Artikel 33 Absatz 2 GG gewährt jedem Deutschen ein Recht auf Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Allerdings erwächst aus dieser Bestimmung regelmäßig kein unmittelbarer Anspruch auf Einstellung, sondern nur darauf, dass der Dienstherr über eine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entscheidet.

Ein auf diesen sogenannten Bewerbungsverfahrensanspruch gestützter gerichtlicher Eilantrag hat nur Erfolg, wenn Fehler bei der Auswahlentscheidung des Dienstherrn festzustellen sind und der übergangene Bewerber glaubhaft machen kann, dass er möglicherweise bei einer fehlerfreien Auswahl zum Zuge gekommen wäre.
Der aus Artikel 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch steht dabei unter dem Vorbehalt der Eignung für das in Rede stehende öffentliche Amt. Bei einer Bewerbung ist neben der Leistung zu prüfen, ob der Bewerber die erforderliche persönliche Eignung für das Amt mitbringt. Bei dieser Prüfung handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis, der nur in eingeschränktem Maß gerichtlich überprüfbar ist. Das Gericht hat zu prüfen, ob der Dienstherr von einem zutreffendem Sachverhalt ausging, den gesetzlichen Rahmen einhielt, allgemein gültige Wertmaßstäbe zugrunde legte und keine sachfremden oder willkürlichen Überlegungen anstellte1.
Dabei hat der Dienstherr zu prognostizieren, ob der Bewerber den besonderen gesundheitlichen Anforderungen gerecht werden wird, die der Polizeivollzugsdienst gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung über die Laufbahnen der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten in der Bundespolizei (BPolLV) an Beamtinnen und Beamte stellt. Die auf dieser Grundlage zu treffende Entscheidung über eine Bewerbung um Einstellung in den Polizeivollzugsdienst liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Dessen ordnungsgemäße Ausübung setzt die vorherige Durchführung eines Eignungsauswahlverfahrens voraus, welches gemäß § 5 Abs. 1 und 3 BPolLV unter anderem der Feststellung der geistigen, gesundheitlichen und körperlichen Eignung dient.
Die Feststellung der nicht gegebenen gesundheitlichen Eignung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob die Einstellungsbehörde den Begriff der „gesundheitlichen Eignung“ verkannt, ihrer Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat. Die Entscheidung der Dienstherrin, die Polizeidiensttauglichkeit des Polizeibewerbers derzeit zu verneinen, begegnet auf dieser Grundlage keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Im hier entschiedenen Fall bedeutete dies: Die Bundespolizeiakademie Bad Bramstedt hat weder den Begriff der Polizeidiensttauglichkeit verkannt, noch ist sie im Fall des Polizeibewerbers von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Ausgangpunkt für die Annahme der fehlenden Polizeidiensttauglichkeit des Polizeibewerbers ist dessen gegenwärtiger körperlicher Zustand, der durch eine in Therapie befindliche Akne conglobata sowie ein hyperreagibles Bronchialsystem gekennzeichnet ist. Zwar ist der Polizeibewerber der Relevanz seiner dermatologischen Beschwerden entgegengetreten, indem er darauf verwies, dass diese nicht zu den chronisch-rezidivierenden Hauterkrankungen zähle, die in der Informationsbroschüre der Dienstherrin als Ausschlussgründe für eine Einstellung genannt werden. Auch verwies er darauf, dass die derzeit laufende Therapie mit Isotretinoin bereits zu einer deutlichen Verbesserung geführt habe und es sich ohnehin um eine typisch altersbedingte Erkrankung handle, dessen Prognose mit zunehmendem Alter gewöhnlich sehr positiv sei. Nebenwirkungen seien beim Antragssteller nicht zu beobachten und hinsichtlich der Symptome „Depression“ und „suizidale Gedanken“ auch sehr selten. Auch gebe es hinsichtlich des hyperreagiblen Bronchialsystems keine Beschwerden und es habe in den letzten 10 Jahren keine asthmatypischen Symptome gegeben.
