Ob Bauvorhaben in der Umgebung eines Baudenkmals zu dessen wesentlicher Beeinträchtigung i.S.v. § 13 Abs. 2 DSchG führen, hängt von der Art des Denkmals, den Gründen seiner Unterschutzstellung und den historischen Bebauungszusammenhängen ab. Eine später eingetretene städtebauliche Verdichtung kann im Einzelfall – z.B. bei einem ehemals freistehenden Landhaus – zu einem geringeren Schutz des Baudenkmals vor Neubauvorhaben in seiner Umgebung führen.

Seinen historischen und stadtgeschichtlichen Aussagewert büßt ein Baudenkmal nicht allein dadurch ein, dass in seiner unmittelbaren Umgebung ein Neubau entsteht, der sich in seinem äußeren Erscheinungsbild vom Baudenkmal deutlich unterscheidet, wenn dadurch das Erleben und die Erfahrbarkeit der bestehenden Bausubstanz, die Gegenstand des Denkmalschutzes ist, nicht negativ beeinflusst wird.
Im Rahmen des Ensembleschutzes des § 4 Abs. 3 DSchG verfügt der Eigentümer eines zum Ensemble gehörenden Objekts nur dann über einen etwaigen Anspruch auf denkmalrechtliches Einschreiten, wenn gerade der Beitrag, den sein Eigentumsobjekt zum Ensemble leistet, wesentlich beeinträchtigt wird.
Ob der denkmalrechtliche Mindestschutz des Denkmaleigentümers, der nur im Falle einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmals verletzt ist [1] und einen Anspruch auf Einschreiten gegenüber der Antragsgegnerin zu begründen vermag, eine höhere Schwelle der Beeinträchtigung voraussetzt als eine „wesentliche Beeinträchtigung“ des Denkmals im Sinne des § 8 DSchG, konnte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht vorliegend dahinstehen lassen. Den im hier entschiedenen Fall fehlte es bereits am Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung.
Der Maßstab einer wesentlichen Beeinträchtigung im Sinne des § 8 DSchG kann dem Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 02.10.2013 [2] entnommen werden: Ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Eigenart und des Erscheinungsbilds eines Denkmals vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls. Ihre Beurteilung setzt eine an den für die Denkmalwürdigkeit maßgeblichen Kriterien orientierte (kategorienadäquate) Betrachtung voraus [3]. Es ist darauf abzustellen, welche der in § 4 Abs. 2 DSchG genannten Merkmale die Schutzwürdigkeit des Denkmals konkret begründen, und mit Rücksicht auf diese Merkmale wertend einzuschätzen, ob seine Eigenart und sein Erscheinungsbild durch die Veränderung seiner unmittelbaren Umgebung Schaden nehmen. Dabei geht der Umgebungsschutz des § 8 DSchG über das bauordnungsrechtliche Verunstaltungsverbot des § 12 Abs. 1 HBauO hinaus. Als wesentliche Beeinträchtigung eines Denkmals ist daher nicht nur eine Situation anzusehen, in der ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender Zustand, also ein Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Denkmal hervorgerufen wird. Vielmehr gilt es auch zu gewährleisten, dass die jeweilige besondere Wirkung, die ein Denkmal als Zeugnis der Geschichte, als Kunstwerk, als wissenschaftliches Objekt oder als charakteristisches städtebauliches Element hat, nicht geschmälert wird. Die Ziele des Denkmalschutzes lassen sich nur erreichen, wenn ggf. auch das Eigentum in der Umgebung eines Denkmals beschränkt wird [4]. Das bedeutet zwar nicht, dass sich neue Vorhaben in der Umgebung eines Denkmals völlig an dieses anpassen müssten oder zu unterbleiben hätten, wenn dergleichen nicht möglich ist. Sie müssen sich aber an dem Maßstab messen lassen, den das Denkmal gesetzt hat, dürfen es also insbesondere nicht gleichsam erdrücken, verdrängen oder übertönen oder es an der gebotenen Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten fehlen lassen [5].
