Die Entscheidung der Bataillonskommandeur-Auswahlkonferenz über die Auswahl zum Bataillonskommandeur ist eine anfechtbare dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO.

Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO kann mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur geltend gemacht werden, dass eine dienstliche Maßnahme oder deren Unterlassung rechtswidrig sei. Merkmal einer Maßnahme in diesem Sinne ist (u.a.), dass sie unmittelbar gegen den Soldaten gerichtet ist oder – obwohl an andere Soldaten gerichtet – in Form einer Rechtsverletzung oder eines Pflichtenverstoßes in seine Rechtssphäre hineinwirkt. Überlegungen, Bewertungen, Stellungnahmen oder Zwischenentscheidungen, die lediglich der Vorbereitung von truppendienstlichen Maßnahmen oder Personalmaßnahmen dienen, sind hingegen als Elemente innerdienstlicher Willens- und Meinungsbildung noch keine die Rechte eines Soldaten unmittelbar berührenden Maßnahmen; sie sind infolgedessen einer selbständigen gerichtlichen Nachprüfung nicht zugänglich1.
Die Auswahlkonferenz zum Bataillonskommandeur findet im Zusammenhang mit der Perspektivkonferenz I statt. In der Perspektivkonferenz I wird über die individuelle Förderperspektive der Berufsoffiziere entschieden, denen erstmalig eine individuelle Förderperspektive zuzuordnen ist oder denen in einer vorherigen Perspektivkonferenz keine Förderperspektive oberhalb der Dotierungsebene A 15 zugeordnet wurde (Nr. 5.05.1 Abs. 1 der „Richtlinie für die Perspektivbestimmung und langfristige Verwendungsplanung der Berufsoffiziere in den Laufbahnen des Truppendienstes, des Sanitätsdienstes, des Militärmusikdienstes und des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr“ des BMVg – PSZ I 1 – vom 30.01.2009); gemäß Nr. 5.05.1 Abs. 7 der Richtlinie kann die Perspektivkonferenz I für weitere Auswahlentscheidungen, wie z.B. zur grundsätzlichen Eignungsfeststellung für Verwendungen als Bataillonskommandeurin oder Bataillonskommandeur genutzt werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Ergebnisse der Beratungen von Perspektivkonferenzen und die Zuerkennung einer individuellen Förderperspektive keine gerichtlich isoliert angreifbaren Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO, weil sie als Elemente innerdienstlicher Willens- und Meinungsbildung im Rahmen der Vorbereitung von Personalentscheidungen noch nicht unmittelbar die Rechte eines Soldaten berühren2. Ausnahmsweise anfechtbar ist das Ergebnis einer Perspektivkonferenz nur dann, wenn es als Entscheidung zu qualifizieren ist, durch die ein Soldat endgültig von jeder späteren höherwertigen Verwendung ausgeschlossen wird3, oder wenn in sonstiger Weise schon aus dem mitgeteilten Ergebnis unmittelbar eine Rechtsverletzung des betroffenen Soldaten folgt, die sich nicht erst in einer nachfolgenden Verwendungsentscheidung manifestiert4.
Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung über die Auswahl zum Bataillonskommandeur eine dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO. Die Bataillonskommandeur-Auswahlkonferenz erfolgt zwar im organisatorischen Rahmen der Perspektivkonferenz I, jedoch „als getrennter Konferenzanteil (nicht Bestandteil der Perspektivberatung)“ (Nr. 3.4 des „Befehls für die Perspektivkonferenz I 2012 mit vorgeschalteter Bataillonskommandeur-Auswahlkonferenz“ des Personalamts der Bundeswehr vom 20.01.2012). Anders als die Zuerkennung einer Förderperspektive hat die Auswahl zum Bataillonskommandeur unmittelbare Auswirkungen auf künftige Verwendungsentscheidungen für bestimmte Dienstposten und berührt deshalb die Rechtssphäre der betroffenen Soldaten5.
