Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit, denen eine Tätigkeit beim Jobcenter zugewiesen ist, zählen bei der Größe des Personalrats in der Agentur für Arbeit nicht mit.

Nach § 16 Abs. 1 BPersVG müssen diejenigen Personen, deren Zahl die Größe des Personalrats bestimmt, zunächst die Eigenschaft als Beschäftigte im Sinne von § 4 BPersVG haben. Es muss sich demnach um "Beschäftigte im öffentlichen Dienst" (Beamte, Arbeitnehmer, Auszubildende usw.) handeln. Es liegt auf der Hand, dass nicht alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, auch nicht alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes, in die Berechnung der Zahl der Personalratsmitglieder für die einzelne Dienststelle eingehen. Wenn § 16 Abs. 1 BPersVG auf "Dienststellen mit in der Regel X Beschäftigten" abstellt, so wird damit bereits sprachlich unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass es auf die Zahl derjenigen Personen ankommt, die in der Dienststelle beschäftigt sind, für welche der Personalrat zu bilden ist. Maßgeblich ist daher die Zahl der dienststellenangehörigen Beschäftigten 1.
Im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle spielt, dass § 16 Abs. 1 BPersVG bei kleineren Dienststellen auf "wahlberechtigte Beschäftigte" und im Übrigen auf "Beschäftigte" abstellt. Dies besagt lediglich, dass in kleineren Dienststellen solche Beschäftigten, denen aus persönlichen Gründen – etwa wegen Minderjährigkeit – die Wahlberechtigung fehlt, außer Ansatz bleiben 2. Davon unberührt bleibt, dass die Dienststellenzugehörigkeit zwingendes Merkmal dafür ist, dass Beschäftigte bei der Berechnung der Personalratsgröße zu berücksichtigen sind 3.
Dienststellenzugehörig ist der Beschäftigte, der in die Dienststelle eingegliedert ist. Dies ist der Fall, wenn er dort nach Weisung des Dienststellenleiters an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirkt 4. Die Fristenregelung in § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1, 3 und 4 BPersVG zum Verlust des Wahlrechts in der alten Dienststelle im Falle der Beurlaubung ohne Bezüge, der Abordnung und der Zuweisung bestimmen zugleich präzise, wann die Ausgliederung aus der alten Dienststelle stattfindet 5. Demgemäß scheidet ein Beschäftigter aus der alten Dienststelle aus, wenn seine Zuweisung länger als drei Monate gedauert hat und nicht feststeht, dass er binnen weiterer sechs Monate in die alte Dienststelle zurückkehren wird (§ 13 Abs. 2 Satz 1, 3 und 4 BPersVG).
Daher waren die Beschäftigten der Bundesagentur, denen nach Maßgabe von § 44g Abs. 1 Satz 1 SGB II zum 1. Januar 2011 Tätigkeiten beim Jobcenter für die Dauer von fünf Jahren zugewiesen wurden, spätestens ab 1. April 2011 nicht mehr Angehörige einer Dienststelle der Bundesagentur 6. Für Zuweisungen nach dem 1. Januar 2011 ("spätere Zuweisungen" nach § 44g Abs. 2 SGB II i.V.m. § 29 BBG und § 4 Abs. 3 TV-BA)) gilt ohnehin § 13 Abs. 2 Satz 4 BPersVG 7. Die davon betroffenen Beschäftigten in der Agentur für Arbeit verlieren daher ihre Zugehörigkeit zur bisherigen Dienststelle, wenn die ihnen beim Jobcenter zugewiesene Tätigkeit auf mehr als neun Monate angelegt ist.
Die Beschäftigten der Bundesagentur, denen eine Tätigkeit beim Jobcenter zugewiesen ist, zählen daher bei der Berechnung der Personalratsstärke in den Dienststellen der Bundesagentur nicht mit. Eine abweichende Beurteilung ist freilich wegen der Maßgeblichkeit des Regelstandes nach § 16 Abs. 1 BPersVG geboten, wenn der Wahlvorstand im Zeitpunkt seines Wahlausschreibens damit zu rechnen hat, dass es im überwiegenden Teil der Amtsperiode zu einem Personalabbau beim Jobcenter und einem vergleichbaren Personalaufbau bei der Agentur für Arbeit kommt 8. Eine derartige Fallgestaltung ist jedoch in der Beschwerdebegründung nicht angesprochen.
§ 16 Abs. 1 BPersVG bestimmt die Größe des Personalrats in Abhängigkeit von der Zahl der dienststellenangehörigen Beschäftigten. Dieser Zusammenhang liegt auf der Hand, weil mit wachsender Zahl der dienststellenangehörigen Beschäftigten der Umfang der vom Personalrat wahrzunehmenden Aufgaben zunimmt. Demgemäß bezweckt die gesetzliche Regelung sicherzustellen, dass die Zahl der Personalratsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten der Dienststelle steht 9.
