Arbeitszeit und Ausgleichsanspruch für Feuerwehrbeamte

Feuerwehrbeamten, die über die europarechtlich höchstzulässige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus Dienst einschließlich Bereitschaftszeiten leisten mussten, steht ein Ausgleichsanspruch aus Treu und Glauben in Verbindung mit den gesetzlichen Mehrarbeitsvorschriften zu.

Arbeitszeit und Ausgleichsanspruch für Feuerwehrbeamte

Dieser grundsätzlich auf Freizeitausgleich gerichtete Anspruch ist auf die monatlich fünf Stunden übersteigende Zuvielarbeit und seine Geltendmachung auf den Zeitraum ab Beginn des Jahres der Antragstellung begrenzt. Aus zwingenden dienstlichen Gründen kann er sich in einen Geldanspruch in Höhe von 5/6 des Mehrarbeitsvergütungssatzes umwandeln.

Art und Umfang des diesen Feuerwehrbeamten ab dem 1. Januar 2001 daneben zustehenden europarechtlichen Schadensersatzanspruches wegen qualifizierter Verletzung von Europarecht bemisst sich nach dem nationalen Anspruch aus Treu und Glauben. Dies ist bei einem Ausgleich in Höhe von rund 42% der Zuvielarbeit mit dem europarechtlichen Effektivitätsgebot vereinbar. Der Anspruch muss nicht zeitnah geltend gemacht werden; es gelten nur die Verjährungsvorschriften. Die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 2 BGB gilt nicht für den Stillstand des Widerspruchsverfahrens.

Einsatzzeit von mehr als 48 Wochenstunden[↑]

Die Heranziehung des Feuerwehrbeamten zu einem Einsatzdienst von mehr als 48 Wochenstunden – hier vom Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg entschieden für die Zeit von Januar 1999 bis zum 31. August 2005 – ist rechtswidrig gewesen. Der beklagte Dienstherr hat gegen die Richtlinie 93/104/EG vom 23. November 19931 verstoßen, indem sie den Kläger zu weitergehender Dienstleistung herangezogen hat. Der Europäische Gerichtshof hat durch Beschluss vom 14. Juli 20052 die Anwendbarkeit der Richtlinie 89/391/EWG vom 12. Juni 19893 und der Richtlinie 93/104/EG hinsichtlich der Höchstarbeitszeit von 48 Wochenstunden für hamburgische Feuerwehrbeamte festgestellt. Seitdem ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die europäische Arbeitszeitregelung gegenüber der bislang unveränderten Regelung des § 1 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten vom 12. August 1997 – ArbzVO –4 den Vorrang genießt, letztere mithin, soweit sie mit den Richtlinien 93/104/EG und 2003/88/EG vom 4. November 20035 (Arbeitszeitrichtlinien) der EG kollidiert, nicht Anwendung finden kann6.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht dadurch, dass die Richtlinie 93/104/EG inzwischen durch die Richtlinie 2003/88/EG vom 4. November 2003 ersetzt worden ist. Inhaltlich hat sich dadurch nichts geändert. Auch nach Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88/EG darf die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreiten. Diese Richtlinie hat auch keine neue Umsetzungsfrist in Gang gesetzt. Denn ausweislich Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG wird die Richtlinie 93/104/EG unbeschadet der Pflichten der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Umsetzungsfristen aufgehoben. Die Neufassung der Richtlinie ändert mithin an den seit dem 23. November 1996 abgelaufenen Umsetzungsfristen der Richtlinie 93/104/EG nichts. Bei dieser Sachlage ist die Ansicht der Beklagten, bis zu dem Beschluss des EuGH vom 14. Juli 2005 sei § 1 Abs. 2 Satz 2 ArbzVO uneingeschränkt mit der Folge anwendbar gewesen, dass sie den Kläger zu Recht zur Arbeitsleistung von 50 Wochenstunden durchschnittlich herangezogen habe, unzutreffend. Denn schon die Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten vom 15. Dezember 1998, mit der die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit für Feuerwehrbeamte auf bis zu 50 Stunden verlängert wurde, war, soweit sie mit Art. 2 der Richtlinie 89/391/EWG und Art. 1 Abs. 3 und Art. 6 der Richtlinie 93/104/EG kollidierte, nicht anwendbar. Mithin war die Heranziehung des Klägers zu einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von mehr als 48 Stunden infolge der Änderung der Arbeitszeitverordnung von Anfang an rechtswidrig.

Pflicht zum Ausgleich[↑]

Das enge, auf Dauer angelegte (Beamten-) Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten lässt auf dem Grundsatz von Treu und Glauben beruhend in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F. eine Pflicht zum Ausgleich der rechtswidrig abgeforderten Zuvielarbeit entstehen. Die Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs ist aus dem gegenseitigen Fürsorge- und Treueverhältnis auf den Zeitraum ab dem Jahr der Antragstellung begrenzt. Der Ausgleich erfolgt grundsätzlich durch Dienstbefreiung, stehen dem zwingende Gründe entgegen, hat eine Kompensation der Dienstbefreiung in Geld zu erfolgen. Zum Umfang des Ausgleichsanspruches sind die in den Regelungen des § 76 Abs. 2 und 3 HmbBG a.F. zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Rechtsgedanken über den Ausgleich von rechtswidrig abgeforderter Mehrarbeit der Beamten heranzuziehen. Dieser Anspruch ist nicht teilweise verjährt.

Der Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben, der auch im Beamtenrecht gilt, kann in dem engen, auf Dauer angelegten Dienstverhältnis zwischen dem Beamten und dem Dienstherrn nach der jeweiligen Interessenlage gebotene Nebenpflichten begründen. Im Falle rechtswidrig über einen langen Zeitraum geforderter Zuvielarbeit ist eine kompensationslose Benachteiligung der rechtswidrig mehr beanspruchten Beamten mit dem sozialen Zweck der Arbeitszeitregelung einschließlich des Ausgleichs der Überbeanspruchung durch Dienstbefreiung nicht vereinbar. Auch wenn § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F. auf Fälle einer rechtswidrigen Heranziehung zu einer zu hohen Wochenarbeitszeit nicht entsprechend anwendbar ist, lässt sich aus der Regelung doch entnehmen, dass eine solche Überschreitung der Arbeitszeit nicht kompensationslos erfolgen soll. § 76 Abs. 2 HmbBG a.F. ist daher nach Treu und Glauben in einer Weise zu ergänzen, welche die beiderseitigen Interessen zu einem billigen Ausgleich bringt und dabei dem Sinn und Zweck der Arbeitszeitregelung gerecht wird7.

Die Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs ist aus dem gegenseitigen Fürsorge- und Treueverhältnis auf den Zeitraum ab dem Jahr der Antragstellung begrenzt.