Ob und inwieweit Bauvorhaben in der Umgebung diese wesentlich beeinträchtigende Wirkung auf ein Denkmal ausüben, hängt im Einzelfall von der Art des Denkmals, den Gründen seiner Unterschutzstellung und den historischen Bebauungszusammenhängen ab [6]. Eine später eingetretene städtebauliche Verdichtung kann jedoch im Einzelfall – z.B. in der Umgebung eines ehemals freistehenden Landhauses – zu einem geringeren Schutz des Denkmals vor Neubauvorhaben in seiner Umgebung führen [7].
Das denkmalgeschützte Landhaus des Antragstellers befindet sich nicht mehr in einer Umgebung, die frei von Bebauung oder dörflich geprägt ist, sondern liegt bezogen auf seine südlich und westlich angrenzende Nachbarschaft in einem Wohngebiet offener Bauweise, so dass Sichtbeziehungen zu anderen Gebäuden zwangsläufig bestehen bzw. bestehen können. Soweit der Antragsteller geltend macht, der Eindruck eines freistehenden Landhauses bestehe bis heute und beruhe auf den von der B.-Straße betrachtet nicht sichtbaren Nachbargebäuden, ist dies nicht der Fall. Allein der Umstand, dass in westlicher Blickrichtung von der B.-Straße hinter dem denkmalgeschützten Gebäude kein Nachbargebäude sichtbar ist, sondern hochgewachsene Vegetation, begründet nicht den Eindruck eines weitläufigen, zum Landhaus gehörenden Grundstücks. Hierfür wäre erforderlich, dass der Betrachter eine Zugehörigkeit der hinter dem Grundstück des Antragstellers liegenden Flächen zum Landhaus erkennt. Zudem wird dem Betrachter von der A.-Straße und aus der Blickrichtung des W.-…Parks deutlich, dass es sich nicht mehr um ein Landhaus auf einem weitläufigen Grundstück handelt, sondern dass sich im Abstand von ca. 11 m zum denkmalgeschützten Gebäude die westliche Grundstücksgrenze befindet und dass sich an das Grundstück des Antragstellers entlang der A.-Straße mehrere einzeln bebaute, nicht zum Landhaus oder seinem Garten gehörende Grundstücke anschließen. Obwohl die westlich vom Grundstück des Antragstellers gelegenen Grundstücke entlang der A.-Straße zunächst Teil des zum Landhaus gehörenden Anwesens waren, nehmen sie nach der Parzellierung und Bebauung nicht mehr am Denkmalschutz teil, sondern bilden mit ihrer offenen Wohnbebauung die gegenwärtige prägende Umgebung des Denkmals.
Der Blick auf das nach wie vor einzeln stehende Denkmal, das wegen seiner äußeren Gestaltung denkmalgeschützt ist, und seine Ausstrahlungswirkung bleiben auch angesichts des genehmigten Neubaus aufgrund seiner Ecklage aus allen öffentlich zugänglichen Blickrichtungen, nämlich von der B.-Straße ebenso wie von der A.-Straße und dem Fußgängerweg im W.-…Park ungeschmälert erhalten. Der in einer Entfernung von etwa 17 m vom Baudenkmal genehmigte Neubau tritt für den Betrachter von der B.-Straße aus hinter der Bepflanzung beider Grundstücke nur partiell ab dem Obergeschoss im Hintergrund in Erscheinung sowie vom W.-…Park aus betrachtet als etwa gleich hohe Nachbarbebauung. Das Verwaltungsgericht betont zudem zu Recht die verdeckende Wirkung der Vegetation auf dem Grundstück des Antragstellers, auf dem Vorhabengrundstück und im W.-…Park, die teilweise immergrün ist, und auf deren Erhalt der Antragsteller auf seinem Grundstück Einfluss hat. In keiner Weise bewirkt der Neubau eine Marginalisierung oder Einmauerung des Denkmals, dessen Gebäudekörper ein größeres Volumen besitzt als der des Neubaus.
