Für das Widerspruchsverfahren ist auf die allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen, die für das Klageverfahren gelten, soweit keine abweichende spezialgesetzliche Regelung existiert1. Erklärungen im Widerspruchsverfahren sind demzufolge wie Prozesserklärungen entsprechend den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden allgemeinen Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) auszulegen.

Wesentlich ist hiernach der geäußerte Wille des Beteiligten, wie er sich aus der Erklärung und den sonstigen Umständen ergibt.
Neben dem Wortlaut der Erklärung ist auch die Interessenlage des Rechtsmittelführers zu berücksichtigen, soweit sie sich aus dem Parteivortrag und sonstigen für die Behörde als Empfänger der Erklärung erkennbaren Umständen ergibt.
Ist der Rechtsmittelführer anwaltlich vertreten, kommt der gewählten Formulierung gesteigerte Bedeutung zu. Selbst dann darf die Auslegung jedoch vom Wortlaut abweichen, wenn sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das Gewollte von der gewählten Formulierung abweicht. Eine bloße – erkennbar – unrichtige Bezeichnung des Gemeinten schadet demzufolge nicht2.
Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 6. August 2015 – 1 K 2485/13
- vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., Vorb. § 68 Rn. 14 ff.[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 12.03.2012 – 9 B 7.12 – DÖD 2012, 190; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.01.2013 – 2 S 2120/12 – juris; LSG Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.2011 – L 11 R 3679/11 – juris; vgl. auch allg. BVerwG, Urteil vom 27.06.2012 – 9 C 7.11, NVwZ 2012, 1413; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.04.2010 – 2 S 2312/09 [↩]