisch Verfolgter.
Sind Fälle festgestellt worden, dass in dem betreffenden Verfolgerstaat minderjährige Kinder von politisch verfolgten Eltern bzw. eines Elternteils asylrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen unterworfen wurden, greift – wie bei Ehegatten politisch Verfolgter – eine aus dem Schutzgedanken des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG folgende Vermutung dafür ein, dass auch demjenigen Kind, über dessen Asylantrag zu entscheiden ist, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das gleiche Schicksal droht, ohne dass in einem solchen Fall weiter geprüft und bewiesen werden müsste, ob die festgestellten Verfolgungsfälle gegen minderjährige Kinder Ausdruck einer allgemeinen Praxis des Verfolgerstaates sind und auch und gerade im konkreten Fall erwartet werden müssen oder ob die ihnen zugrundeliegenden Umstände zwingende Rückschlüsse auf die eigene Verfolgungsgefahr desjenigen gestatten, der sich auf sie als Vergleichsfälle beruft. Die Regelvermutung ist jedoch auf Grund besonderer Umstände, die darzutun der Beklagten obliegt und die dafür die Beweislast trägt, als widerlegt anzusehen, sofern dargetan werden kann, dass die festgestellten Verfolgungsfälle gegen minderjährige Kinder verfolgter Eltern atypische Einzelfälle darstellen, die sich nicht wiederholt haben10.
Eine derartige staatliche Verfolgungspraxis ist nach derzeitiger Erkenntnislage nicht bekannt mit der Folge, dass der Sohn sich nicht auf diese Regelvermutung berufen kann. Dem Kläger steht ein Asylanspruch auch deshalb nicht zu, weil ihm mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit – der Kläger hat keine eigene politische Verfolgung geltend gemacht, so dass er als unverfolgt ausgereist anzusehen ist – bei der gedachten Rückkehr in die Türkei keine politische Verfolgung drohen wird. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er bei der Rückkehr in die Türkei in der gleichen Weise und in der gleichen asylrelevanten Art wie bei seiner Mutter instrumentalisiert werden wird. Hiergegen spricht sowohl, dass der Kläger politisch nicht in Erscheinung getreten ist, als auch, dass es ihm an Wissen über die TKP/ML-TIKKO fehlen dürfte, die ihn zu einer „Informantentätigkeit“ prädestinieren dürfte. Es ist jedenfalls nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die türkische Polizei sich die Eigenschaft des Klägers „als Sohn von …“ zunutze machen wird, um relevante Informationen über die Splitterorganisation zu erlangen. Anders als bei der Klägerin, seiner Mutter, die immerhin anfänglich den Ideen der TKP/ML-TIKKO nahestand und ein Mitglied dieser Gruppierung durch die Beziehung auch persönlich kennt, fehlt es hieran beim Kläger. Nach den Angaben im Asylverfahren hat er seinen leiblichen Vater bis heute nicht persönlich kennengelernt. Entsprechende Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht deshalb, da gegen den Kläger wegen einer Tätigkeit für die TKP/ML-TIKKO nicht ermittelt wurde und er deshalb bei den türkischen Behörden nicht als Verdächtiger geführt wird.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Sippenhaft ist ein Asylanspruch nicht denkbar. Es entspricht der Rechtsprechung dieses Gerichts11, des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg12 sowie anderer Gerichte13, dass sippenhaftähnliche Maßnahmen bei einer gedachten Rückkehr in die Türkei nicht zu befürchten sind.
Weiterhin hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Sohn deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
Nach § 60 Abs. 1 S. 1 – 5 AufenthG darf in Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge14 ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt wurden. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft. Eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 kann ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative. Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach Satz 1 vorliegt, sind Artikel 4 Abs. 4 sowie die Artikel 7 bis 10 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes15 ergänzend anzuwenden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Gemäß Art. 9 Abs. 1 QRL gelten als Verfolgung im Sinne des Artikels 1A der Genfer Flüchtlingskonvention Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist (Buchstabe a), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a) beschriebenen Weise betroffen ist (Buchstabe b). Nach Art. 9 Abs. 2 lit. a) können als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 unter anderem die folgenden Handlungen gelten: Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt.
Nach Art. 4 Abs. 4 QRL ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird.
Der Sohn war selbst keiner Verfolgungshandlung i. S. d. Art. 9 Abs. 1 u. Abs. 2 QRL ausgesetzt. In Bezug auf eine gedachte Rückkehr in die Türkei kommt er infolge dessen auch nicht in den Genuss der Vermutung des Art. 4 Abs. 4 QRL. Es ist nach derzeitiger Erkenntnislage nicht davon auszugehen, dass er mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei der gedachten Rückkehr asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt sein wird. Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2, 3 und Abs. 7 S. 2 AufenthG liegen offensichtlich nicht vor. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, die zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG führen könnten.
Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 17.Januar 2011 – A 2 K 3124/09
- BVerfG, Beschluss vom 01.07.1987 – 2 BvR 478/86, BVerfGE 76, 143, 166 f.; BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 – 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86 und 2 BvR 961/86, BVerfGE 80, 315, 333[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 – 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86 und 2 BvR 961/86, BVerfGE 80, 315, 333[↩][↩]
- BVerfG a. a. O.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 29.11.1977 – I C 33.71, BVerwGE 55, 82, 83 m. w. N.[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 02.07.1980 – 1 BvR 147/80, 1 BvR 181/80 und 1 BvR 182/80, BVerfGE 54, 341, 360[↩]
- BVerwG, Urteil vom 31.03.1981 – 9 C 237.80 [↩]
- BVerfG, Beschluss vom 02.07.1980 – 1 BvR 147/80, 1 BvR 181/80 und 1 BvR 182/80, BVerfGE 54, 341, 361 f.[↩]
- zum Fortbestand dieses Prüfungsmaßstabs im Rahmen der Anspruchsprüfung gemäß Art. 16a GG nach Erlass der sog. Qualifikationsrichtlinie vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 – 10 C 5/09[↩]
- BVerwG, Urteil vom 27.04.1982 – 9 C 239/80, BVerwGE 65, 244 ff.; Urteil vom 02.07.1985 – 9 C 35/84, DVBl. 1986, 98 f; Urteil vom 13.01.1987 – 9 C 53/86, BVerwGE 75, 304 ff.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 13.01.1987 – 9 C 53/86 [↩]
- vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 03.09.2008 – A 7 K 4115/07[↩]
- vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.07.2001 – A 12 S 228/99; Urteil vom 05.04.2001 – A 12 S 198/00 und Urteil vom 24.02.2000 – A 12 S 1825/97[↩]
- vgl. VG Hannover, Urteil vom 13.04.2010 – 13 A 5541/09; VG Aachen, Urteil vom 04.09.2009 – 6 K 1309/09.A; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 18.07.2006 – 11 LB 264/05; OVG Bremen, Urteil vom 22.03.2006 – 2 A 303/04.A[↩]
- BGBl. 1953 II S. 559[↩]
- ABl. EU Nr. L 304 S. 12 – Qualifikationsrichtlinie – QRL -[↩]