Die Ausgleichszulage aus § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG umfasst auch nachträglich eintretende Verringerungen der Dienstbezüge eines Beamten, die sich aus der unterschiedlichen Entwicklung der Besoldung im Bund und in den Ländern ergeben.

Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Zahlung der Ausgleichszulage ist § 4 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzes zu Übergangsregelungen zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 09.12 2004 – RVOrgRefÜG –1. Danach ist für Beamte, die aufgrund § 3 Abs. 1 RVOrgRefÜG in den Dienst des für ihre bisherige Dienststelle zuständigen Regionalträgers der gesetzlichen Rentenversicherung übergetreten sind, § 13 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 06.08.2002 – BBesG a.F. –2 anzuwenden. Durch die danach zu gewährende Zulage werden auch Verringerungen der Dienstbezüge eines Beamten ausgeglichen, die sich aus der unterschiedlichen Entwicklung der Besoldung im Bund und in den Ländern ergeben.
In dem hier vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall stand die Klägerin als Verwaltungsamtfrau3 im Dienst der Deutschen Rentenversicherung Bund und war als Beraterin in der Außenstelle O. eingesetzt. Infolge der Organisationsreform der gesetzlichen Rentenversicherungsträger ist sie seit 1.01.2007 im Dienst der Beklagten als dem für ihre Dienststelle zuständigen Regionalträger der gesetzlichen Rentenversicherung tätig.
Die Klägerin wurde aufgrund ihrer vorangegangenen Beratertätigkeit durch das nach § 3 Abs. 4 RVOrgRefÜG erlassene Rahmenkonzept, das nicht Bestandteil dieses Gesetzes ist, zur Dienstleistung bei der Beklagten bestimmt (vgl. § 128 Abs. 4 und Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BRRG). Zum 1.01.2007 übernahm die Beklagte die Klägerin in ihren Dienst4. Dieser Übertritt fand nicht unmittelbar kraft Gesetzes statt, weil § 3 Abs. 1 und 4 RVOrgRefÜG die für eine gesetzliche Überleitung maßgeblichen Fragen, wie etwa den Zeitpunkt und das verliehene Amt, nicht abschließend normieren5. Vielmehr gehen die Beteiligten ausweislich ihrer Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Übertritt der Klägerin mit dem ihr zugegangenen Schreiben vom 05.12 2006 bewirkt werden sollte. Der Aushändigung einer Ernennungsurkunde bedurfte es hierfür nicht6.
Auf die beamten- und besoldungsrechtliche Stellung finden damit die im Bereich des neuen Dienstherrn geltenden Vorschriften Anwendung (§ 3 Abs. 1 RVOrgRefÜG i.V.m. § 129 Abs. 4 und 1 i.V.m. § 18 Abs. 4 BRRG). Die Höhe der Dienstbezüge richtet sich nach dem auch für mittelbare Landesbeamte maßgeblichen Niedersächsischen Besoldungsgesetz. Dies gilt auch dann, wenn hiermit eine Verschlechterung gegenüber den vom alten Dienstherrn gewährten Dienstbezügen verbunden sein sollte.
Verringern sich die Dienstbezüge eines Beamten, weil er aufgrund § 3 Abs. 1 RVOrgRefÜG in den Dienst eines anderen Rentenversicherungsträgers übergetreten ist, erhält er aber eine Ausgleichszulage. Nach § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG ist für diese Beamte § 13 Abs. 1 Nr. 1 BBesG a.F. anzuwenden. Der Übertritt in den Dienst des jeweiligen Regionalträgers wird damit der in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG a.F. geregelten Versetzung gleichgestellt. Deshalb muss auch die Höhe der Ausgleichszahlungen entsprechend berechnet werden, anderweitige Vorschriften hierzu sind nicht ersichtlich. Eines zusätzlichen Verweises auf die Berechnungsvorschriften in § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 5 BBesG a.F. bedurfte es angesichts der gewählten Regelungstechnik nicht7.
