Beamtenrechtliche Konkurrentenklage – und der nicht rechtzeitig genutzte einstweilige Rechtsschutz

Hat der Antragsteller die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes innerhalb der dem Dienstherrn auch in sog. Vorwirkungsfällen entsprechend auferlegten Wartefrist nicht wahrgenommen und ist die beamtenrechtliche Maßnahme – wenn auch noch nicht rechtsbeständig – durchgeführt, ist von dem in beamtenrechtlichen Konkurrentenschutzverfahren herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab zum Erlass der einstweiligen Anordnung auf vorläufige Rückgängigmachung der Maßnahme nicht auszugehen.

Beamtenrechtliche Konkurrentenklage – und der nicht rechtzeitig genutzte einstweilige Rechtsschutz

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die vom Antragsteller begehrte Anordnung ist danach nicht zu erlassen. Der Antragsteller hat zwar nach wie vor einen Anordnungsgrund1, aber nicht den weiter hierfür erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die neuerliche Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin für die Besetzung des Dienstpostens verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers in dem hier anzunehmenden Vorwirkungsfall2 voraussichtlich nicht.

Nach gefestigter Rechtsprechung kann ein abgelehnter Bewerber, der geltend macht, sein Bewerbungsverfahrensanspruch in einem durchgeführten Auswahlverfahren zur Besetzung einer ausgeschriebenen Stelle sei durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden, eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint; dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Untersagung der beabsichtigten Personalmaßnahme anzulegen. Dies gilt grundsätzlich auch in den sogenannten Vorwirkungsfällen, obwohl mit der beabsichtigten Übertragung des Dienstpostens (noch) keine unmittelbare Beförderung verbunden ist3. Im vorliegenden Eilverfahren ist jedoch nicht zuletzt mit Blick auf das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache von diesem in beamtenrechtlichen Konkurrentenschutzverfahren4 herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab zum Erlass der einstweiligen Anordnung nicht auszugehen. Der Antragsteller hat die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes innerhalb der dem Dienstherrn auch hier entsprechend auferlegten Wartefrist nicht wahrgenommen und die beamtenrechtliche Maßnahme, die personelle Folgemaßnahmen nach sich gezogen haben dürfte, wurde – wenn auch noch nicht rechtsbeständig – durchgeführt. Ihre nunmehr nur noch in Betracht kommende vorläufige Rückgängigmachung wäre für die Antragsgegnerin mit erheblichen organisatorischen Schwierigkeiten verbunden. Die in der Rechtsprechung von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht entwickelte Zwei-Wochen-Frist ist zwar keine Ausschlussfrist zur Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes. Entsprechend wie in Ernennungsfällen, in denen sich das einstweilige Rechtsschutzverfahren durch die das Gebot effektiven Rechtsschutzes beachtende Ernennung des Mitbewerbers erledigt, der Untersagungsanspruch wegen Erfüllung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des unterlegenen Bewerbers mithin – auch im Hauptsacheverfahren – vollständig untergeht, kann aber in Vorwirkungsfällen bei das Gebot effektiven Rechtsschutzes beachtender Übertragung des Beförderungsdienstpostens ein Anordnungsanspruch auf Rückgängigmachung der Übertragung nur dann noch glaubhaft gemacht werden, wenn bei festgestellter Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruch des unterlegenen Bewerbers durch die getroffene Auswahlentscheidung der Dienstposten im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens mit hoher Wahrscheinlichkeit an ihn vergeben würde. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.

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Ein Beamter hat grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Beförderung oder auch nur die vorübergehende Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens (Beförderungsdienstpostens). Ein Beamter, der die Übertragung eines Beförderungsdienstpostens oder eine Beförderung anstrebt, hat aber Anspruch darauf, dass der Dienstherr das ihm bei der Entscheidung über ein derartiges Begehren eingeräumte Auswahlermessen unter Einhaltung etwaiger Verfahrensvorschriften fehlerfrei ausübt. Er kann insbesondere verlangen, dass die Auswahl nach Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung getroffen wird. Im Auswahlverfahren ist der Dienstherr an das gegebenenfalls von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden, mit welchem er die Kriterien für die Auswahl der Bewerber festlegt. Die Ermittlung des gemessen an den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung am besten geeigneten Bewerbers hat stets in Bezug auf das konkret angestrebte Amt zu erfolgen, wobei die Auswahlentscheidung auf die Anforderungen des angestrebten Statusamtes bezogen ist5. Entsprechendes gilt in den die Anwendung des Leistungsgrundsatzes erfordernden Vorwirkungsfällen. Hier ist Maßstab das im Zusammenhang mit der Übertragung des Beförderungsdienstpostend dahinterstehende statusrechtliche Amt, das später ohne weitere Auswahl übertragen werden soll6.

Über die Eignung des Bewerberfeldes kann der Dienstherr auch in einem gestuften Auswahlverfahren befinden. Bewerber, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe von vornherein nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen werden und müssen nicht mehr in den an Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Leistungsvergleich einbezogen werden. Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die in Vorwirkungsfällen mit Blick auf das angestrebte Statusamt zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils für dieses Amt nicht erfüllen, wobei auch hier die Anforderungen des dahinterstehenden statusrechtlichen Amtes maßgebend sind. Anderes gilt nur dann, wenn schon ein Beförderungsdienstposten nach seiner Funktionsbeschreibung zwingend spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, die der Inhaber zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Dienstaufgaben erfüllen muss und die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. In solchen Fällen können ausnahmsweise auch diese Kriterien im Rahmen der Stellenausschreibung verlangt werden. Aus der Stellenausschreibung muss sich dabei hinreichend bestimmt ergeben, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sind, bei im Wesentlichen gleicher Eignung der Bewerber aber maßgeblich berücksichtigt werden7.

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Der Konkurrentenstreit bei der Bundeswehr - und die einstweilige Anordnung

Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 12. Mai 2015 – 1 K 56/15

  1. vgl. dazu ausführlich den Beschluss des Verwaltungsgerichts zum vorangegangenen Auswahlverfahren für denselben Dienstposten vom 08.08.2014 – 1 K 1548/14[]
  2. vgl. auch hierzu ausführlich den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 08.08.2014 – 1 K 1548/14, a.a.O., m.w.N.[]
  3. vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 – 2 VR 1/13, BVerwGE 147, 20; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.12.2013 – 4 S 2153/13 m.w.N.[]
  4. vgl. zu dessen Ausgestaltung neuerdings grundlegend BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 – 2 C 16/09, BVerwGE 138, 102[]
  5. vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.03.2013 – 2 BvR 2582/12, IÖD 2013, 98; BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 – 2 C 16.09, BVerwGE 138, 102; Urteil vom 16.08.2001 – 2 A 3/00, BVerwGE 115, 58; Beschluss vom 27.01.2010 – 1 WB 52/08 m.w.N.[]
  6. vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 – 2 VR 1/13[]
  7. vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 – 2 VR 1/13, a.a.O. Rn 25, m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.12.2013 – 4 S 2153/135[]