Zur Entstehung eines Ausgleichsanspruches nach rechtswidriger Inanspruchnahme zu Zuvielarbeit bedarf es keines Antrages des Beamten. Das ergibt sich zum einen aus dem Rechtsgedanken des § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F., der eine Dienstbefreiung nach ausgleichspflichtiger Mehrarbeit von Amts wegen vorsieht. Zum anderen folgt dies aus Art. 6 der Richtlinien 93/104/EG und 2003/88/EG, die die Begrenzung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit auf 48 Wochenstunden ohne Bedingungen und Beschränkungen vorschreiben und eng begrenzte Abweichungen hiervon lediglich bei leitenden Angestellten, Familienangehörigen und im liturgischen Bereich von Religionsgemeinschaften und Kirchen tätigen Arbeitnehmer sowie bei Zustimmung des Arbeitnehmers vorsehen (Art. 17 Abs. 1, 18 RL 93/104/EG bzw. Art. 17 Abs. 1, 22 RL 2003/88/EG). Im Übrigen besteht lediglich hinsichtlich des Bezugszeitraums für die Ermittlung des Durchschnittes ein begrenzter Spielraum (Art. 16 RL 93/104/EG, Art. 16,19 RL 2003/88/EG).

Gewährt der Dienstherr die Dienstbefreiung allerdings nicht, ist die Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs aus dem wechselseitig bindenden Treueverhältnis zeitlich dadurch begrenzt, dass er zeitnah, also während des jeweils laufenden Haushaltsjahres, geltend zu machen ist. Damit folgt der Senat der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur zeitlichen Begrenzung des Anspruches auf verfassungsgemäße Alimentation von Beamten. Im Beschluss vom 22. März 19908 hat das Bundesverfassungsgericht die zeitliche Begrenzung geltend gemachter Ansprüche auf amtsangemessene Besoldung damit begründet, dass das Beamtenverhältnis ein wechselseitig bindendes Treueverhältnis sei, aus dem sich nicht nur die Verpflichtung des Dienstherrn ergebe, den Beamten amtsangemessen zu alimentieren, sondern umgekehrt auch die Pflicht des Beamten, auf die Belastbarkeit des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht zu nehmen. Die Alimentation des Beamten durch seinen Dienstherrn sei der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs. Der Beamte könne nicht erwarten, dass er aus Anlass einer verfassungsrechtlich gebotenen Besoldungskorrektur gewissermaßen ohne eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines womöglich jahrelang zurückliegenden Unterhaltsbedarfes komme, den er selbst gegenüber seinem Dienstherrn zeitnah nicht geltend gemacht habe. Die Alimentation des Beamten erfolge aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln. Der Haushaltsplan unterliege regelmäßig der jährlich parlamentarischen Bewilligung, er werde nach Jahren getrennt durch das Haushaltsgesetz festgestellt. Auch dies spreche gegen die Annahme einer verfassungsrechtlichen Pflicht zu einem alle Beamten erfassenden Ausgleich für in der Vergangenheit erfolgte Verletzungen der Alimentationspflicht durch Inanspruchnahme gegenwärtig verfügbarer Haushaltsmittel. An dieser Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24. November 1998 (BVerfGE 99, S. 300) ausdrücklich festgehalten. Sie ist auf Fälle der vorliegenden Art zu übertragen.

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Denn der Schutz der Gesundheit und Sicherheit durch Einhaltung der Regeln zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit liegt im jeweils gegenwärtigen Interesse des Beamten und darauf richtet sich eine jeweils gegenwärtige Pflicht des Dienstherrn. Nur eine zeitnahe Dienstbefreiung kann das durch Zuvielarbeit abgesenkte Schutzniveau nachträglich verbessern. Für die Dienstbefreiung sind, wenn die Beamten, wie vorliegend die Feuerwehrbeamten im Einsatzdienst, zu unaufschiebbarer Dienstleistung benötigt werden, zusätzliche Beamte und damit zusätzliche Haushaltsmittel erforderlich. Der Beamte muss auf die Belastbarkeit des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht nehmen9. Daher ist er gehindert, einen Ausgleich für Jahre zurückliegende Zuvielarbeit ohne zeitnahe Antragstellung einzufordern.

Daran ändert der Umstand nichts, dass das Unionsrecht einer nationalen Regelung entgegensteht, die den Anspruch eines im öffentlichen Sektor beschäftigten Arbeitnehmers auf Ersatz des Schadens, der ihm durch den Verstoß der Behörden gegen Art. 6 b der Richtlinie 2003/88/EG entstanden ist, davon abhängig macht, dass zuvor ein Antrag auf Einhaltung dieser Bestimmung bei seinem Arbeitgeber gestellt wurde10. Die Beklagte war, wie oben ausgeführt, verpflichtet, die zu Gunsten des Klägers unmittelbar wirksame Arbeitszeitrichtlinie zu beachten. Eines Antrags des Klägers hierfür bedurfte es nicht. Wenn sie gleichwohl dagegen verstoßen hat, ist der aus Treu und Glauben in Ergänzung des § 78 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F. erwachsene Ersatzanspruch für die rechtswidrig geleistete Zuvielarbeit, der von dem Anspruch auf Einhaltung der Höchstarbeitszeit zu unterscheiden ist, ebenso wie der Anspruch auf verfassungskonforme Alimentation nationalrechtlich aus dem gegenseitigen Treueverhältnis auf den Zeitraum ab dem Antrag auf Ausgleich der Zuvielarbeit beschränkt.

Form des Ausgleichs[↑]

Der Ausgleich der berücksichtigungsfähigen Zuvielarbeit erfolgt grundsätzlich durch Dienstbefreiung. Stehen dem zwingende Gründe entgegen, hat die Kompensation in Geld zu erfolgen.

Die Rechtswidrigkeit der Inanspruchnahme des Klägers über eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus beruht auf der Nichtbeachtung der Arbeitszeitrichtlinie, die den Schutz der Sicherheit der Arbeitnehmer und ihrer Gesundheit infolge der Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit bezweckt. Dieser Schutzweck kann wirksam nur durch Freizeitausgleich von geleisteter Zuvielarbeit gewahrt werden. In dem besonderen beamtenrechtlichen Treue- und Fürsorgeverhältnis entspricht es daher dem beiderseitigen Interesse, Überbeanspruchung durch Zuvielarbeit mit Freizeit auszugleichen. Das Ziel, infolge Mehrarbeit aufgetretene Beanspruchung von Beamten möglichst mit Freizeitausgleich und damit nachträglicher Erholungsmöglichkeit zu kompensieren, liegt auch der Regelung des § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F.11 zugrunde, der für angeordnete Mehrarbeit von mehr als fünf Stunden pro Monat entsprechende Dienstbefreiung im Umfang der geleisteten Mehrarbeit innerhalb von drei Monaten vorsah. Ein primärer, auf Geld gerichteter Ausgleichsanspruch scheidet daher aus.

Dies gilt allerdings nicht ausnahmslos. Wie dem Regelungsgehalt des § 76 Abs. 3 HmbBG a.F. zu entnehmen ist, kann der Dienstherr den auf Dienstbefreiung gerichteten Anspruch zum Ausgleich von Mehrarbeit unter engen Voraussetzungen durch Mehrarbeitsvergütung ersetzen. Die Zahlung einer Mehrarbeitsvergütung setzt voraus, dass die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist. Der darin zum Ausdruck kommende, bei zwingenden dienstlichen Gründen entstehende Vorrang der zeitlich uneingeschränkten Dienstwahrnehmung durch den Beamten ist ebenso Ausfluss des Treueverhältnisses, wie andererseits der dann erforderliche finanzielle Ausgleich dem engen, auf Dauer ausgerichteten besonderen beamtenrechtlichen Dienstverhältnis geschuldet ist. Für den aus Treu und Glauben in Ergänzung des § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F. erwachsenden Ausgleichsanspruch für Zuvielarbeit ist dieser Rechtsgedanke heranzuziehen. Auch hierbei können zwingende dienstliche Interessen dem gebotenen Ausgleich der Zuvielarbeit mit Hilfe von Dienstbefreiung entgegenstehen. Das gilt jedenfalls dann, wenn, wie hier, die unter Verstoß gegen die Arbeitszeitrichtlinie verlangte Zuvielarbeit nicht mehr in einiger zeitlicher Nähe durch Freizeitzeitausgleich kompensiert wird, sondern die Durchsetzung des Ausgleichsanspruches erst mit jahrelanger Verspätung gelingt. Treu und Glauben und das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Beamtenverhältnis gebieten es dann, dass der Beamte einen Ersatz für die ihm wegen vorheriger Zuvielarbeit zustehende Dienstbefreiung erhält.