Diese Einwände vermögen die Rechtmäßigkeit der Annahme der Dienstherrin jedoch nicht durchgreifend in Frage zu stellen. Die Dienstherrin ermittelte im Rahmen der Untersuchung eine in Behandlung befindliche Akne conglobata sowie ein hyperreagibles Bronchialsystem und sah damit die Nummer 3.1.1 (chronische und zum Rückfall neigende Erkrankung der Haut, u.a. Akne erheblichen Grades) sowie 9.2 (eine Erkrankung der Atemwege) der in der Anlage 1.1 der Polizeidienstvorschrift (PDV) 300 genannten Merkmalsnummern als einschlägig an. Dabei kann es nach Auffassung des Verwaltungsgerichts dahinstehen, inwiefern diese Bereiche der PDV 300 für die gerichtliche Überprüfung einen nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum darstellen2 oder ob ein solcher nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum abzulehnen ist3, da sich auch bei einer Überprüfung der hier in Rede stehenden Einschätzungen durch die Dienstherrin keine durchgreifenden Bedenken ergeben.
Ausschlaggebend für die Berücksichtigung der Akne conglobata war insoweit nicht die bestehende Erkrankung der Haut, sondern die damit einhergehende Notwendigkeit der Einnahme von Isotretinoin und der damit verbundenen Nebenwirkungen. In der Stellungnahme des Polizeiarztes vom 01.08.2017 weist der untersuchende Arzt darauf hin, dass hinsichtlich der Beurteilung als dienstuntauglich nicht die (divergierenden) Befunde des Universitätsklinikums zu hinsichtlich der Auswirkungen der dermatologischen Symptome ausschlaggebend seien, sondern die orale Einnahme von Isotretinoin und dessen Nebenwirkungen. Der Polizeibewerber trägt vor, dass er das Medikament voraussichtlich nach einem Jahr Behandlung noch bis Ende August 2017 einnehmen müsse. Die Dienstherrin weist darauf hin, dass zu den Nebenwirkungen Muskel- und Gelenkschmerzen zählen und regelmäßig Blutbildkontrollen zur Bestimmung der Leberenzyme und Serumpipide erfolgen müssten. Hinsichtlich der Dauer der Einnahme von Isotretinoin müsse in der Regel eine Wartezeit von einem halben Jahr nach Therapieende einkalkuliert werden, um ein Wiederaufflammen der Akne conglobata ausschließen zu können. Des Weiteren sei während der Einnahme eine engmaschige Kontrolle auf Symptome von Depression und suizidaler Gedanke notwendig. Vor diesem Hintergrund sei auch der Zugang zu Schusswaffen sehr kritisch zu sehen. Dieser ärztlichen Bewertung ist der Polizeibewerber primär mit den Hinweisen darauf entgegen getreten, dass er derzeit keiner der als Nebenwirkungen aufgezählten Beschwerden verspüre und im Rahmen der Behandlung durch das UKSH entsprechende Kontrollen auch nie erfolgt seien. Belastbare Anhaltspunkte für ein zu erwartendes Aufflammen habe die Dienstherrin nicht vorgetragen. Zudem träten jedenfalls die psychischen Nebenwirkungen sehr selten und nur bei einer kleinen Gruppe (weniger als 1 von 10.000 der Behandelten) auf. Unter Verweis auf ein einzuholendes Sachverständigengutachten verweist der Polizeibewerber darauf, dass die psychischen Gesundheitsrisiken nur in seltenen Fällen und bei vorhandenen Erkrankungen im Vorfeld bestünden.
Mit diesen Hinweisen vermag der Antragsgegner eine fehlerhafte Ausübung des Prognoseermessens der Dienstherrin jedoch nicht zu begründen. Denn aus dem Fehlen derzeitiger Gesundheitsbeeinträchtigungen aufgrund von Nebenwirkungen sowie der fehlenden Sicherheit über die Wahrscheinlichkeit eines Wiederaufflammens kann nicht zwingend gefolgt werden, dass der Polizeibewerber polizeidiensttauglich ist. Es gilt dabei, dass die Feststellung der Polizeidiensttauglichkeit die Prognose erfordert, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes dauerhaft gewachsen sein wird. Bestehen hieran berechtigte Zweifel, ist es sachgerecht, von der Einstellung dieses Bewerbers im Interesse einer sparsamen Verwaltung und eines möglichst reibungslosen Funktionierens des Polizeivollzugsdienstes – im Zweifel zumindest vorerst – abzusehen4. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht teilt insoweit auch die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen5, dass die von dem Polizeibewerber angeführte bisherige Belastung durch seine wenngleich umfangreiche sportliche Betätigung nicht mit den Belastungen im Polizeivollzugsdienst vergleichbar ist.