Der Umstand, dass sich das Neubauvorhaben stilistisch von dem denkmalgeschützten Landhaus abhebt, führt zwar zu einem architektonischen Kontrast. Der Umgebungsschutz begründet jedoch keine Verpflichtung des Nachbarn, ein geplantes Bauvorhaben, das keine wesentliche Beeinträchtigung des Denkmals darstellt, diesem stilistisch anzupassen. Seinen historischen und stadtgeschichtlichen Aussagewert büßt ein denkmalgeschütztes Gebäude nicht schon dadurch ein, dass in seiner unmittelbaren Umgebung ein Neubau entsteht, der sich in Bezug auf sein äußeres Erscheinungsbild vom bisherigen Bestand, insbesondere vom konkreten Baudenkmal deutlich unterscheidet, wenn dadurch das Erleben und die Erfahrbarkeit der bestehenden Bausubstanz, die Gegenstand des Denkmalschutzes ist, nicht negativ beeinflusst wird [8]. Da – wie geschildert – die Ausstrahlungskraft des klassizistischen Denkmals und die Blickbeziehungen auf das Gebäude erhalten bleiben, wird seine Ausstrahlung auch im vorliegenden Fall nicht durch das modern gestaltete Nachbargebäude wesentlich beeinträchtigt.
Dass in der Umgebung des Landhauses in der B.-Straße y gegenwärtig kein benachbartes Gebäude sichtbar hinter diesem herausragt, mag dem Eindruck des denkmalgeschützten Gebäudes zu Gute gekommen, kann aber keinen Anspruch des Antragstellers auf Beibehaltung dieses Zustands und auf Abwehr des Bauvorhabens der Beigeladenen begründen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass sich das Denkmalamt der Antragsgegnerin im Jahr 1976 für eine eingeschossige Nachbarbebauung ausgesprochen hat. Allein der Umstand, dass die damaligen Eigentümer des Grundstücks A.-Straße x sich diesem Wunsch gefügt und die planungsrechtlich zulässige Geschossigkeit nicht ausgenutzt haben, führt nicht zu der Schlussfolgerung, dass allein ein eingeschossiges Gebäude auf der nördlichen Hälfte des Vorhabengrundstücks den denkmalrechtlichen Mindestschutz des Antragstellers wahrt.
Soweit der Antragsteller vorträgt, sein Grundstück sei Teil des „Ensembles Kanzleigut“ im Sinne des § 4 Abs. 3 DSchG und werde in dieser Eigenschaft wesentlich im Sinne des § 8 DSchG beeinträchtigt, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg.
Offenbleiben kann, ob das Verwaltungsgericht zu Recht die Zugehörigkeit des Grundstücks und Wohngebäudes des Antragstellers zum „Ensemble Kanzleigut“ abgelehnt hat.
Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Beschluss vom 29.07.2014 betont, dass die Eintragung des Grundstücks und Wohngebäudes in der B.-Straße y als Ensemblebestandteil nur nachrichtlich gemäß § 6 Abs. 1 DSchG erfolgt sei und dass im gerichtlichen Verfahren zu prüfen sei, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 DschG für die Erfassung als Ensemblebestandteil tatsächlich vorliegen. Insoweit hat es unter Bezugnahme auf das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16.05.2007 [9] ausgeführt, ein Ensemble im Sinne des § 4 Abs. 3 DSchG setze eine Verbindung der einzelnen Objekte durch eine übergreifende Idee bzw. ein einheitsstiftendes Merkmal voraus, die bzw. das der eigentliche „Träger der geschichtlichen Botschaft“ sei. Das Grundstück des Antragstellers leiste keinen Beitrag zum Mustergut des Barons Caspar Voght, weil es nicht zum Mustergut gehört habe, nicht der Konzeption des Gutshofs entspringe und mit den dortigen Objekten in keinem Sinnzusammenhang stehe. Soweit die Antragsgegnerin in ihrem Gutachten vom 20.06.2014 ausführe, die Zugehörigkeit des Landhauses in der B.-Straße y ergebe sich aus der historischen Gartenanlage des Landhauses, welche das Kanzleigut ummantelt und ergänzt habe, und die zu wechselseitigen Sichtbeziehungen geführt habe, sei dem nicht zu folgen. Denn zum einen sei das Grundstück des Antragstellers bereits im Jahr 1700 mit einem Landhaus bebaut gewesen, das lediglich im Jahr 1828 durch den heutigen Bau ersetzt worden sei. Das Gutachten stelle zum anderen zu Recht dar, dass der historische Garten entlang der A.-Straße seit der Parzellierung und Neubebauung ab 1930 verändert worden sei und daher nicht zum Ensemble gehöre. Hinreichende Gründe für eine Zuordnung des Gebäudes des Antragstellers zum schutzwürdigen Ensemble Kanzleigut seien indes nicht erkennbar. Es fehle an dem auf das Grundstück und Wohnhaus des Antragstellers übergreifenden einheitsstiftenden Merkmal.