Zwingende dienstliche Gründe können in einer erheblichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes liegen. Eine solche ist gegeben, wenn die Dienstbefreiung wichtige Belange der Allgemeinheit gefährdet oder gar in schädigender Weise stört12. Solche zwingenden dienstlichen Gründe hat die Beklagte mit ihrer Anschlussberufung geltend gemacht. Sie hat überzeugend unter Hinweis auf die ohnehin bestehende Unterbesetzung der Feuerwehr zwischen 8,45 und 11,1 % dargelegt, dass die Gewährung von Freizeitausgleich für die Beamten des Einsatzdienstes der Feuerwehr in Hamburg, die Zuvielarbeit geleistet hätten, den Sicherheitsstandard bei der Feuerwehr absenken würde. Dies könne auch nicht durch zusätzlich eingestelltes Personal ausgeglichen werden, weil das Einstellungsverfahren und die notwendige Ausbildungszeit einer kurzfristig vorzunehmenden Personalaufstockung entgegenstünde.

Umfang des Ausgleichsanspruchs[↑]

Zum Umfang des Ausgleichsanspruches sind die in den Regelungen des § 76 Abs. 2 und 3 HmbBG a.F. zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Rechtsgedanken über den Ausgleich von rechtswidrig abgeforderter Mehrarbeit der Beamten heranzuziehen. Demzufolge ist Dienstbefreiung nur insoweit zu gewähren, als die berücksichtigungsfähige Zuvielarbeit monatlich 5 Stunden übersteigt. Damit ist der Anspruch auf Dienstbefreiung auf 42,5023 % der im berücksichtigungsfähigen Zeitraum tatsächlich erbrachten Zuvielarbeit begrenzt. Soweit der Gewährung von Freizeitausgleich zwingende Gründe entgegenstehen, kann der als Ersatz dafür zu gewährende finanzielle Ausgleich in Anlehnung an die in der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte vorgesehenen Stundensätze erfolgen.

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Die gegenseitigen Interessen sind auch bei der Berechnung des Umfangs des Ausgleichsanspruches zu berücksichtigen. Ein Ausgleich, dessen Umfang der Dauer des geleisteten Zusatzdienstes entspricht, ist bei Kompensierung einer rechtswidrig angeordneten regelmäßigen Dienstzeit nicht angemessen. Zur Gewährung eines derart bemessenen Ausgleichs, wie ihn § 76 Abs. 2 HmbBG a.F. gerade bei Mehrarbeit von mehr als 5 Stunden im Monat vorsieht, kann es, da Mehrarbeit nur in Ausnahmefällen und nur als zeitlich eng begrenzte Maßnahme angeordnet werden darf, nur ausnahmsweise kommen. Denn wenn die Mehrarbeit weniger als 5 Stunden im Monat beträgt, kann der Dienstherr die Beamten dazu heranziehen, ohne hierfür einen Ausgleich zu gewähren. Bei der Heranziehung zu einem Zusatzdienst, der rechtswidrig gefordert wurde, weil die regelmäßige Wochenarbeitszeit fehlerhaft festgesetzt worden ist, erscheint deshalb eine Dienstbefreiung als angemessen, die ebenso lang ist wie die Zeit, die der Beamte allmonatlich insgesamt über die ohne Ausgleich höchstzulässige Mehrarbeit von 5 Stunden pro Monat hinaus gearbeitet hat13. Dem steht die Erwägung des Klägers, es könne nicht angehen, dass einerseits die Vorschriften über die Mehrarbeit keine Anwendung fänden, weil die Voraussetzungen nicht vorlägen, andererseits gleichwohl diese Vorschriften zu Lasten des Beamten angewandt würden, nicht entgegen. Denn der aus Treu und Glauben entwickelte Anspruch auf Freizeitausgleich wegen unrechtmäßiger Inanspruchnahme von Beamten zur Zuvielarbeit ist gerade in Ergänzung des § 76 Abs. 2 HmbBG a.F. entwickelt worden. Er zielt auf einen billigen Ausgleich der Interessen und schließt deshalb einen Ausgleich der Interessen nach Treu und Glauben und damit auch eine entsprechende Anwendung der Kompensationsgrenze bei Mehrarbeit von 5 Stunden pro Monat nicht aus. Es entspricht dann Treu und Glauben, dass für die Bemessung des zeitlichen Umfangs der Dienstbefreiung zwar einerseits die rechtswidrig geleistete Zuvielarbeit in dem tatsächlich erbrachten Umfang zugrunde gelegt wird, ohne zwischen Bereitschaftsdienst und Vollarbeitszeit zu differenzieren. Denn sowohl die Zeiten voller dienstlicher Inanspruchnahme als auch die Bereitschaftszeiten sind Arbeitszeit. Andererseits sind von der erbrachten Zuvielarbeit aber Zeiten abzuziehen, die nach den gesetzlichen Intention, wie sie in § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F. zum Ausdruck gekommen ist, von Beamten ohne Ausgleich zusätzlich geleistet werden müssen.

Damit ist der Anspruch auf Dienstbefreiung auf 42,5023 % der im berücksichtigungsfähigen Zeitraum tatsächlich erbrachten Zuvielarbeit begrenzt.

Die individuelle Zeit der Zuvielarbeit wird unter Berücksichtigung der an der durchschnittlichen Arbeitszeit orientierten Arbeitszeit ermittelt, so dass Urlaubs- und Krankheitszeiten ebenso neutral sind (vgl. Art. 16 Abs. 2 bzw. lit b der RL 93/104/EG bzw. 2003/88/EG), bei der Berechnung also nicht berücksichtigt werden, wie Zeiten, die der Beamte außerhalb des Einsatzdienstes tätig war. Die solcherart ermittelten Zeiten der Zuvielarbeit sind angesichts der Bezugszeiträume, die sich über mehrere Monate erstrecken, keinen konkreten Kalendermonaten zuzuordnen, sondern der gesamten Dauer des berücksichtigungsfähigen Zeitraums. Die sich aus dem Rechtsgedanken des § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F. ergebende Begrenzung des Ausgleiches auf die ohne Ausgleich höchstzulässige Mehrarbeit von fünf Stunden pro Monat kann daher ebenso wenig bestimmten einzelnen Kalendermonaten zugeordnet werden. Damit entfällt aber nicht die im Rahmen des Interessenausgleiches erforderliche Begrenzung des Ausgleichsanspruches. In gleicher Weise wie bei der Ermittlung der Zuvielarbeit bleiben bei der Ermittlung der davon abzuziehenden, nicht ausgleichspflichtigen Stunden die Urlaubs- und Krankheitszeiten und die Arbeitszeiten, die außerhalb des Einsatzdienstes eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von weniger als 48 Stunden umfassten, neutral, werden also in die Berechnung nicht einbezogen. Bleiben dieselben Zeiträume sowohl bei der Ermittlung der tatsächlich geleisteten Zuvielarbeit als auch bei der Feststellung der kompensationsfreien Zuvielarbeit unberücksichtigt, entspricht der gesamte kompensationspflichtige Teil der tatsächlichen Zuvielarbeit demselben Prozentsatz wie dem, der in einem einzelnen Monat ohne Unterbrechung im Einsatzdienst angefallen wäre. Bei einer Zuvielarbeit im Umfang von 2 Stunden pro Woche wurden unter Zugrundelegung von 365,25 Tagen pro Jahr und 7 Tagen pro Woche und damit 4,348 Wochen im Monat 8,696 Stunden zuviel gearbeitet. Der Abzug von monatlich fünf Stunden kompensationsfreier Zuvielarbeit entspricht 57,4977 % der 8,696 Stunden Zuvielarbeit, so dass 42,5023 % der tatsächlich geleisteten Zuvielarbeit auszugleichen sind.

