Nach den Auswahlkriterien des Hamburgischen Schulgesetzes hängt die Aufnahme in die von den Sorgeberechtigten gewünschte Schule nicht vom sonderpädagogischen Förderbedarf des Kindes ab. Die Verteilungspraxis verstößt gegen die gesetzlichen Auswahlkriterien, wenn bei der Aufnahme in eine bestimmte weiterführende Schule für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf einerseits ein Kontingent von vier Plätzen je Klasse vorab freigehalten wird, andererseits über diese Anzahl hinaus gehende Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf von der Aufnahme ausgeschlossen werden.

Gemäß § 1 Satz 4 des Hamburgischen Schulgesetzes vom 16.04.1997, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.02.2013 [1], ergeben sich aus dem Recht auf schulische Bildung individuelle Ansprüche nur, wenn sie nach Voraussetzungen und Inhalt im Schulgesetz oder aufgrund dieses Gesetzes bestimmt sind. Im Schulgesetz finden sich keine individuellen Ansprüche auf eine konkrete schulische Bildung. Insbesondere folgt aus § 42 HmbSG kein Recht auf Aufnahme in eine bestimmte Schule [2]. Der Bildungsanspruch ist grundsätzlich auf die Teilnahme an dem vorhandenen Schulwesen beschränkt, das nach Maßgabe des Schulgesetzes einzurichten und zu unterhalten ist [3]. Das aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. § 42 Abs. 7 HmbSG herzuleitende Teilhaberecht an den vorhandenen öffentlichen Bildungseinrichtungen verleiht einen Anspruch darauf, bei der Verteilung gleichbehandelt zu werden, also nicht ohne vertretbaren Grund gegenüber anderen Schülerinnen und Schülern benachteiligt zu werden. Insoweit besteht ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung [4]. Diesen Anspruch der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin verletzt, indem sie sie nicht der A.-Schule, sondern der B.-Schule zugewiesen hat.
Im vorliegenden Verfahren sind die Kapazitäten der A.-Schule für die Klassenstufe 5 erschöpft. Gleichwohl hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen dahingehend auszuüben, die Antragstellerin in die Erstwunschschule aufzunehmen.
Erschöpfte Kapazitäten
Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 HmbSG ist die Klassengröße in Jahrgangsstufe 5 der Stadtteilschule grundsätzlich auf 23 Schülerinnen und Schüler beschränkt. Nach dieser Vorgabe sind die Kapazitäten der A.-Schule erschöpft.
Die A.-Schule richtet sechs Klassen 5 ein. Von 162 Kindern, für die als Erstwunsch die A.-Schule angegeben wurde, hätten rechnerisch 138 Kinder Aufnahme finden können, tatsächlich haben insgesamt 142 Kinder Aufnahme gefunden.
Ursprünglich wurden 138 Plätze vergeben. Zunächst wurden der Schule von der Organisationskonferenz drei Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf i.S.d. § 12 HmbSG vorab zugewiesen. Sodann erhielten neun Kinder einen Platz, weil im kommenden Schuljahr auch ein Geschwisterkind die A.-Schule besuchen wird. Weitere 126 Plätze wurden nach Schulweglänge vergeben.
Über die zu vergebenden und ursprünglich vergebenen 138 Plätze hinaus wurden vier Plätze vergeben: Für zwei Kinder wurde nachträglich ein Härtefall anerkannt, zwei Kinder wurden aufgrund einer erneuten Berechnung des Schulwegs aufgenommen.
Es besteht keine Rechtspflicht, an der A.-Schule sieben Eingangsklassen einzurichten.
Es besteht bereits kein subjektiv-öffentliches Recht des einzelnen Schülers auf die Einrichtung einer bestimmten Anzahl an Zügen, insbesondere nicht im Bereich der Eingangsklassen. Die Einrichtung von Eingangsklassen erfolgt als Maßnahme der Schulorganisation im öffentlichen Interesse, wobei nach § 87 Abs. 3 Satz 2 HmbSG eine gleichmäßige Versorgung mit altersangemessen erreichbaren Angeboten der verschiedenen Schulformen und Schulstufen, die Entwicklung der Anmeldungen an den einzelnen Schulen und Schulformen sowie die Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung zu beachten sind.