Im Einzelnen ergibt sich dies aus dem folgenden Regelungs- und Wirkungszusammenhang:
Der Einsatz als Bataillonskommandeur ist wegen der Verantwortung für alle Führungsgrundgebiete eine herausragende Führungsverwendung6. Die eng begrenzte Anzahl dieser Führungsverwendungen erfordert eine Bestenauswahl aus dem Feld der dafür geeigneten Kandidaten/Kandidatinnen. Diese richtet sich in einer ganzheitlichen Betrachtung nach Eignung, Befähigung und Leistung unter Berücksichtigung struktureller Vorgaben. Eine nicht erfolgte Auswahl zum Bataillonskommandeur schließt zwar, wie auch die während des gerichtlichen Verfahrens zum 1.07.2014 erfolgte Versetzung des Antragstellers auf einen nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstposten illustriert, eine weitere Förderung keineswegs aus. Die zunehmende Verwendungsbreite in den Ausbildungs- und Verwendungsreihen der Streitkräfte eröffnet Möglichkeiten im Verwendungsaufbau, auch ohne eine Verwendung als Bataillonskommandeur auf Dienstposten der Dotierungshöhe A 16 und höher gefördert zu werden. Auch für einen solchen Verwendungsaufbau ist die Eignungsfeststellung für eine Verwendung als Bataillonskommandeur jedoch grundsätzlich Voraussetzung.
Die Anzahl der Offiziere, die für eine Verwendung als Bataillonskommandeur ausgewählt werden, hängt ab von der Anzahl der Truppenteile/Dienstposten, die innerhalb der nächsten zwei Jahre (jeweils beginnend am 1. Juli des Konferenzjahres) voraussichtlich besetzt werden müssen (Nr. III.4 der Anlage 1 zum „Katalog der Bedarfsträgerforderungen“). Dementsprechend definiert Nr. 1 Abs. 3 des „Befehls für die Perspektivkonferenz I 2012“ als Ziel der hier gegenständlichen Bataillonskommandeur-Auswahl, auf der Grundlage des Bedarfs die Neu- und Nachbesetzungen bis einschließlich 30.06.2014 zu gewährleisten. Die Regelung über die Vorbereitung und den organisatorischen Konferenzablauf (Anlage 2 zu dem „Befehl für die Perspektivkonferenz I 2012“) betont mehrfach die Bindung an den festgestellten bzw. vorgegebenen Bedarf, der zudem – von einigen Spezialfällen abgesehen – an die Truppengattung gebunden ist. Die konkreten Bedarfsvorgaben enthält Anlage 2.1 zu dem „Befehl für die Perspektivkonferenz I 2012“; danach bestand für die Bataillonskommandeur-Auswahl 2012 ein Gesamtbedarf von 92 Offizieren, darunter für die Fernmeldetruppe, der der Antragsteller angehört, ein Bedarf von 11 Offizieren. Aus dem Protokoll des Personalamts der Bundeswehr vom 28.03.2012 zu der Auswahlkonferenz (sowie den dort beigefügten statistischen Angaben zur Bataillonskommandeur-Auswahl, der Liste der zum Bataillonskommandeur ausgewählten Stabsoffiziere sowie der Dokumentationsliste Bataillonskommandeur-Auswahl 2012) ergibt sich schließlich, dass 206 Offiziere (FmTr: 18) beraten, davon 105 (FmTr: 13) als „besonders geeignet“, 96 (FmTr: 5) als „geeignet“ und 4 als „nicht geeignet“ bewertet (ein Offizier wurde zurückgestellt) und von den „besonders geeigneten“ Kandidaten bedarfsorientiert mit Besetzungsziel bis Ende Juni 2014 93 Offiziere (FmTr: 11) als künftige Bataillonskommandeure ausgewählt wurden.