Nach der in § 16 Abs. 1 BPersVG zum Ausdruck kommenden Konzeption des Gesetzgebers ist die Zahl der dienststellenangehörigen Beschäftigten der einzige materielle Maßstab, auf den es für die Personalratsgröße ankommt. Keine Rolle spielt hingegen, in welchem Umfang die Dienststelle selbst für beteiligungspflichtige Maßnahmen zuständig ist. Unerheblich ist daher, in welchem Umfang nach Maßgabe der einschlägigen organisationsrechtlichen Bestimmungen eine übergeordnete Dienststelle Maßnahmen trifft, welche die Dienststelle und ihre Beschäftigten betreffen. Dieser Umstand ist nicht geeignet, die sich aus § 16 Abs. 1 BPersVG ergebende Personalratsstärke zu reduzieren, obschon in diesen Fällen nach dem in § 82 Abs. 1 BPersVG vorgegebenen Partnerschaftsgrundsatz nicht der örtliche Personalrat, sondern die Stufenvertretung bei der übergeordneten Dienststelle zur Beteiligung berufen ist. Wenn sich der Gesetzgeber für die Bildung der örtlichen Personalräte in § 16 Abs. 1 BPersVG mit dem Maßstab "Zahl der dienststellenangehörigen Beschäftigten" begnügt hat, so hat er damit zum Ausdruck gebracht, dass dieser Maßstab eine zwar pauschale, aber typischerweise verlässliche Grundlage ist, um der unterschiedlichen Belastung der Personalräte Rechnung zu tragen.
Dieser Grundsatz kommt für die Personalräte beim Jobcenter ebenfalls zum Tragen. Für sie gelten die Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes entsprechend. Dies bedeutet, dass sich ihre Größe ebenfalls nach § 16 Abs. 1 BPersVG bestimmt, so dass auf die beim Jobcenter beschäftigten Arbeitnehmer und Beamten abzustellen ist (vgl. § 44h Abs. 2 SGB II). Eine Reduzierung der Personalratsstärke im Hinblick darauf, dass die Befugnisse zur Begründung und Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse gemäß § 44d Abs. 4 SGB II bei den Trägern verblieben und die Personalräte bei den Jobcentern von damit zusammenhängenden Aufgaben entlastet sind, kommt nicht in Betracht. Folgerichtig scheidet es aus, die Personalräte bei der Bundesagentur in dieser Hinsicht aufzustocken. Erst recht verbietet es sich, für diese Personalräte die den Jobcentern zugewiesenen Beschäftigten der Bundesagentur in vollem Umfang in Ansatz zu bringen. Denn die Beschäftigten bei den Jobcentern verfügen über einen eigenen Personalrat, der befugt ist, ihre Interessen in allen innerdienstlichen Angelegenheiten wahrzunehmen, welche nicht die Begründung und Beendigung der Beamten- und Arbeitsverhältnisse betreffen (§ 44h Abs. 1 bis 3 SGB II).
Ungeachtet der Sonderregelungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zur Aufgabenverteilung zwischen Personalräten der Träger und der Jobcenter gilt im Personalvertretungsrecht auch sonst, dass Wahl und Zusammensetzung des Personalrats einerseits und Beteiligung des Personalrats andererseits unterschiedlichen Regeln folgen. So ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass der Personalrat zur Beteiligung in Angelegenheiten von Personen berufen sein kann, die ihre Dienststellenzugehörigkeit verloren haben 10.
Beim gegenwärtigen Erkenntnisstand kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich aus der den Trägern verbliebenen Kompetenz für Begründung und Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse für die Personalräte im Geschäftsbereich der Bundesagentur eine strukturelle Mehrbelastung ergibt. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 11 hat in diesem Zusammenhang auf das Instrument der Freistellung hingewiesen. Dem pflichtet das Bundesverwaltungsgericht bei. Gemäß § 46 Abs. 4 Satz 3 BPersVG kann von der Freistellungsstaffel im Einvernehmen zwischen Personalrat und Dienststellenleiter abgewichen werden. Es liegt nahe, von dieser Möglichkeit unter Heranziehung des Grundsatzes in § 46 Abs. 3 Satz 1 BPersVG im Sinne einer Aufstockung der Freistellungen Gebrauch zu machen, wenn anders die Personalratsaufgaben nicht ordnungsgemäß bewältigt werden können 12.
Im Übrigen wird der Bundesgesetzgeber die Entwicklung der Personalvertretungen im Bereich der Bundesagentur in Bezug auf die den Jobcentern zugewiesenen Beschäftigten im Auge behalten müssen. Er wird Anlass zum Eingreifen haben, wenn sich herausstellt, dass die Personalräte der Bundesagentur mit den Personalangelegenheiten gemäß § 44d Abs. 4 SGB II überfordert sind und Abhilfe im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Regelungen nicht möglich ist. Dieser Zeitpunkt ist jetzt mit Blick darauf, dass die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch erst am 1.01.2011 in Kraft getreten sind, noch nicht gekommen.