Der finanzielle Ausgleich für eine aus zwingenden Gründen nicht mögliche Dienstbefreiung erfolgt in Anlehnung an die Sätze für die Mehrarbeitsvergütung, die die Anlage 8 des Hamburgischen Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2009/2010 vom 16. Juni 200914 in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Februar 201015 für die Zeit ab März 2010 festsetzt. Denn der Ausgleich ersetzt die aus zwingenden Gründen nicht mögliche zukünftige Dienstbefreiung und nicht die in der Vergangenheit liegende Zuvielarbeit. Der hierfür erforderliche Betrag orientiert sich an Gegenwartswerten. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass die in der oben bezeichneten Anlage 8 aufgeführten Beträge Mehrarbeitsvergütung auf der Basis einer regulären Dienstzeit von durchschnittlich 40 Stunden pro Wochen betreffen. Der Einsatzdienst des Klägers umfasst dagegen eine wöchentliche Arbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden. Dies ist bei dem aus Treu und Glauben erwachsenen Anspruch zu berücksichtigen und führt zu einer proportionalen Verminderung des Stundensatzes um 1/6.

Verjährung des Ausgleichsanspruchs[↑]

Weder der Anspruch auf Freizeitausgleich noch der diesen ersetzende Anspruch auf Geldausgleich war gemäß § 197 BGB a.F. als Besoldungsanspruch oder Anspruch auf wiederkehrende Leistungen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung des Verjährungsrechts am 1. Januar 2002 durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 200116 der vierjährigen Verjährung mit der Folge unterworfen, dass die Verjährung von vor dem 1. Januar 2002 entstandenen Ansprüchen gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB nach bisherigem Recht zu beurteilen war, wenn die Verjährung nach altem Recht eher eintrat. Denn bei dem Anspruch handelt es sich nicht, was Voraussetzung für die Annahme einer vierjährigen Verjährungsfrist gemäß § 197 BGB a.F. gewesen wäre17, um einen Anspruch, der von vornherein nach Maßgabe eines zugrundeliegenden einheitlichen, auf Gesetz oder Vertrag beruhenden Rechtsverhältnisses (Stammrecht) auf eine zu fest bestimmten Terminen regelmäßig wiederkehrende Leistung gerichtet ist. Der auf Treu und Glauben beruhende Ausgleichsanspruch ist ein einmaliger, wegen der Rechtswidrigkeit der Zuvielarbeit zu gewährender Ausgleichsanspruch. Damit haben auf Freizeitausgleich wegen Zuvielarbeit gerichtete Ansprüche bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. von 30 Jahren unterlegen. Diese Frist ist gemäß des hier entsprechend auf öffentlich-rechtliche Ersatzansprüche des Klägers heranzuziehenden Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 Satz 1 EGBGB auf die ab dem 1. Januar 2002 gemäß § 195 BGB geltende regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren, beginnend am selben Tage, verkürzt worden. Diese Verjährungsfrist war zum Zeitpunkt der Klagerhebung noch nicht abgelaufen.

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Die dreijährige Verjährungsfrist war rechtzeitig gehemmt. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 23. März 2001 den Antrag gestellt hatte, den Bereitschaftsdienst als Mehrarbeit anzuerkennen und die Mehrarbeit durch Freizeit oder entsprechende Besoldung auszugleichen und anschließend im April 2001 Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid eingelegt hatte, war die Verjährung gemäß § 210 BGB a.F. unterbrochen worden18. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB hat das bei Inkrafttreten der neuen Verjährungsregelungen am 1. Januar 2002 dazu geführt, dass die Unterbrechung einer laufenden Verjährungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2001 als beendet und die neue Verjährung mit dem Beginn des 1. Januar 2002 als gehemmt gilt. Da die Frist der neuen, dreijährigen Verjährungsfrist am selben Tage zu laufen begann (Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB), endet die Verjährungsfrist 3 Jahre nach Ende ihrer Hemmung.

Die Hemmung der Verjährung dauert an. Entgegen der Ansicht der Beklagten endete die Hemmung der Verjährung nicht wegen Stillstands des Widerspruchsverfahrens nach § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB 6 Monate nach Beginn der Hemmung (am 1. Januar 2002), also am 30. Juni 2002. Allerdings hatten beide Beteiligte das Widerspruchsverfahren explizit nicht weiter betrieben. Der Kläger hatte eine Widerspruchsbegründung nicht eingereicht und die Beklagte hatte mit Tagesanordnung vom 27. März 2001 angekündigt, die Bearbeitung der Widersprüche gegen die Bescheide zur Anerkennung der Bereitschaftszeit als Arbeitszeit zurückzustellen, bis eine endgültige Klärung erfolgt sei. Auch wenn die Beklagte daher mit Recht von einem Stillstand des Widerspruchsverfahrens spricht, ist § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht analog auf das Widerspruchsverfahren anwendbar. Zwar lässt § 75 VwGO nach dreimonatiger Untätigkeit der Widerspruchsbehörde die Untätigkeitsklage zu. Eine nach außen als untätig erscheinende Widerspruchsbehörde muss aber keineswegs untätig sein, sondern kann, wie § 75 Satz 3 VwGO zeigt, durchaus aus zureichendem Grund über den Widerspruch noch nicht entschieden haben. Sie hat von Amts wegen den Sachverhalt zu erforschen (§ 24 VwVfG), der Beibringungsgrundsatz des Zivilrechts gilt hier nicht. Hat es der Widersprechende mithin nicht in der Hand, den Fortgang des Widerspruchsverfahrens zu fördern, kann er das Verfahren auch nicht „betreiben“19. Eine einseitige Beendigung der Hemmung der Verjährung durch die Beklagte, indem sie ihren Willen zur Untätigkeit im Widerspruchsverfahren kundtut, ist schon nach den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB deshalb nicht möglich, weil die Beklagte zu rechtmäßigem Tun und damit auch zur Bescheidung des Widerspruchs verpflichtet ist, das Verfahren mithin betreiben muss. Somit war die Hemmung der Verjährung zum Zeitpunkt der Klagerhebung am 26. Januar 2007 nicht beendet und ist der Anspruch des Klägers nicht teilweise verjährt.