Die Zulagengewährung ist im Falle einer Bezügeverringerung auch eröffnet, wenn der Beamte in ein Amt mit demselben Endgrundgehalt übergetreten ist. Der von § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG a.F. in Bezug genommene § 26 Abs. 2 BBG in der Fassung vom 31.03.19998 umfasst auch Versetzungen in ein Amt mit demselben Grundgehalt.
Mit dieser Ausgleichszulage werden nicht nur die im Zeitpunkt des Dienstherrnwechsels bestehenden, sondern auch später eintretende Unterschiede ausgeglichen.
Der Wortlaut der Vorschrift spricht gegen eine statische, nur den im Zeitpunkt des Übertritts bestehenden Unterschied erfassende Besitzstandswahrung. Eine Bezugnahme auf diesen Zeitpunkt enthält § 13 Abs. 1 BBesG a.F. – anders als etwa die in § 19b Abs. 2 Satz 1 BBesG in der Fassung vom 15.03.20129 getroffene Regelung – nicht. Die Berechnungsanordnung in § 13 Abs. 1 Satz 2 BBesG a.F., nach der die Ausgleichszulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen seinen jeweiligen Dienstbezügen und den Dienstbezügen gewährt wird, die dem Beamten in seiner bisherigen Verwendung zugestanden hätten, setzt vielmehr eine dynamische Entwicklung voraus. Entsprechendes gilt für die Anordnung in § 13 Abs. 1 Satz 5 BBesG a.F.
Auch die gesetzliche Systematik deutet auf ein rechts- und nicht nur besitzstandswahrendes Normverständnis hin. Die Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG verweist auf § 13 Abs. 1 BBesG a.F. Die in § 13 Abs. 1 BBesG a.F. geregelte Ausgleichszulage sah indes – anders als etwa der in § 13 Abs. 2 BBesG a.F. vorgesehene Ausgleich für wegfallende Stellenzulagen – für aus dienstlichen Gründen veranlasste Statusveränderungen eine dynamische Ausgleichsregelung vor, die die Weiterentwicklung wie bei einem Verbleiben im bisherigen Amt berücksichtigt10. Damit nimmt der Beamte auch an nachträglichen Verbesserungen der Besoldung seines früheren Amtes teil.
Des Weiteren entspricht die Annahme einer auch zukünftige Entwicklungen berücksichtigenden Ausgleichsleistung dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Versetzung eines Beamten zu einem anderen Dienstherrn hat eine Statusänderung für den Beamten zur Folge11 und setzt daher grundsätzlich seine Zustimmung voraus. Ohne Einverständnis des betroffenen Beamten kann ein Dienstherrnwechsel nur erfolgen, wenn sich eine Notwendigkeit hierzu aus der Umbildung von Körperschaften oder einer Änderung der Aufgabenverteilung dienstherrnfähiger Körperschaften ergibt12. Der unfreiwillige Dienstherrnwechsel steht unter dem Grundsatz, dass die beamtenrechtliche Rechtsstellung des betroffenen Beamten im Rahmen des Möglichen gewahrt bleiben muss und nur insoweit verändert und beeinträchtigt werden darf, als dies wegen der Umbildung und deren Folgen unumgänglich ist13.
Auch die Materialien zur Entstehungsgeschichte bestätigen die Annahme, dass mit der Ausgleichszulage aus § 13 Abs. 1 BBesG a.F. eine dynamische Rechtsstandswahrung beabsichtigt war. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs sollte der Beamte in besoldungsrechtlicher Hinsicht so gestellt werden, als übe er die bisherige Verwendung noch aus14. So ist die Vorschrift in der Praxis auch verstanden worden15.