Der Antragsteller hält dagegen ebenso wie die Antragsgegnerin den Prüfungsansatz für zutreffend, aber die Subsumtion des Verwaltungsgerichts für verfehlt und sieht das Grundstück in der B.-Straße y als Bestandteil des „Ensembles Kanzleigut“ an. Beide vertreten die Auffassung, dass dieses Objekt nicht nur zur Umgebung des Ensembles im Sinne des § 8 DSchG gehöre, sondern dass es einen positiven Beitrag zum Denkmalwert der Gesamtanlage leiste. Der Antragsteller macht unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Architekten und Ingenieurs für Denkmalpflege F. vom 25.08.2014 geltend, nicht nur die historische Gartenanlage habe sich am Kanzleigut orientiert, sondern auch die betont zurückhaltende Gestaltung des Landhauses. Sie lehne sich im Unterschied zu anderen, in derselben Zeit errichteten Landhäusern an die Gestaltungsprinzipien der Einfachheit und Naturbezogenheit des Musterguts an. Die Orientierung an den Gestaltungsprinzipien des Kanzleiguts sei u.a. auf die persönliche Verbundenheit des damaligen Bauherren und Grundstückseigentümers Koopmann mit Baron Voght zurückzuführen und sei hinsichtlich der ehemaligen Gartenanlage noch heute durch die Privatgärten an der Nordseite der A.-Straße , die eine Übergangszone zum W.-…Park bildeten, erkennbar.
Jedenfalls mit dem Hinweis auf die ehemals am Kanzleigut orientierte Gartenanlage des Landhauses in der B.-Straße y erschüttert der Antragsteller die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht. Da die Denkmaleigenschaft der nicht zuvor konstitutiv unter Schutz gestellten unbeweglichen Objekte seit der Einführung des „ipsa-lege-Prinzips“ (normative Unterschutzstellung) im Hamburgischen Denkmalrecht, die zum 1.05.2013 erfolgt ist, unmittelbar aus dem Gesetz folgt [10], muss die ensemblebildende Eigenschaft bzw. der dem Ensemble zugutekommende Beitrag eines Objekts im Sinne des § 4 Abs. 3 DSchG zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Überprüfung (noch) erkennbar sein. Ebenso wie der Denkmalwert eines Objekts durch bauliche Veränderungen verloren gehen kann [11], kann auch ein Beitrag, den ein Objekt gegebenenfalls zu einem denkmalgeschützten Ensemble leistet, durch bauliche oder landschaftsgestalterische Maßnahmen derart in seiner Wahrnehmbarkeit leiden, dass das Objekt nicht mehr als Bestandteil des Ensembles angesehen werden kann. Da die möglicherweise an das Kanzleigut angelehnte ehemalige Gartenanlage des Landhauses des Antragstellers nicht mehr in ihrer ursprünglichen Gestalt vorhanden, sondern parzelliert und bebaut ist, kann sie diesen Beitrag gegenwärtig nicht mehr leisten. Der Umstand, dass die Bebauung nicht aus jedem Blickwinkel erkennbar ist, führt nicht dazu, dass die neu entstandenen Einzelgärten trotz der baulichen und gartengestalterischen Veränderungen als fortbestehende historische Gartenanlage des Landhauses in der B.-Straße y anzusehen sind. Es fehlt auch deshalb an der fortbestehenden sichtbaren gestalterischen Anlehnung an das Kanzleigut, weil dessen historische Form der Landschaftsgestaltung ebenfalls nicht mehr existiert. Allein der Umstand, dass die Flächen der ehemaligen Gartenanlage des Landhauses B.-Straße y teilweise und der angrenzende W.-…Park unbebaut sind, kann angesichts der jeweiligen Umgestaltungen keine erkennbare Ensemblezugehörigkeit begründen.