Schadensersatzanspruch nach nationalem Recht[↑]

Auf der Grundlage nationalen Rechts bestehen darüber hinaus keine weitergehenden Ansprüche auf Ausgleich der Zuvielarbeit. Für einen Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung fehlt es an der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen. Ein Schadensersatzanspruch setzt das Vorliegen eines ausgleichsfähigen (materiellen) Schadens voraus, an dem es hier fehlt. Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Erstattung der durch die Zuvielarbeit des Klägers ersparten Besoldung besteht nicht. Aus der Fürsorgepflicht der Beklagten lassen sich keine weitergehenden Ansprüche auf finanziellen Ausgleich für die Zuvielarbeit herleiten.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers aus § 1 der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte20 – BMVergV – sind nicht erfüllt. Diese Verordnung fand gemäß § 76 Abs. 3 HmbBG a.F. dann Anwendung, wenn die eigentlich erforderliche Dienstbefreiung nach dienstlich angeordneter oder genehmigter Mehrarbeit aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich war. Vorliegend fehlt es bereits an einer dienstlich angeordneten Mehrarbeit. Denn die Beklagte hat eine solche Mehrarbeitsanordnung nicht erlassen. Ihre Anordnung über die Dienstleistungspflicht von Feuerwehrbeamten während durchschnittlich 50 Wochenstunden stellt keine solche Mehrarbeitsanordnung dar. Denn die Beklagte hat damit die regelmäßige Arbeitszeit der Feuerwehrbeamten geregelt. Eine nachträgliche Genehmigung der Zuvielarbeit als Mehrarbeit ist nicht zulässig. Denn Mehrarbeit musste sich nach § 76 Abs. 2 Satz 1 HmbBG a.F. auf Ausnahmefälle beschränken. Hier war die angeordnete Zuvielarbeit nicht auf Ausnahmefälle beschränkt, sondern in den Jahren 1999 bis 2005 als Regelarbeitszeit vorgesehen.

Ein Schadensersatzanspruch setzt das Vorliegen eines ausgleichsfähigen materiellen Schadens voraus, an dem es hier fehlt. Denn dem Kläger ist mit der Zuvielarbeit zwar ein Verlust an Freizeit, nicht aber ein Schaden im Sinne des Schadensersatzrechts entstanden. Für beamtenrechtliche Schadensersatzansprüche ist der Schadensbegriff maßgebend, der den §§ 249 ff. BGB zugrunde liegt21. Danach ist mangels besonderer Vorschriften Geldersatz nur bei einem Vermögensschaden, nicht bei einem immateriellen Schaden zu leisten. Der Aufwand an Zeit und Arbeitskraft zur Leistung des zusätzlichen Dienstes und der damit verbundene Verlust an Freizeit als solcher ist kein durch Geld zu ersetzender materieller Schaden22.

Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Erstattung der durch die Zuvielarbeit des Klägers ersparten Besoldung besteht nicht. Einem solchen Anspruch steht die strikte Gesetzesbindung der Besoldung (§ 2 Abs. 1 BBesG) entgegen23. Zwar begehrt der Kläger nicht unmittelbar die Vergütung der Zuvielarbeit, sondern die Herausgabe der Bereicherung der Beklagten, die diese durch die Zuvielarbeit des Klägers erfahren habe. Der Kläger kann nicht darauf verwiesen werden, dass er deshalb nicht ohne Rechtsgrund gearbeitet habe, weil das zugrunde liegende Beamtenverhältnis unverändert bestanden habe. Denn wenn, wie oben dargestellt, die Beklagte nicht berechtigt war, von dem Kläger längere regelmäßige Arbeitsleistungen als durchschnittlich 48 Stunden pro Woche zu verlangen, beruht die darüber hinaus verlangte Arbeitsleistung von 2 Stunden wöchentlich nicht auf einer allgemeinen Verpflichtung des Klägers zu voller dienstlicher Hingabe. Die Arbeitszeitrichtlinie begrenzt gerade im Interesse auch der Beamten und damit des Klägers die wöchentliche Arbeitszeit auf durchschnittlich 48 Stunden einschließlich der Überstunden (und damit auch einschließlich etwa angeordneter Mehrarbeit) und verbietet es der Beklagten, darüber hinausgehende Dienstleistungen zu fordern. Auch wenn, wie der Kläger darlegt, die Beklagte durch die Zuvielarbeit des Klägers Aufwendungen für die Beschaffung entsprechender Arbeitsleistungen durch einen anderen Beamten erspart hat, begehrt der Kläger aber in der Sache eine zusätzliche Bezahlung seiner im Rahmen des Beamtenverhältnisses erbrachten Arbeitsleistungen. Damit ist das Begehren von § 2 Abs. 1 BBesG erfasst, der für Besoldungsleistungen den Gesetzesvorbehalt statuiert. Fehlt es wie im Falle unrechtmäßig verlangter und erbrachter Zuvielarbeit an einer gesetzlich vorgeschriebenen Vergütungsregelung, steht dies einer entsprechenden Anwendung bereicherungsrechtlicher Vorschriften entgegen.

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Aus der Fürsorgepflicht der Beklagten lassen sich keine weitergehenden Ansprüche auf finanziellen Ausgleich für die Zuvielarbeit herleiten. Aus der auf § 84 HmbBG a.F. gegründeten Fürsorgepflicht der Beklagten gegenüber ihren Beamten lässt sich ein Zahlungsanspruch zum Ausgleich der rechtswidrig angeordneten Zuvielarbeit im Einsatzdienst der Feuerwehr nicht gründen. Aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergeben sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann Leistungsansprüche der Beamten, wenn anderenfalls die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre24. Daran fehlt es vorliegend. Allein aus dem Umstand, dass die Anordnung von Zuvielarbeit zu einer Verletzung von Arbeitsschutzvorschriften geführt hat, lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass damit die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt ist. Es kommt vielmehr darauf an, ob und in welchem Maße die Verletzung der Arbeitschutzvorschriften zu Gefährdungen oder gar Schädigungen des Beamten führen können oder geführt haben. Jedenfalls dann, wenn konkrete Gefährdungen oder Schädigungen durch den Verstoß gegen die Arbeitsschutzvorschriften nicht naheliegen oder gar unmittelbar drohen, stellt der Verstoß keine Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht der Beklagten dar. So liegt es hier.

Die Beklagte hat von dem Kläger nicht, was sich im Rahmen von Art. 6 Ziff. 2 der Richtlinie 93/104/EG gehalten hätte, im Durchschnitt 48 Stunden pro Woche aktiven Einsatzdienst als Feuerbeamter verlangt. Die von der Beklagten angeordnete Dienstzeit von durchschnittlich 50 Stunden Einsatzdienst beinhaltete nach dem Bericht der Untersuchung der Arbeitsbelastung an den Feuer- und Rettungswachen vom 30. Juni 1998 zwischen 43,71 % und 50,39 % an Einsatzbereitschaftsdienstzeit, also Zeiten, in denen die Beanspruchung der Beamten deutlich reduziert war. Angesichts des hohen Anteils der Bereitschaftsdienste konnten diese Zeiten teilweise sogar zur Erholung genutzt werden. Zwar bringen, worauf der Kläger mit Recht hinweist, die Aufgaben von Feuerwehrbeamten im Einsatzdienst teilweise in besonderem Maße physische und psychische Belastungen mit sich. Auch gebietet es die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht, dies bei Art und Umfang der Dienstzeit und Aufgabenzuweisung zu berücksichtigen. Die Gefahr einer Überlastung oder Schädigung der Beamten durch Anordnung der Zuvielarbeit bestand allerdings nicht. Denn nicht nur die Zeiten der Zuvielarbeit, sondern auch die sonstigen Dienstzeiten bestanden regelmäßig zu einem erheblichen Anteil aus Bereitschaftsdienst ohne die Heranziehung zur Dienstleistung.