Mit der vorliegenden Entscheidung setzt sich das Bundesverwaltungsgericht nicht in Widerspruch zur neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, mit welcher dieses die "Zwei-Komponenten-Lehre" für die Fälle des drittbezogenen Personaleinsatzes aufgegeben hat 13. Zunächst verbietet es sich wegen spezieller gesetzgeberischer Aktivitäten im Bereich des Betriebsverfassungsrechts (vgl. insbesondere § 5 Abs. 1 Satz 3, § 7 Satz 2 BetrVG) schon im Ansatz, Aussagen aus dem Betriebsverfassungsrecht auf Wahl und Zusammensetzung des Personalrats nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz zu übertragen. Ferner gibt es für die Zwei-Komponenten-Lehre, nach welcher zu den konstitutiven Merkmalen der Betriebszugehörigkeit ein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber zählt 14, im Bundespersonalvertretungsgesetz keine Entsprechung, weil nach der Konzeption der §§ 4, 13 BPersVG für die Dienststellenzugehörigkeit ein Beschäftigungsverhältnis gerade zum Rechtsträger der Dienststelle nicht zwingend ist. Schließlich sind für die vom Bundesarbeitsgericht verlangte differenzierte Beurteilung der betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung von Arbeitnehmern die zum drittbezogenen Personaleinsatz bereits ergangenen speziellen gesetzgeberischen Regelungen wesentlich 15. Eine derartige spezielle Regelung findet sich hier in § 44h SGB II, mit welcher der Bundesgesetzgeber das von den Leistungsträgern gestellte Personal personalvertretungsrechtlich den Jobcentern zugeordnet hat. Hingegen hat der Bundesgesetzgeber davon abgesehen, für die von der Bundesagentur gestellten Beschäftigten der Jobcenter die Rechtsfolge aus § 13 Abs. 2 Satz 4 BPersVG auszuschließen – anders als dies für den Verlust des Wahlrechts der kommunalen Mitarbeiter inzwischen in einer Reihe von Bundesländern geschehen ist (vgl. Art. 13 Abs. 1 Satz 2 BayPersVG, § 112 NWPersVG, § 10 Abs. 2 Satz 3 RhPPersVG, § 12 Abs. 2 Satz 5 SaarPersVG, § 13 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 ThürPersVG).
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 11. Oktober 2013 – 6 PB 27.13
- vgl. Schlatmann, a.a.O. § 16 Rn. 1 und 5; Sommer, a.a.O. § 16 Rn. 3; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 16 Rn. 3; Dörner, in: Richardi u.a., a.a.O. § 16 Rn. 5 f.[↩]
- vgl. Schlatmann, a.a.O. § 16 Rn. 5; Sommer, a.a.O. § 16 Rn. 2; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 16 Rn. 4[↩]
- vgl. zur Teilnahme jugendlicher Beschäftigter an der Personalversammlung: BVerwG, Beschluss vom 20.11.2012 – 6 PB 14.12, Buchholz 250 § 48 BPersVG Nr. 1 Rn. 4[↩]
- vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26.11.2008 – 6 P 7.08, BVerwGE 132, 276 Rn. 25 = Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 6; vom 14.12.2009 – 6 P 16.08, BVerwGE 135, 384 Rn. 11 = Buchholz 250 § 13 BPersVG Nr. 4; und vom 03.11.2011 – 6 P 14.10, Buchholz 251.91 § 68 SächsPersVG Nr. 1 Rn. 13[↩]
- vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15.05.2002 – 6 P 8.01, BVerwGE 116, 242, 249 = Buchholz 250 § 29 BPersVG Nr. 4 S. 6 und vom 03.11.2011 a.a.O. Rn. 14[↩]
- vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20.11.2012 a.a.O. Rn. 8 f.; und vom 18.01.2013 – 6 PB 17.12, Buchholz 250 § 13 BPersVG Nr. 5 Rn. 4 ff.[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.01.2013 a.a.O. Rn. 9[↩]
- vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Beschluss vom 03.07.2013 – 6 P 2.13, m.w.N.[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.07.2013 a.a.O. Rn. 11 m.w.N.[↩]
- vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15.11.2006 – 6 P 1.06, BVerwGE 127, 142 Rn. 21 = Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 40; und vom 10.01.2008 – 6 P 5.07, Buchholz 251.4 § 88 HmbPersVG Nr. 3 Rn. 12[↩]
- OVG NRW, Beschluss vom 13.06.2013 – 20 A 219/13.PVB[↩]
- vgl. dazu Faber, in: Lorenzen u.a., a.a.O. § 46 Rn. 98 ff.; Altvater/Peiseler, a.a.O. § 46 Rn. 48; Sommer, a.a.O. § 46 Rn. 13b und 27b; Treber, in: Richardi u.a., a.a.O. § 46 Rn. 49 ff.; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 46 Rn. 49 ff.; zum Betriebsverfassungsrecht: BAG, Beschluss vom 26.07.1989 – 7 ABR 64/88 – BAGE 63, 1, 7 f.[↩]
- vgl. BAG, Beschlüsse vom 05.12.2012 – 7 ABR 48/11; und vom 13.03.2013 – 7 ABR 69/11[↩]
- BAG, Beschluss vom 05.12.2012 a.a.O. Rn.19[↩]
- vgl. BAG, Beschlüsse vom 05.12.2012 a.a.O. Rn.19 und vom 13.03.2013 a.a.O. Rn. 22[↩]