Das Ergebnis der Auslegung von § 13 Abs. 1 BBesG a.F. entspricht ferner der Rechtshistorie: Hinsichtlich der finanziellen Folgen entsprechender Organisationsmaßnahmen sah bereits § 23 Abs. 1 des Reichsbesoldungsgesetzes vom 30.04.192016 vor, dass Beamte, die infolge einer Umbildung der Reichsbehörden aus Anlass der Umgestaltung des Staatswesens aus dienstlichen Rücksichten in Stellen von geringerem Diensteinkommen verwendet wurden, während der Dauer dieser Verwendung das Grundgehalt erhielten, dass sie in ihrer früheren Stelle bezogen hätten. Beamte, die gegen ihren Willen in ein Amt mit einem niedrigeren Grundgehalt versetzt worden sind, erhielten „zum Ausgleich“ die Bezüge ihres bisherigen Amtes damit weiter. Seit Inkrafttreten des § 13 BBesG in der Fassung des 2. BesVNG vom 23.05.197517 war der finanzielle Ausgleich des Verwendungswechsels in der Form einer Zulagenregelung ausgestaltet worden. Damit sollte „im Interesse der Besoldungswahrheit“ eine dauerhafte Besoldung aus einer Besoldungsgruppe, die nicht dem innegehabten Amt entspricht, vermieden werden18. Daran, dass der Beamte im Ergebnis eine „fiktive Besoldung“ erhielt, als übe er die bisherige Verwendung noch aus, änderte sich jedoch nichts19.
Eines gesonderten Antrags für die Gewährung der Ausgleichszulage bedurfte es nicht20. Die Ausgleichszulage ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 BBesG Teil der Besoldung, die durch Gesetz geregelt und unverzichtbar ist (§ 2 Abs. 1 und 3 BBesG).
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30. Januar 14 – 2 C 27.12
- BGBl I S. 3242, 3292 ff.[↩]
- BGBl I S. 3020, 3025; vgl. zur Maßgeblichkeit dieser Gesetzesfassung auch § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG in der Fassung vom 05.02.2009, BGBl I S. 160, 271[↩]
- BesGr A 11 BBesO[↩]
- vgl. zu deren Dienstherrnfähigkeit § 144 SGB VI in der Fassung des Gesetzes vom 09.12 2004, BGBl I S. 3242, 3259; § 1 Abs. 4 der Satzung der Beklagten vom 24.08.2005[↩]
- BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 – 2 C 50.10, Buchholz 230 § 128 BRRG Nr. 9 Rn. 12[↩]
- BVerwG, Urteil vom 23.09.2004 – 2 C 37.03, BVerwGE 122, 58, 63 = Buchholz 230 § 123 BRRG Nr. 5 S. 7[↩]
- a.A. OVG Saarlouis, Urteil vom 05.12 2012 – 1 A 140/12 38[↩]
- BGBl I S. 675, 681[↩]
- BGBl I S. 462[↩]
- vgl. Leihkauff, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Band I, Stand: November 2013, § 13 BBesG Rn.05.2; GKÖD, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Band III, Stand: Dezember 2013, K § 13 Rn. 7 und 24[↩]
- BVerwG, Urteil vom 23.09.2004 – 2 C 37.03, BVerwGE 122, 58 Rn.19[↩]
- BVerwG, Urteil vom 26.11.2009 – 2 C 15.08, BVerwGE 135, 286 Rn. 14; BVerfG, Beschluss vom 26.11.1963 – 2 BvL 12/62, BVerfGE 17, 172, 187 f.[↩]
- stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 02.04.1981 – 2 C 35.78, BVerwGE 62, 129, 132 m.w.N. sowie zuletzt etwa Urteil vom 28.04.2011 – 2 C 27.10, Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 5 Rn. 30: „Gebot der größtmöglichen Wahrung der beamtenrechtlichen Rechtsstellung“[↩]
- BT-Drs. 13/3994, S. 38[↩]
- Ziffer 13.01.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesbesoldungsgesetz des Bundesministeriums des Inneren vom 11.07.1997 in der Fassung vom 26.07.2000, D II 3 – 221 710/1[↩]
- RGBl S. 805[↩]
- BGBl I S. 1173[↩]
- Leihkauff a.a.O. § 13 BBesG Rn. 2[↩]
- vgl. BT-Drs. 13/3994, S. 38[↩]
- stRspr; vgl. zuletzt etwa Urteil vom 26.07.2012 – 2 C 29.11, BVerwGE 143, 381 Rn. 27[↩]