Unionsrechtlicher Schadensersatzanspruch[↑]

Aus den Richtlinien 93/104/EG und 2003/88/EG ergibt sich kein Anspruch auf Geldersatz bei einem Verstoß gegen Regelungen zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit. Dies folgt aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Richtlinien. Ihr Zweck ist es, einen wirksamen Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten25. Vorschriften zur finanziellen Vergütung treffen die Richtlinien ausschließlich im Zusammenhang mit den Regelungen zum Jahresurlaub26. Die Erwägungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in dieser Entscheidung zur Abgeltung des Urlaubsanspruches lassen sich nicht auf die Fälle der Zuvielarbeit übertragen. Es besteht ein systematischer Unterschied zwischen dem Anspruch auf Mindesturlaub, wie ihn Art. 7 Abs. 1 der RL 93/104/EG (2003/88/EG) statuiert und der Verpflichtung aus Art. 6 Nummer 2 der RL 93/104/EG (Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG), die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, dass die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet. Art. 7 Abs. 1 der RL 93/104/EG (2003/88/EG) ist dahin zu verstehen, dass sich aus der Richtlinie selbst und unmittelbar der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ergibt und die Umsetzung nur die Art und Weise der Durchführung des bezahlten Jahresurlaubs betrifft27. Art. 7 Abs. 2 der RL 93/104/EG (2003/88/EG) sieht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausnahmsweise einen Ersatz durch finanzielle Vergütung vor. Abweichungen von Art. 7 RL 93/104/EG lässt Art. 17 RL 93/104/EG nicht zu. Art. 6 RL 93/104/EG (2003/88/EG) sieht als Ersatz für nicht eingehaltene Frei- und Ruhezeiten dagegen keine Möglichkeit der finanziellen Vergütung vor. Der Bezugszeitraum für die Festlegung der wöchentlichen Höchstarbeit und damit auch der Zeitraum, in dem Arbeitszeiten über 48 Stunden pro Siebentageszeitraum ausgeglichen werden müssen, beträgt nach Art. 16 Nr. 2, Art. 17 Abs. 2 bis 4 RL 93/104/EG (2003/88/EG) höchstens zwölf Monate. Darauf hat der Einzelne aus diesen Vorschriften einen Anspruch28. Ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich für über die wöchentliche Höchstarbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit ist in der Richtlinie selbst nicht angelegt.

Unionsrechtlicher vs. nationaler Schadensersatzanspruch[↑]

Der europarechtliche Schadensersatzanspruch geht nicht über den nach nationalem Recht zu gewährenden Ersatz hinaus.

Zum Ausgleich des Nachteils, der durch den Verstoß gegen das Unionsrecht eingetreten ist, hat der Kläger einen europarechtlichen Entschädigungsanspruch. Dessen Voraussetzungen sind erfüllt . Art und Umfang des Entschädigungsanspruches richten sich nach nationalem Recht. Danach hat der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Freizeitausgleich, der nur ausnahmsweise durch Geldleistungen ersetzt werden kann. Art und Umfang des Schadensersatzes verletzen die europarechtlichen Grundsätze der Angemessenheit und Effektivität nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist dem System der Verträge, auf denen die Union beruht, der Grundsatz der Haftung des Staates für Schäden zu entnehmen, die dem Einzelnen durch dem Staat zuzurechnende Verstöße gegen das Unionsrecht entstehen29. Voraussetzung für die Haftung ist, dass zum einen die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt , zum anderen der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist, und zum Dritten zwischen diesem Verstoß und dem dem Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht30. Ein darüber hinausgehendes Verschulden der Beklagten für den Verstoß gegen Unionsrecht ist nicht erforderlich.

Es unterliegt keinen ernsthaften Zweifeln, dass Art. 6 der Richtlinien 93/104/EG und 2003/88/EG den Arbeitnehmern Rechte verleihen, die diese gegenüber den Mitgliedsstaaten geltend machen können.

Der oben festgestellte Verstoß gegen die Richtlinien ist hinreichend qualifiziert. Die Beklagte hat seit dem 1. Januar 2001 die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes verkannt.

Ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ist hinreichend qualifiziert, wenn der Mitgliedstaat bei der Wahrnehmung seiner Rechtsetzungsbefugnis die Grenzen offenkundig und erheblich überschritten hat, die der Ausübung seiner Befugnisse gesetzt sind. Wenn der Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nur über einen erheblich verringerten oder gar auf Null reduzierten Gestaltungsspielraum verfügte, kann die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen. Um festzustellen, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß vorliegt, sind alle Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die für den konkreten Sachverhalt kennzeichnend sind. Zu diesen Gesichtspunkten gehören u. a. das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, die Frage, ob der Verstoß oder der Schaden vorsätzlich begangen bzw. zugefügt wurde oder nicht, die Entschuldbarkeit oder Unentschuldbarkeit eines etwaigen Rechtsirrtums und der Umstand, dass das Verhalten eines Gemeinschaftsorgans möglicherweise dazu beigetragen hat, dass nationale Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise eingeführt oder aufrechterhalten wurden. Ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ist offenkundig qualifiziert, wenn er trotz des Erlasses eines Urteils, in dem der zur Last gelegte Verstoß festgestellt wird, eines Urteils im Vorabentscheidungsverfahren oder einer gefestigten einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, woraus sich die Pflichtwidrigkeit des fraglichen Verhaltens ergibt, fortbestanden hat31.

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Betriebsvereinbarung über Arbeitspausen

Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist davon auszugehen, dass die Beklagte mit der Anwendung § 1 Abs. 2 Satz 2 ArbzVO seit dem 1. Januar 2001 qualifiziert gegen Art. 6 der Richtlinien 93/104/EG und 2003/88/EG verstoßen hat.