Die Antragstellerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Antragsgegnerin im Falle der A.-Schule von einer geübten Verwaltungspraxis, deren Einhaltung die Antragstellerin über den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG einfordern könnte, abgewichen sei. Für eine Selbstbindung der Antragsgegnerin dahingehend, an der A.-Schule in jedem Schuljahr sieben Eingangsklassen einzurichten, sind Anhaltspunkte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Selbst wenn man eine derartige Verwaltungspraxis annähme, dürfte die Antragsgegnerin diese ändern und durch den Schulentwicklungsplan für die Zukunft die Sechszügigkeit als Entwicklungsziel vorsehen. Eine bestehende Verwaltungspraxis kann für die Zukunft geändert werden, wenn die hierfür maßgeblichen Gründe frei von Willkür sind und sich bei den von der Änderung betroffenen Personen kein zu berücksichtigender Vertrauenstatbestand gebildet hat [5].
Schulaufnahme und Ermessensausübung
Die Aufnahmeentscheidung der Antragsgegnerin erweist sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Hamburg gleichwohl voraussichtlich als fehlerhaft. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Aufnahme in die als Erstwunsch angegebene A.-Schule:
Durch die für die Verteilung maßgebliche Verwaltungsvorschrift („Handreichung zur Organisation der Aufnahme in Klasse 5 an weiterführenden Schulen“, Stand: Januar 2013, im Folgenden: Handreichung) hat sich die Antragsgegnerin bei der Verteilung der Schulplätze für den Fall gebunden, dass die Anzahl der Erstwünsche die Kapazität der Schule überschreitet.
Ermessensleitend ist dabei im Grundsatz Abschnitt B Punkt 3.3 der Handreichung, dessen Kriterien mit den gesetzlichen Vorgaben in Einklang stehen [6]. Danach sind innerhalb der geäußerten Erstwünsche zunächst die Kinder zu berücksichtigen, bei denen ein Härtefall vorliegt, sodann Kinder, die im kommenden Schuljahr ein Geschwisterkind auf der Schule haben, ferner wird die Auswahl nach dem Kriterium der Schulweglänge und schließlich nach Hilfskriterien getroffen. Nach den Erstwünschen kommen Zweit- und Drittwünsche zum Zuge. Diese Reihenfolge soll gemäß Abschnitt B Punkt 3.3 ausdrücklich dazu dienen, eine einheitliche Ermessensausübung bei der Aufnahme von Schülerinnen und Schülern in Hamburg sicherzustellen.
Die durch Art. 3 Abs. 1 GG vermittelte Bindung der Antragsgegnerin an die Ermessensrichtlinien in Abschnitt B Punkt 3.3, denen sie in ihrer Verteilungspraxis grundsätzlich folgt, ist nicht durch die Ausnahmebestimmung in Abschnitt A Punkt 4 beschränkt.
In Ausnahme von dem Grundsatz des Abschnitts B Punkt 3.3 der Handreichung sieht allerdings Abschnitt A Punkt 4 der Handreichung vor, dass alle Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Rahmen der regionalen Organisationskonferenz auf Grundlage von § 12 HmbSG in einem gesonderten Schritt vorab aufgenommen werden und hierbei wie bei allen Ermessensentscheidungen zunächst Härtefalle aufzunehmen und anschließend die Kriterien Geschwisterkind und Schulweglänge zu berücksichtigen sind, wobei möglichst vermieden werden soll, mehr als vier Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf pro Klasse aufzunehmen.
Die Ausnahmeregelung für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Abschnitt A Punkt 4 der Handreichung kann indessen eine Abweichung von den Grundsätzen des Abschnitts B Punkt 3.3 der Handreichung nicht rechtfertigen. Sie ist mit den gesetzlichen Vorgaben nicht zu vereinbaren.