Ob die vom Antragsteller geltend gemachte, nach wie vor wahrnehmbare einfache Gestaltung des Landhauses selbst ausreicht, um in Verbindung mit seiner räumlichen Nähe zum „Ensemble Kanzleigut“ einen wahrnehmbaren, positiven Beitrag zur übergreifenden Idee zu erkennen oder ob es sich vielmehr um ein lediglich als Einzeldenkmal schutzwürdiges, benachbartes Landhaus derselben Epoche handelt, kann vorliegend jedoch dahinstehen.
Selbst wenn das Grundstück des Antragstellers – wie von diesem und von der Antragsgegnerin angenommen – als Bestandteil des „Ensembles Kanzleigut“ anzusehen ist, ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das einen Anspruch des Antragstellers auf behördliches Einschreiten nach §§ 13 Abs. 2, 8 DSchG abgelehnt hat, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn die für einen etwaigen Anspruch auf behördliches Einschreiten auf jeden Fall erforderliche wesentliche Beeinträchtigung des Ensembles im Sinne des § 8 DSchG durch den genehmigten Neubau liegt nicht vor. Maßgeblich für einen Abwehranspruch ist insoweit, dass der Beitrag, den gerade das Eigentumsobjekt des Antragstellers zum Ensemble leistet, in seiner Wahrnehmbarkeit wesentlich beeinträchtigt ist. Denn der denkmalrechtliche Drittschutz, der dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG entspringt [12], erstreckt sich nicht zwangsläufig auf den gesamten räumlichen Bereich des Ensembles [13], so dass allein objektiv-rechtliche Beeinträchtigungen des Ensembles ohne Bezug zum Eigentumsobjekt desjenigen, der die Beeinträchtigung geltend macht, für einen Abwehranspruch nicht ausreichend sind. Der Beitrag des Eigentumsobjekts zum Ensemble ist dann in seiner Wahrnehmbarkeit wesentlich beeinträchtigt, wenn das Objekt als solches nicht mehr oder nur wesentlich eingeschränkt wahrnehmbar ist oder wenn ein neues Bauvorhaben den räumlichen Zusammenhang zwischen ihm und den weiteren Bestandteilen des Ensembles dergestalt unterbricht, dass ein Bezug des Eigentumsobjekts zu den geschützten Flächen oder Objekten des Ensembles nicht mehr oder nur noch wesentlich eingeschränkt erkennbar ist.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht der Antragsteller nicht mit Erfolg geltend. Er betont die Bedeutung der Freihaltung der Sichtachse aus der Blickrichtung der B.-Straße nach Westen über sein Grundstück hinweg zu den Einzelgärten entlang der A.-Straße und zum W.-…Park. Historische Karten zeigten die Ausrichtung der historischen Gartenanlage des Landhauses am nördlich angrenzenden Kanzleigut. Diese sei auch heute noch erkennbar, da die Grundstücke nördlich der A.-Straße nach wie vor straßennah bzw. im hinteren Grundstücksbereich nur eingeschossig bebaut worden seien. Dieser Eindruck der Zugehörigkeit werde durch eine sichtbar herausragende Bebauung auf dem Vorhabengrundstück zerstört.
