Nach § 53 Abs. 3 AufenthG darf ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

Damit hat der deutsche Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.01.2016 die Voraussetzungen für die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen in das nationale Aufenthaltsrecht transformiert, die bereits zuvor nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union galten1. Das Vorliegen eines zwingenden Ausweisungsgrundes nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AuslG 1990 war hierfür keine Voraussetzung und ist dies auch heute nicht. Vielmehr waren die Regelungen über die zwingende Ausweisung nach § 47 Abs. 1 AuslG 1990 auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige wie den Kläger nicht anwendbar2. Sie spielen auch heute für die Beurteilung eines besonders schweren Ausweisungsinteresses gemäß § 54 Abs. 1 AufenthG 2016 keine Rolle.
Die Stillstandsklauseln des Assoziationsrechts spielen keine Rolle bei der Beantwortung der aufgeworfenen Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Ausweisung unerlässlich im Sinne des § 53 Abs. 3 AufenthG ist. Aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt sich aber auch ungeachtet dessen kein Grund, wonach die hier einschlägige Stillstandsklausel des Art. 13 ARB 1/80 verletzt sein könnte. Zum einen haben sich die unionsrechtlich vorgegebenen Maßstäbe für die Ausweisung eines Assoziationsberechtigten nicht verändert. Zum anderen war hierfür auch nach nationalem Recht nicht die Erfüllung eines zwingenden Ausweisungsgrundes nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AuslG 1990 Voraussetzung. Vielmehr kam auch ein anderer nationaler Ausweisungstatbestand, etwa nach § 47 Abs. 2 AuslG 19903, in Betracht, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen aufgrund der konkreten Umstände des Falles eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellte, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührte und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich war.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25. Juli 2017 – 1 B 117.17