Nach Abschnitt A Punkt 4 hängt die Entscheidung, ob ein Kind in die Wunschschule aufgenommen wird, davon ab, ob es sonderpädagogischen Förderbedarf hat. Die grundsätzlich nach den Kriterien Härtefall, Geschwisterkind und Schulweglänge verlaufende Auswahl wird nur innerhalb der Gruppe der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf vorgenommen und diese Kinder aus der Auswahl im Übrigen ausgenommen. Für die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf wird vorab ein Kontingent von vier Plätzen je Klasse vorgehalten, die übrigen Plätze werden an Kinder ohne sonderpädagogischen Förderbedarf vergeben. Die Vorgabe des Abschnitts A Punkt 4 der Handreichung hat einerseits zur Folge, dass innerhalb des Kontingents Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die Wunschschule aufgenommen werden können, obwohl sie nach den allgemeinen Kriterien Härtefall, Geschwisterkind und Schulweglänge gegenüber Kindern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf nachrangig wären. Andererseits werden außerhalb des Kontingents Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf von einer Aufnahme in die Wunschschule ausgeschlossen, obwohl sie nach den allgemeinen Kriterien Härtefall, Geschwisterkind und Schulweglänge gegenüber Kindern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf vorrangig wären.
Im Gesetz findet die gesonderte Auswahl unter den Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf einerseits und den Kindern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf andererseits keine Grundlage. Gemäß § 42 Abs. 7 Satz 1 HmbSG ist bei der Anmeldung der Schülerinnen und Schüler anzugeben, an welcher Schule das Kind nach Möglichkeit aufgenommen werden soll. Für den Fall erschöpfter Kapazitäten sollen Zweit- und Drittwünsche genannt werden. Aus § 42 Abs. 7 Satz 2 HmbSG ergibt sich, dass die Schülerinnen und Schüler an anderen Schulen aufgenommen werden, wenn die Zahl der Anmeldungen für eine Schule deren Aufnahmefähigkeit übersteigt. Bei der Verteilung maßgeblich sind gemäß § 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG neben den geäußerten Wünschen insbesondere die Ermöglichung altersangemessener Schulwege sowie die gemeinsame schulische Betreuung von Geschwistern.
Die im Gesetz genannten Auswahlkriterien stehen in keinem Rangverhältnis zueinander. Ein solches ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift [7]. Die Ausgestaltung des Auswahlverfahrens und damit auch die Reihenfolge der Auswahl ist danach ausdrücklich Verwaltungsvorschriften zur gleichmäßigen Ausübung des Ermessens überlassen worden [8]. Die Antragsgegnerin kann mithin die im Gesetz genannten Auswahlkriterien in eine bestimmte Reihenfolge bringen, nicht jedoch die Auswahl an das nicht im Gesetz genannte Auswahlkriterium des sonderpädagogischen Förderbedarfs knüpfen.
Zwar ist es nicht ausgeschlossen, das im Gesetz ebenfalls nicht aufgeführte Kriterium des Härtefalls unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit auch gegenüber den gesetzlich benannten Auswahlkriterien vorrangig bei der Zuweisung zur Wunschschule zu berücksichtigen; eine derartige Berücksichtigung kommt aber nur ausnahmsweise und nur unter Anlegung strenger Maßstäbe in Betracht, wenn wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls die Zuweisung zu einer anderen als der gewünschten Schule zu unzumutbaren Konsequenzen für die Betroffenen führen würde [9].
Die Antragsgegnerin stützt ihre Verteilungspraxis im Hinblick auf Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf jedoch nicht auf das Kriterium des Härtefalls, sondern nimmt die Vorabauswahl von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf unabhängig davon vor, ob im Einzelfall ein Härtefall bejaht wird.