Auf diese Sichtachse kommt es jedoch entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht maßgeblich und ensemblebildend an, da – wie bereits dargestellt – die historische, inzwischen maßgeblich veränderte Gartenanlage einen Beitrag zum Ensemble Kanzleigut nicht mehr vermitteln kann. Die rückwärtigen parzellierten Hausgärten lassen keinen Bezug zu den offenen Flächen eines Landschaftsparks oder zum verbliebenen Grundstück und Gebäude B.-Straße y mehr erkennen. Sie sind jeweils allein auf die Nutzung im Rahmen der jeweiligen Neubebauung ausgerichtet. Der Antragsteller macht dagegen nicht geltend, dass sein Landhaus durch das Neubauvorhaben der Beigeladenen verdeckt werde; dies ist auch nicht der Fall. Auch zu einer Unterbrechung der Sichtbeziehungen zwischen den Gebäuden oder Freiflächen des weitläufigen Ensembles Kanzleigut führt das Neubauvorhaben der Beigeladenen nicht. Sichtbeziehungen zu den dem Ensemble angehörenden Gebäuden werden nicht unterbrochen, weil diese in der fraglichen Blickrichtung von der B.-Straße in Richtung Westen auch gegenwärtig nicht bestehen. Die dem Grundstück des Antragstellers nahe gelegenen, als Ensemblebestandteil denkmalgeschützten Gebäude befinden sich überwiegend nördlich vom Grundstück des Antragstellers in parkähnlichem Gelände bzw. östlich der B.-Straße; zu einem westlich gelegenen Ensemblebestandteil an der Straße Q. besteht wie zu den Gebäuden an der J. .-Allee auch gegenwärtig durch die vorhandene Bebauung entlang der A.-Straße keine Sichtbeziehung. Die Gemeinsamkeiten der baulichen Anlagen erschließen sich vielmehr nacheinander etwa bei einem Spaziergang entlang der B.-Straße oder durch die Parkanlagen des Ensembles. Die Sichtbeziehungen zwischen dem zum „Ensemble Kanzleigut“ gehörenden W.-…Park und dem Wohnhaus des Antragstellers bleiben weitgehend erhalten, da es von verschiedenen Positionen im Park auch nach der Umsetzung des genehmigten Bauvorhabens sichtbar sein wird. Das Wohngebäude des Antragstellers behält optisch seine räumliche Nähe zum Park, neben dessen Eingang es sich befindet. Denn das Bauvorhaben der Beigeladenen bildet – von der B.-Straße betrachtet – keinen trennenden Keil zwischen dem zum Ensemble gehörenden W.-…Park und dem Landhaus, sondern wird lediglich hinter dem Landhaus am Rand des Ensembles sichtbar, wo sich die angrenzende Wohnbebauung befindet. Der Passant, der von Norden nach Süden die Bebauung entlang der B.-Straße wahrnimmt, kann daher weiterhin erkennen, dass der Neubau zur umgebenden Wohnbebauung gehört und dass im Gegensatz dazu die Bauweise des Landhauses architektonisch und stilistisch derjenigen der Bauwerke des Kanzleiguts ähnelt.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 25. September 2014 – 2 Bs 164/14
- vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 5.11.2013, 2 Bs 265/13, NordÖR 2014, 219 f. 26 m.w.N.[↩]
- OVG Hamburg, Beschluss vom 02.10.2013 – 2 Bs 283/13, NordÖR 2014, 26, 27[↩]
- vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.08.2012, BauR 2012, 1933; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 1.09.2011, DVBl.2011, 1418, 1419; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.02.2008, OVGE 29, 18, 22[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2009, BVerwGE 133, 347, 353[↩]
- vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 21.04.2010, NUR 2010, 649, 657; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.09.2012 8; BayVGH, Urteil vom 25.06.2013, 22 B 11.701 31[↩]
- vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 5.11.2013, 2 Bs 265/13 28[↩]
- vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.09.2012, OVG 10 S 21.12 11[↩]
- OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.06.2014, OVG 10 S 29.13 48; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5.03.2014, 2 M 164/13 24; Thür. OVG, Beschluss vom 30.09.2013, 1 B 366/13[↩]
- OVG Hamburg, Urteil vom 16.05.2007 – 2 Bf 298/02, NordÖR 2007, 498, 500 64–67[↩]
- vgl. Bü.-Drs.20/5703, S. 2 f.[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.2013, BauR 2014, 807; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.2012, NordÖR 2013, 369, 371[↩]
- BVerwG, Urteil vom 21.04.2009, BauR 2009, 1281[↩]
- OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 5.03.2014, 2 M 164/13 23; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.09.2009, BauR 2010, 84, 86 32; Pflüger, BauR 2011, 1597, 1602; Hornmann, NVwZ 2011, 1235, 1238[↩]
Bildnachweis:
- Scheune: TheOtherKey | CC0 1.0 Universal