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat mit vom Urteil vom 3. Oktober 200032 unmissverständlich entschieden, dass die Arbeitszeit, die von Bediensteten im Rahmen von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit des Arbeitnehmers am Arbeitsort abgeleistet wird, unter den Begriff „Arbeitszeit“ im Sinne der Richtlinien 93/104/EG und 2003/88 fällt10. Dies steht daher einer nationalen Regelung entgegen, die eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit vorsieht, die – da sie derartige Arbeitsbereitschaften und Bereitschaftsdienste umfasst – die in Art. 6 der genannten Richtlinien vorgesehene wöchentliche Höchstarbeitszeit überschreitet. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch hinsichtlich des Anwendungsbereichs der Richtlinie 93/104/EG gemäß Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG vom 12. Juni 1989 seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 kein Raum für vernünftige Zweifel, dass sich sowohl aus dem Ziel der Richtlinie 89/391/EWG, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu verbessern, als auch aus dem Wortlaut ihres Artikels 2 Absatz 1 ergibt, dass ihr Anwendungsbereich weit zu verstehen ist. Die in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 1 vorgesehenen Ausnahmen vom Anwendungsbereich sind daher eng auszulegen (EuGH, Urt. v. 3.10.2000, C-303/98, Simap, a.a.O., Rn. 34, 35). Der Wortlaut der Ausnahme des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 89/391/EWG, der sich auf spezifische Tätigkeiten im öffentlichen Dienst bezieht, lässt nur solche Tätigkeiten außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie verbleiben, die in außergewöhnlichen Situationen z.B. bei Erdbeben, Naturunglücken oder technologischen Katastrophen ausgeübt werden33. Nach Veröffentlichung der Entscheidung hätte die Beklagte unschwer erkennen können, dass § 1 Abs. 2 Satz 2 ArbzVO, soweit damit eine Einsatzdienstzeit von mehr als 48 Stunden im wöchentlichen Durchschnitt angeordnet wurde, nicht mit Art. 6 der Richtlinie 93/104/EG vereinbar ist. Auch der Europäische Gerichtshof ist in dem Urteil vom 25. November 201034 davon ausgegangen, dass die Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie auf Feuerwehrbeamte mit dem Urteil vom 3. Oktober 200035 offenkundig im Sinne des Europarechts wurde und nicht ab dem Urteil vom 5. Oktober 200436. Wenn sie gleichwohl auch nach einer gehörigen Überlegungs- und Reaktionsfrist ab dem 1. Januar 2001 an der uneingeschränkten Anwendung von § 1 Abs. 2 Satz 2 ArbzVO festgehalten hat, hat sie damit offenkundig die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 6 der Richtlinie 93/104/EG verkannt.

Zwischen dem Verstoß gegen Art. 6 der Richtlinie 93/104/EG und dem dem Kläger entstandenen Schaden besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang. Der Kläger ist statt zur zulässigen, durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden zu durchschnittlich 50 Stunden Einsatzdienst herangezogen worden und hat infolgedessen einen entsprechenden Verlust an Frei- und Erholungszeit erlitten.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union37, dass die Verpflichtung zum Ersatz der dem Einzelnen durch Verstoß gegen Unionsrecht entstandenen Schäden nicht von einer an den Verschuldensbegriff geknüpften Voraussetzung abhängig gemacht werden kann, die über den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht hinausgeht. Denn die Aufstellung einer solchen zusätzlichen Voraussetzung würde darauf hinauslaufen, dass der Entschädigungsanspruch, der seine Grundlage in der Unionsrechtsordnung findet, in Frage gestellt wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist es mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung Sache der nationalen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und das Verfahren für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der dem Einzelnen aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Daher hat der Staat die Folgen des entstandenen Schadens im Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu beheben, wobei die im Schadensersatzrecht der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten materiellen und formellen Voraussetzungen nicht ungünstiger sein dürfen als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen (Grundsatz der Gleichwertigkeit), und nicht so ausgestaltet sein dürfen, dass sie es praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, die Entschädigung zu erlangen (Grundsatz der Effektivität)38. Das nationale Recht muss nur einen angemessenen Ausgleich sicherstellen. Es widerspräche allerdings dem Grundsatz der Effektivität, von den Geschädigten zu verlangen, systematisch von allen ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch zu machen, selbst wenn dies zu übermäßigen Schwierigkeiten führen würde oder ihnen nicht zugemutet werden könnte39. Daher kann ein Ersatz des Schadens, der einem Betroffenen durch Verstoß der Behörden des Mitgliedsstaates gegen Art. 6 der Richtlinien 93/104/EG oder 2003/88 entstanden ist, nicht davon abhängig gemacht werden, dass zuvor ein Antrag auf Einhaltung dieser Bestimmungen bei seinem Arbeitgeber gestellt wurde40. Ebenso wenig ist es für einen europarechtlichen Ersatzanspruch erforderlich, dass der Beamte zeitnah einen Antrag auf Kompensation stellt.

Der dem Kläger durch den Verstoß gegen Art. 6 der Richtlinien 93/104/EG und 2003/88 entstandene Verlust an Freizeit und Erholungszeit, der seinen europarechtlich auszugleichenden Schaden darstellt, ist grundsätzlich in Form von Freizeitausgleich zu kompensieren. Im vorliegenden Fall ist der Freizeitausgleich ausnahmsweise durch Geldzahlung zu ersetzen. Hinsichtlich der nach nationalem Recht zu bestimmenden Art und Weise des Schadensausgleiches sowie der Berechnung der Anspruchshöhe wird auf die obigen Ausführungen zum Ersatzanspruch auf nationaler Rechtgrundlage verwiesen.

Die Begrenzung des europarechtlichen Anspruches auf einen Freizeitausgleich im Umfang von 42,5023 % der tatsächlich geleisteten rechtswidrigen Zuvielarbeit verletzt die europarechtlichen Anforderungen an die Angemessenheit und Effektivität des Schadensersatzes nicht.

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Die außerdienstlich erlittene Minderung der Erwerbsunfähigkeit - und der Unterhaltsbeitrag

Der Ersatz des Verlustes an Freizeit und Regenerationsmöglichkeit steht in einem angemessenen Verhältnis zu dem erlittenen Nachteil. Bei der Bemessung des Umfangs des Ausgleichsanspruches ist zu berücksichtigen, dass der dem Kläger durch den Verstoß gegen Unionsrecht erwachsene Nachteil einerseits in der übermäßigen Inanspruchnahme, andererseits in der mit dem Verlust an Freizeit verbundenen Einschränkung der Regenerationsmöglichkeit zur Erhaltung seiner Gesundheit im Umfang von durchschnittlich 2 Stunden wöchentlich bestanden hat. Deshalb ist zu beachten, dass der Kläger im Einsatzdienst nicht 50 Stunden wöchentlich aktiv tätig war. Von den wöchentlich 50 Stunden des Einsatzdienstes waren 40% bis 50% Arbeitszeit in Form des Bereitschaftsdienstes. Dies mindert die Intensität seiner Inanspruchnahme und den aus aktiver Dienstverrichtung resultierenden Bedarf an Regenerationszeiten. Der auf der Verletzung von Unionsrecht beruhende Schaden, der durch die wöchentliche Zuvielarbeit bei dem Kläger eingetreten ist, war von vornherein deutlich geringer, als er bei einer vollschichtigen aktiven Tätigkeit des Klägers über 50 Stunden wöchentlich eingetreten wäre. Darüber hinaus kann ein Freizeitausgleich, der erst nach mehreren Jahren erfolgt, der Zweckbestimmung der Arbeitszeitbegrenzung, eine Überlastung des Arbeitnehmers zu vermeiden, nur noch begrenzt genügen. Das ist bei der Beurteilung, ob der Ersatz des eingetretenen Schadens angemessen kompensiert wird, zu berücksichtigen.

Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe nicht ohne Verstoß gegen Unionsrecht verpflichtet werden können, über 48 Stunden hinaus wöchentlich Dienst zu leisten. Ein Schadensersatz, der weniger als 100 % der zuviel geleisteten Arbeitszeit ersetze, führe nachträglich faktisch zu einer Arbeitsverpflichtung über das europarechtlich zulässige Maß hinaus. Der objektive Verstoß gegen Unionsrecht durch die Heranziehung zu einer regelmäßigen Arbeitszeit von mehr als 48 Stunden wöchentlich ist oben festgestellt und zwischen den Beteiligten unstreitig. Eine nachträgliche Verpflichtung des Klägers zur europarechtswidrigen Zuvielarbeit entsteht nicht dadurch, dass der dem Kläger zustehende europarechtliche Anspruch auf Ersatz des darauf beruhenden Schadens nicht zu einem Anspruch auf Freizeitausgleich im Umfang des geleisteten Einsatzdienstes führt. Mit dem Schadensersatz werden die Nachteile angemessen kompensiert, die auf der Verletzung von Unionsrecht beruhen, nicht aber eine nachträgliche Verpflichtung zur Zuvielarbeit geschaffen.

Insbesondere, wenn zu dem zeitlichen Abstand hinzutritt, dass zwingende Gründe einem Ausgleich der geleisteten Zuvielarbeit durch Freizeitausgleich entgegenstehen, ist eine in Geld erfolgende Kompensation in dem hier vorgesehenen Umfang geeignet, die Arbeitsschutzrichtlinie und ihre Durchsetzung effektiv zu wahren und, im Falle der Verletzung, den eingetretenen immateriellen Schaden hinreichend effektiv zu ersetzen. Auch geht es nicht darum, erst über die Gewährung des Schadensersatzes die Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie durchzusetzen. Denn die Beklagte hat nach dem Beschluss des Europäischen Gerichtshof vom 14. Juli 200541 sogleich die wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit für Feuerwehrleute im Einsatzdienst von 50 auf 48 Stunden reduziert.

Auch das Äquivalenzprinzip wird nicht verletzt. Eine Schlechterstellung der Haftung für nationale Verstöße gegen europarechtliche Vorschriften im Verhältnis zur Haftung bei Verstößen gegen nationale Vorschriften liegt nicht vor. Das nationale Recht gewährt, wie oben dargelegt, dem Kläger wegen einer rechtswidrigen Inanspruchnahme zu Zuvielarbeit keine gegenüber dem europarechtlichen Schadensersatzanspruch weitergehenden Rechte.

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 09.02.2011, 1 Bf 90/08

  1. ABl. L 307 S. 18[]
  2. EuGH, Beschluss vom 14.07.2005 – C-52/04 [Personalrat der Feuerwehr Hamburg], Slg 2005, I-7111[]
  3. ABl. L 183 S. 1[]
  4. HmbGVBl. S. 408, in der Fassung vom 15.12.1998, HmbGVBl. S. 332[]
  5. ABl. L 299 S. 9[]
  6. vgl. BVerfG, Urteil vom 30.06.2009 – 2 BvE 2/08 -Lissabon- Rn. 335; BVerwG, Urteil vom 25.05.2005, NVwZ 2005, 1080, 1081[]
  7. vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.06.2009; Urteil vom 28.05.2003, ZBR 2003, 383 m.w.N.[]
  8. BVerfGE 81, 363[]
  9. vgl. BVerwG, Urteil vom 13.11.2008, ZBR 2009, 166[]
  10. EuGH, Urteil vom 25.11.2010 – C-429/09 [Fuß][][]
  11. ~ § 61 Abs. 3 HmbBG vom 15.12.2009, HmbGVBl. S. 405[]
  12. vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.04.2010, DÖD 2010, 185 m.w.N.[]
  13. vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2003, a.a.O., Beschluss vom 10.06.2009, 2 B 26/09, Rn. 9; OVG NRW, Urteil vom 07.05.2009 – 1 A 2652/07, m.w.N.; OVG Saarlouis, Urteil vom 19.07.2007 – 1 R 20/05[]
  14. HmbGVBl. S. 177[]
  15. HmbGVBl. S. 212[]
  16. BGBl. I S. 3138[]
  17. vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1982, BVerwGE 66, 251[]
  18. vgl. BVerwG, Urteil vom 09.03.1979, BVerwGE 57, 306[]
  19. vgl. zum Sozialverwaltungsverfahren BSG, Urteil vom 12.02.2004, BSGE 92,159[]
  20. vom 26. April 1992 i.d.F. der Bekanntmachung vom 03.12.1998, BGBl. I S. 3494 m.spät.Änd.[]
  21. BVerwG, Urteil vom 28.05.2003, ZBR 2003, 385[]
  22. BVerwG, Urteil vom 28.05.2003, a.a.O.[]
  23. vgl. BVerwG, Urteil vom 28.05.2003, ZBR 2003, 385, 386[]
  24. BVerwG, Urteil vom 28.05.2003, ZBR 2003, 383, 384 m.w.N.[]
  25. EuGH, Beschluss vom 14.07.2005 – C-52/04 [Personalrat der Feuerwehr Hamburg], a.a.O. Rn. 42[]
  26. vgl. EuGH, Urteil vom 20.01.2009 – C-350/06, Schultz-Hoff, Slg. 2009, I-179[]
  27. vgl. EuGH, Urteil vom 26.06.2001 – C-173/99, BECTU, Slg 2001, I-4881, Rn. 53[]
  28. EuGH, Urteil vom 03.10.2000 – C-303/98 [Simap], Slg. 2000, I-7963 Rn. 70[]
  29. vgl. EuGH, Urteile vom 19.11.1991 – C-6/90 [Francovich], Slg. 1991, I-5357, Rn. 35; vom 05.03.1996 – C-46/93 [Brasserie du pêcheur], Slg. 1996, I-1029, Rn. 31; und vom 24.03.2009 – C-445/06 [Danske Slagterier], Slg. 2009, I-0000 Rn. 19[]
  30. vgl. EuGH, Urteil vom 24.03.2009, Danske Slagterier, a.a.O. Rn. 20[]
  31. vgl. EuGH, Urteile vom 05.03.1996 [Brasserie du pêcheur], a.a.O.; und vom 13.03.2007 – C-524/04 [Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation], Slg 2007, I-2107 Rn. 118[]
  32. EuGH, Urteil vom 03.10.2000 – C-303/98, Simap, Slg. 2000, I-7963 Rn. 70[]
  33. EuGH, Urteil vom 03.10.2000 – C-303/98, Simap, a.a.O., Rn. 36 f.; Schlussanträge des Generalanwalts vom 16.12.1999 – C-303/98[]
  34. EuGH, Urteil vom 25.11.2010 – C-429/09 [Fuß], Rn. 54[]
  35. EuGH, Urteil vom 03.10.2000 – C-303/98 [Simap], a.a.O.[]
  36. EuGH, Urteil vom 05.10.2004 – C-397/01, Pfeiffer, Slg 2004 I-8835[]
  37. EuGH, Urteil vom 05.03.1996 – C-46/93 [Brasserie du pêcheur], a.a.O. Rn. 78 ff.[]
  38. vgl. EuGH, Urteile vom 24.03.2009 [Danske Slagterier], a.a.O.; vom 19.11.1991 [Francovich], a.a.O. Rn. 42 und 43[]
  39. EuGH, Urteil vom 24.03.2009 – C-445/06 [Danske Slagterier], a.a.O. Rn. 62[]
  40. EuGH, Urteil vom 25.11.2010 – C-429/09 [Fuß], Rn. 90[]
  41. EuGH, Beschluss vom 14.07.2005 – C-52/04 [Personalrat der Feuerwehr Hamburg], a.a.O.[]