Diese Abweichung von den gesetzlichen Auswahlkriterien des § 47 Abs. 7 Satz 3 HmbSG kann nicht auf die Bestimmungen über die Integration von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Betreuung kranker Schülerinnen und Schüler in § 12 HmbSG gestützt werden. Diese Vorschrift hat ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien einen anderen Regelungsgehalt. Einen Rechtsanspruch auf den Besuch einer bestimmten Schule gibt es – wie auch für Kinder ohne sonderpädagogischen Förderbedarf – nicht [10]. Wie auch bei Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf kann der Wunsch der Sorgeberechtigten, eine bestimmte Schule zu besuchen, nicht immer erfüllt werden [11]. Nach der Definition des § 12 Abs. 2 Satz 1 HmbSG besteht sonderpädagogischer Förderbedarf bei Schülerinnen und Schülern, die aufgrund einer Behinderung so schwerwiegend in ihren Bildungs‑, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten beeinträchtigt sind, dass sie im Unterricht der allgemeinen Schule ohne eine spezifische fachliche Unterstützung nicht hinreichend gefördert werden können. Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben gemäß § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbSG grundsätzlich das Recht, allgemeine Schulen zu besuchen und werden dort gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf unterrichtet und besonders gefördert. Diese Gesetzesvorschrift findet aufgrund Art. 2 § 1 Abs. 4 des Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Schulgesetzes vom 21.09.2010 [12] jeweils für die Aufnahme in die ersten und fünften Klassen und für den weiteren Bildungsgang der nach dieser Vorschrift aufgenommenen Schülerinnen und Schüler Anwendung. Die Vorschrift dient der Umsetzung der völkerrechtlichen Regelung in Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 [13], nach der die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung anerkennen und auf allen Ebenen ein Schulsystem gewährleisten, das in der deutschen Übersetzung als „integratives Bildungssystem“ und in der völkerrechtlich mitmaßgebenden englischen Fassung als „inclusive education system“ bezeichnet wird. Die Einbeziehung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in das allgemeine Schulsystem nach § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbSG ist nicht mit dem Vorbehalt verbunden, dass bei der Aufnahme in eine bestimmte Schule nach § 42 Abs. 7 HmbSG andere Kriterien zu beachten wären als für Kinder ohne sonderpädagogischen Förderbedarf.
Nichts anderes folgt aus § 12 Abs. 4 Satz 5 HmbSG, wonach für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf bei der Festlegung des Lernortes die Wünsche der Sorgeberechtigten zu berücksichtigen sind. Die Festlegung des Lernortes betrifft die Frage, ob das Kind an einer allgemeinen Schule wie der Stadtteilschule nach § 15 HmbSG oder dem Gymnasium nach § 17 HmbSG lernen soll oder an einer Sonderschule nach § 19 HmbSG mit einem bestimmten Förderschwerpunkt. Aufgrund der Ermächtigung in § 12 Abs. 7 HmbSG bestimmt § 15 Abs. 1 der Verordnung zur Ausbildung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf vom 31.10.2012 [14], dass die Regionalen Bildungs- und Beratungszentren die Sorgeberechtigten in Abstimmung mit den allgemeinen Schulen und den speziellen Sonderschulen rechtzeitig über die für die sonderpädagogische Förderung infrage kommenden Lernorte beraten. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AO-SF weist die zuständige Behörde das Kind unter Berücksichtigung der von den Sorgeberechtigten geäußerten Wünsche einer allgemeinen Schule oder eine Sonderschule zu. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 AO-SF ist bei der Festlegung des Lernorts insbesondere zu berücksichtigen die Sicherstellung einer heterogenen Zusammensetzung der Schülerschaft in Bezug auf Schülerinnen und Schüler mit und ohne Förderbedarf im Bereich der sonderpädagogischen Förderung. Diese Verordnungsbestimmungen ermächtigen nicht dazu, bei der Auswahl der Kinder für eine bestimmte Schule von den in § 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG gesetzlich vorgegebenen Auswahlkriterien abzuweichen.