Ausweislich des Medikamentenbeipackzettels sind die Nebenwirkungen hinsichtlich der Muskel- und Gelenkschmerzen insbesondere bei Jugendlichen sehr häufig und intensive körperliche Aktivität sollte während der Therapie vermieden werden. Hinsichtlich der psychischen Risiken verweist der Polizeiarzt auf Leitlinien der US-amerikanischen Behörde für Lebens- und Arzneimittel sowie eine Veröffentlichung in einer medizinischen Fachzeitschrift. Soweit der Polizeibewerber diese Symptome pauschal bestreitet und sie später hinsichtlich ihrer Seltenheit auf ein einzuholendes Sachverständigengutachten verweist, vermag dies die Feststellung der Dienstherrin nicht in Frage zu stellen. Das pauschale Bestreiten ist bereits nicht geeignet, um dem Aussagegehalt der eingereichten fachlichen Unterlagen zu begegnen und die Seltenheit der psychischen Risiken kann hinsichtlich der Risiken von Selbstmordgedanken als wahr unterstellt werden. So führen die „Gebrauchsinformationen für Anwender – Aknenormin 20 mg Weichkapseln“ Selbstmordgedanken nur mit der Qualifikation „sehr selten“ auf. Hinsichtlich „Depression, Verschlimmerung einer bestehenden Depression, Angstgefühle, Stimmungsschwankungen, Verhaltensauffälligkeiten“ weisen die Gebrauchsinformationen jedoch eine Wahrscheinlichkeit von „selten“ (weniger als 1 von 1.000, aber mehr als 1 von 10.000 Behandelten) auf. Hinsichtlich aller Nebenwirkungen verweisen die Gebrauchsinformationen zudem darauf, dass Nebenwirkungen im Allgemeinen nach Dosisreduktion oder Abbruch der Behandlung abklingen, manche jedoch auch nach dem Ende der Behandlung bestehen bleiben können. Die Nebenwirkungen sind hinsichtlich ihrer Häufigkeit (Muskel- und Gelenkschmerzen) oder aber hinsichtlich ihrer Folgen (Symptome von Depression und suizidaler Gedanken, Depression, Verschlimmerung einer bestehenden Depression, Angstgefühle, Stimmungsschwankungen, Verhaltensauffälligkeiten, daher kritischer Zugang zu Schusswaffen) für den Polizeidienst von solchem Gewicht, dass nicht erkennbar ist, dass die Dienstherrin – jedenfalls für die Dauer der Therapie mit Isotretinoin – ihr Ermessen überschritten hat. Diese Bewertung dürfte mit zunehmender zeitlicher Entfernung zur Einnahme des Wirkstoffs Isotretinoin anders vorzunehmen sein, zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts und mit Blick auf die begehrte Einstellung in den Vorbereitungsdienst am 01.09.2017 stellt sie sich hingegen nicht als ermessensfehlerhaft dar.