Das Auswahlverfahren wird dadurch abgeschlossen, dass der Inspekteur des Heeres und – hinsichtlich bestimmter Truppengattungen – auch der Stellvertreter des Generalinspekteurs und Inspekteur der Streitkräftebasis das Ergebnis der Auswahlkonferenz billigen (Nr. III.5 Abs. 1 und 2 der Anlage 1 zum „Katalog der Bedarfsträgerforderungen“; Nr. 2.c der Anlage 2 zu dem „Befehl für die Perspektivkonferenz I 2012“). Diese Billigung ist ausweislich des Protokolls vom 28.03.2012 für die Bataillonskommandeur-Auswahl 2012 erfolgt. Auf der Grundlage der gebilligten Ergebnisse regeln dann die personalbearbeitenden Stellen im Personalamt der Bundeswehr (bzw. nunmehr: im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr) die Nachbesetzung freiwerdender Kommandeurdienstposten (Nr. III.5 Abs. 3 der Anlage 1 zum „Katalog der Bedarfsträgerforderungen“).
Insgesamt nehmen damit die in der Auswahlkonferenz getroffenen – positiven oder negativen – Auswahlentscheidungen die konkreten Verwendungsentscheidungen über die Besetzung der Bataillonskommandeurdienstposten weitgehend vorweg. Durch die strikte Orientierung und Bindung an den Bedarf der jeweils nächsten zwei Jahre (beginnend mit dem 1. Juli des Konferenzjahres) wird durch die (von den Inspekteuren gebilligten) Auswahlergebnisse ein geschlossener, intern nach Truppengattungen gegliederter „Pool“ zukünftiger Bataillonskommandeure gebildet. Die Frage, welche Offiziere in den zwei folgenden Jahren auf den höherwertigen Dienstposten eines Bataillonskommandeurs versetzt werden, ist damit im Wesentlichen vorentschieden. Die ausgewählten Offiziere haben eine im Wesentlichen gesicherte Anwartschaft inne, innerhalb dieses Zeitraums, sofern sich die der Auswahl zugrundeliegenden Umstände nicht ändern, in die Funktion eines Bataillonskommandeurs einzurücken; nicht ausgewählte Bewerber müssen davon ausgehen, dass ihre Bewerbung um einen konkreten Bataillonskommandeurdienstposten unter Verweis auf die Entscheidung der Auswahlkonferenz von vorneherein abgelehnt wird. Die personalbearbeitende Stelle ist nach der Regelungssystematik jedenfalls nicht befugt, andere als die ausgewählten Offiziere bei der konkreten Dienstpostenbesetzung zu berücksichtigen. Ein personalwirtschaftliches Ermessen hat sie nur noch hinsichtlich der Frage, welcher der ausgewählten Offiziere innerhalb seiner Truppengattung auf welchen der freiwerdenden Kommandeurdienstposten versetzt wird.
Da die wesentliche Entscheidung über das „Ob“ einer höherwertigen Verwendung als Bataillonskommandeur und damit über die Verwirklichung des Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG7 in der Auswahlkonferenz zum Bataillonskommandeur fällt, ist die Entscheidung über die Auswahl zum Bataillonskommandeur als anfechtbare dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO zu qualifizieren.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27. November 2014 – 1 WB 61.2013
- stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 25.09.2014 – 1 WB 49.13, Rn. 21 m.w.N.[↩]
- vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28.04.2009 – 1 WB 20.09, Rn. 14 m.w.N.; die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.07.2009 – 2 BvR 1317/09[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.05.2008 – 1 WB 19.07, Rn.19, insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 44[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.04.2010 – 1 WB 72.09, Rn. 24[↩]
- vgl. für den ähnlich gelagerten Fall der Entscheidung der Personalauswahlkonferenz „Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe“, einen Soldaten nicht dem Zukunftspersonal zuzuordnen: BVerwG, Beschluss vom 06.02.2014 – 1 WB 35.13, Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 88 Rn. 28 ff.[↩]
- siehe hierzu und zum Folgenden Nr. III.1 und 2 der Anlage 1 zum „Katalog der Bedarfsträgerforderungen für Personelle Auswahlkonferenzen im Heer“ des BMVg – Fü H I 1 – vom 30.01.2004[↩]
- vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 29.01.2013 – 1 WB 60.11, NVwZ 2013, 1227 Rn. 40 m.w.N., insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 65[↩]