Eine Rechtsgrundlage dafür, die Auswahl von dem sonderpädagogischen Förderbedarf des Kindes abhängig zu machen, kann auch nicht Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG entnommen werden. Nach dieser Grundrechtsnorm darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Damit ist es verboten, Menschen wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen. Die Grundrechtsnorm verbietet es zwar nicht, Menschen wegen ihrer Behinderung insbesondere im Zuge eines Nachteilsausgleichs zu bevorzugen. Doch ermächtigt Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nicht ohne besondere gesetzliche Regelung dazu, von allgemeinen gesetzlichen Vorgaben abzuweichen. Der Vorrang des Gesetzes erfordert, dass die vollziehende Gewalt nicht gegen das Gesetz handeln darf. Der aus dem Rechtsstaats- und dem Demokratieprinzip (Art.20 Abs. 2, Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 HmbVerf) folgende Vorbehalt des Gesetzes verpflichtet dabei den Gesetzgeber, die wesentlichen Entscheidungen im Schulwesen selbst zu treffen und nicht der Schulverwaltung zu überlassen [15]. Der Gesetzgeber hat seine Entscheidung über die Auswahlkriterien in § 42 Abs. 7 Satz 3 HmbSG getroffen und keine Differenzierung danach vorgesehen, ob ein Kind sonderpädagogischen Förderbedarf hat.
Darüber hinaus bietet Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nicht nur keine Grundlage für die Verteilungspraxis, sondern steht ihr auch entgegen. Anhand Abschnitt A Punkt 4 der Handreichung werden Menschen mit Behinderungen unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG schlechter behandelt als Menschen ohne Behinderungen. Wenn das Kontingent von vier Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf je Klasse erschöpft ist, sind durch Abschnitt A Punkt 4 der Handreichung alle über diese Anzahl hinausgehenden Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf vom Besuch der Wunschschule ausgeschlossen und dadurch wegen ihrer Behinderung benachteiligt.
Die Antragstellerin kann im Hinblick auf das fehlerhafte Auswahlverfahren die Zuweisung eines Platzes an der Erstwunschschule beanspruchen.
Für die Antragstellerin liegt allerdings kein Härtefall vor. Die Antragstellerin hat keine Umstände glaubhaft gemacht, aus denen sich ergäbe, dass die Zuweisung zu einer anderen als der gewünschten Schule zu unzumutbaren Konsequenzen führen würde. Die Kammer erkennt an, dass die Situation alleinerziehender Elternteile typischerweise belastender ist [16] und für ein Kind geknüpfte soziale Kontakte von großer Bedeutung sind. Gleichwohl stellt ganztägiger Betreuungsbedarf eines Kindes wegen der Berufstätigkeit der alleinerziehenden Mutter keinen seltenen Einzelfall dar, dass deshalb zur Vermeidung einer Härte die Bevorzugung des Kindes bei der Auswahl in Betracht käme [17]. Freundschaftliche Verbindungen der Schülerinnen und Schüler können bei der Verteilung der verfügbaren Schulplätze keine Berücksichtigung finden [18]. Diese Faktoren unterliegen einem ständigen Wandel und sind einer objektiven Überprüfung nur schwer zugänglich [19].
Die Antragstellerin ist jedoch vorrangig vor den Kindern auf den Listenplätzen 139 bis 141 zu berücksichtigen. Sie weist mit 3.542 m einen kürzeren Schulweg zur A.-Schule auf als diese Kinder mit den Schulwegen von 3.768 m, 3.953 m und 4.108 m. Weder haben die Kinder mit den Listenplätzen 139 bis 141 im kommenden Schuljahr ein Geschwisterkind an derselben Schule, noch ist für sie ersichtlich, dass die Voraussetzungen eines Härtefalls erfüllt sind.
Die Handreichung hält unter Abschnitt B Punkt 3.4 zutreffend fest, dass unter den Begriff Härtefälle auch Schülerinnen und Schüler fallen können, deren Sorgeberechtigte nach § 12 HmbSG die Aufnahme in eine Regelschule beantragen. Mit Härtefällen sind Einzelfälle gemeint, in denen aus rechtlichen Gründen angesichts der besonderen Umstände des konkreten Falls als einzige Entscheidung nur die Aufnahme des Kindes in die Wunschschule in Betracht kommt. Dies kann bei Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, zu denen die Kinder auf den Listenplätzen 139 bis 141 gehören, ebenso wie bei Kindern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf nur nach Prüfung des Einzelfalles festgestellt werden. Die Kammer verkennt nicht, dass im Einzelfall die Umstände, auf denen der sonderpädagogische Förderbedarf beruht, zugleich einen Härtefall begründen können. Daraus folgt aber nicht allgemein, dass für ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf nur die Zuweisung einer bestimmten Schule zumutbar wäre.
Nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens sind vorrangig vor der Antragstellerin keine anderen Kinder zu berücksichtigen. Die Erstwünsche der nicht berücksichtigten Kinder sind bestandskräftig abgelehnt oder die Kinder haben einen längeren Schulweg als die Antragstellerin. Es begegnet keinen Bedenken, dass die Antragstellerin einen Vorteil daraus zieht, ihr Begehren auf Aufnahme in die Erstwunschschule fortbetrieben zu haben. Insbesondere die beiden Kinder auf den vorrangigen Listenplätzen 142 und 143 hatten ebenso wie die Antragstellerin die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, haben darauf jedoch verzichtet, sie sind während des Widerspruchsverfahrens einvernehmlich einer anderen Schule zugewiesen worden.
Der Aufnahme der Antragstellerin in eine Eingangsklasse der A.-Schule steht auch nicht entgegen, dass gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 HmbSG an Stadtteilschulen in den Jahrgangsstufen 5 und 6 keine Klasse größer sein soll als 23 Schülerinnen und Schüler. Die Kammer geht davon aus, dass die Klassenobergrenzen an Stadtteilschulen in eng begrenzten außergewöhnlichen Ausnahmefällen, so wie hier zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes, überschritten werden können. Eine solche Überschreitung der Klassenobergrenzen in außergewöhnlichen Ausnahmefällen hat die obergerichtliche Rechtsprechung für den Fall der Grundschulen für zulässig erachtet, obwohl für diese grundsätzlich ein Anspruch der Schülerinnen und Schüler auf Einhaltung der Grenzen besteht [20].
Verwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 17. Juli 2013 – 2 E 2737/13
- HmbGVBl. S. 51, HmbSG[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 09.09.2011, 1 Bs 169/11; Beschluss vom 27.07.2005, 1 Bs 205/05, NordÖR 2005, 545[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 09.09.2011 und Beschluss vom 27.07.2005 jeweils a.a.O.[↩]
- VG Hamburg, ständige Rspr., z.B. Beschluss vom 03.08.2012 – 2 E 1984/12; Beschluss vom 03.08.2011 – 2 E 1322/11; Beschluss vom 12.08.2005 – 2 E 2401/05[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09.1984 – 1 A 4/83; BVerwG, Beschluss vom 01.06.1979 – 6 B 33/79[↩]
- vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 08.08.2011, NordÖR 2011, 561; Beschluss vom 22.08.2011 – 1 Bs 157/11[↩]
- vgl. Bü-Drs.19/3195 S. 18[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 20.09.2011 – 1 Bs 167/11; Beschluss vom 08.08.2011, NordÖR 2011, 561; Beschluss vom 07.07.2010, 1 Bs 115/10; VG Hamburg, Beschluss vom 03.07.2013, 2 E 2232/13; Beschluss vom 03.08.2012, 2 E 1984/12[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 22.08.2011 – 1 Bs 157/11; vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 03.07.2013 – 2 E 2318/13; Beschluss vom 15.07.2010 – 2 E 1799/10[↩]
- Bü-Drs.19/3195 S. 15[↩]
- Bü-Drs.19/3195 S. 16[↩]
- HmbGVBl. S. 551, 553[↩]
- BGBl. II 2008 S. 1420[↩]
- HmbGVBl. S. 467, AO-SF[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 10.08.2011 – 1 Bs 154/11[↩]
- VG Hamburg, Beschluss vom 07.08.2012 – 2 E 1954/12[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 22.08.2011 – 1 Bs 157/11[↩]
- VG Hamburg, Beschluss vom 06.07.2012 – 2 E 1477/12[↩]
- VG Hamburg, Beschluss vom 12.08.2010 – 15 E 1839/10[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 22.08.2012 – 1 Bs 197/12[↩]