Hinsichtlich des Befunds des hyperreagiblen Bronchialsystems weist der untersuchende Polizeiarzt darauf hin, dass auch schwache Reize, wie kalte Luft, Nebel, Kosmetika oder geruchsintensive Substanzen in der Lage sind, bei Personen mit gesteigerter bronchomotorischen Erregbarkeit eine Reflexbronchokonstriktion auszulösen. Zudem zeigte die Untersuchung bei dem Polizeibewerber eine verminderte Einsekundenkapazität, was nach den Grundsätzen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung für arbeitsmedizinische Untersuchungen zu Bedenken gegenüber dem Tragen von Atemschutzgeräten führe. Diesen Befunden ist der Polizeibewerber auch nicht dadurch entgegengetreten, dass er unter Verweis auf den Befunde des leitenden Oberarztes der Pneumologie des erklärt, in den vergangenen 10 Jahren keine asthmatypischen Symptome gezeigt zu haben sowie aktuell in gutem Allgemeinzustand zu sein, denn es sind gerade die Langzeitfolgen des hyperreagiblen Bronchialsystems, deren Auswirkungen auf die Belastbarkeit des Polizeibewerbers nicht absehbar sind. Darüber hinaus war er in dem genannten Zeitraum den besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes auch noch nicht ausgesetzt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung6 der Beurteilung des Amtsarztes bzw. des Polizeiarztes, der nach seiner Aufgabenstellung unbefangen und unabhängig ist, grundsätzlich Vorrang gegenüber der Beurteilung eines Privatarztes zukommt, wenn keine begründeten Zweifel an der Sachkunde des Amtsarztes bestehen und die medizinische Beurteilung auf zutreffenden Tatsachengrundlagen beruht sowie in sich stimmig und nachvollziehbar ist. Hat der Privatarzt seinen medizinischen Befund näher erläutert, so muss der Amtsarzt allerdings auf diese Erwägungen eingehen und nachvollziehbar darlegen, warum er ihnen nicht folgt. Vorliegend hat der Polizeiarzt nachvollziehbar auf Situationen wie den G20 Einsatz abgestellt, bei dem hohe Konzentration von Rauchgasen ein unkalkulierbares Risiko für eine plötzliche Erregung des hyperreagiblen Bronchialsystems darstellen könnte. Abermals erkennt das Verwaltungsgericht an, dass die vom Polizeibewerber ausgeübte sportliche Betätigung nicht mit den Belastungen im Polizeivollzugsdienst vergleichbar ist. Soweit der Polizeibewerber zuletzt unter Verweis auf die Diagnose des leitenden Oberarztes der Pneumologie des gänzlich bestreitet, dass ein hyperreagibles Bronchialsystem vorliege, vermag das Verwaltungsgericht dem nicht zu folgen, da die Diagnose zwar mangels Vorliegen weiterer Kriterien den Asthma-Befund verneint, den Befund des hyperreagibles Bronchialsystems aber als „eindeutig“ gegeben ansieht.
Ob der Befund des hyperreagiblen Bronchialsystems die Feststellung der Polizeiuntauglichkeit für sich allein zu tragen in der Lage wäre, kann letztlich dahinstehen, da entsprechend Punkt 2.03.4 der PDV 300 in Fällen, in denen bei einem Bewerber mehrere Normabweichungen auftreten unter Berücksichtigung der Vorgeschichte und des Alters zu prüfen ist, ob aus der Kombination der Abweichungen auf eine herabgesetzte Leistungsfähigkeit geschlossen werden muss. Hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfung dieser Prognose gilt, dass im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ernsthafte Zweifel an der Polizeidiensttauglichkeit eines Bewerbers für die Ablehnung des Antrags ausreichen7. Das Verwaltungsgericht sieht vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Kombination aus den geschilderten Nebenwirkungen der (nach jetziger Prognose noch nicht als abgeschlossen zu betrachtenden) Medikation mit Isotretinoin sowie den möglichen Risiken des hyperreagiblen Bronchialsystems keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermessensausübung bei der Einschätzung, dass der Polizeibewerber den besonderen körperlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes derzeit nicht genügen würde.
Schleswig -Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 24. August 2017 – 12 B 26/17
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.06.1986 – 1 WB 128/8519; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.03.2007 – 5 ME 252/06 18[↩]
- so früher das OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.10.2012 – OVG 4 M 19.12 –, EA, S. 3f.[↩]
- BVerwG, Urteile vom 25.07.2013 – BVerwG 2 C 12.11, Rdnr. 24ff.; und BVerwG 18.12, Rdnr. 23; sowie vom 30.10.2013 – BVerwG 2 C 16.12, Rdnr. 19ff.[↩]
- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.12 2008 – 6 A 132/07[↩]
- OVG NRW, Beschluss vom 22.12 2008 – 6 A 132/07[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.09.2012 – BVerwG 2 B 97.11, Rdnr. 5 ff. m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.12 2013 – OVG 4 N 36.13[↩]
- vgl. VG Aachen, Beschluss vom 10.September 2010 – 1 L 294/10[↩]