Ein entlassener Beamter kann die wegen der Einleitung eines von seinem früheren Dienstherrn eingestellten Disziplinarverfahrens bestehenden Zweifel an seiner charakterlichen Eignung im Rahmen eines Einstellungsverfahrens zerstreuen.

Zwar geht das Verwaltungsgericht zutreffend davon aus, dass die charakterliche Eignung aufgrund eines Werturteils zu treffen ist; insoweit steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu [1]. Auch genügen bereits berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung zur Ablehnung des Antrags auf Einstellung [2]. Diese Beurteilung muss jedoch auf einer tragfähigen Sachverhaltsermittlung beruhen, in deren Rahmen der Beamte Gelegenheit haben muss, die entstandenen Zweifel zu zerstreuen.
Für die Sachverhaltselemente, die Zweifel an der Eignung des Bewerbers begründen, trägt der Dienstherr die Darlegungs- und Beweislast. Für die Tatsachen, die die Zweifel zerstreuen, ist hingegen der Beamtenbewerber darlegungs- und beweisbelastet [3].
Da im hier entschiedenen fall der Antragsteller zu den gegen ihn erhobenen Disziplinarvorwürfen unter Angaben von seiner Ansicht nach die Disziplinarvorwürfe entkräftenden Tatsachen Stellung genommen hat, können die Zweifel an der Eignung des Antragstellers nicht (mehr) allein und ohne Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Antragstellers aus dem Umstand abgeleitet werden, dass ein inzwischen eingestelltes Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet worden ist. Die notwendige Beurteilung, ob auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers Zweifel an der Eignung vorliegen, hat der Dienstherr vorzunehmen.
Soweit der Dienstherr die Zweifel an der charakterlichen Eignung auf die mit der Einleitungsverfügung zu dem früheren Disziplinarverfahren erhobenen Disziplinarvorwürfe stützen will, dürften die Unterlagen über das Disziplinarverfahren bei der früheren Dienstbehörde anzufordern sein, ggf. ergänzend um Schilderung des dem Disziplinarverfahren zugrunde liegenden Sachverhalts gebeten werden müssen und der Beamtenbewerber zu den erhobenen Vorwürfen anzuhören sein. Eine derartige Aufklärungspflicht besteht so lange, wie der Dienstherr seine Zweifel an der Eignung auf den entsprechenden Sachverhalt stützen möchte.
Soweit der Dienstherr die Zweifel an der Eignung (auch) darauf stützt, dass der Bewerber sich durch seine Entlassung aus dem Dienst der Bundespolizei dem Disziplinarverfahren entzogen hat, und er hieraus schließt, dass der Beamtenbewerber wenig Nachhaltigkeit und Durchsetzungsvermögen hat, erscheint dies fraglich. Auch insoweit dürfte der Dienstherr gehalten sein, sich mit dem Vorbringen des Beamtenbewerbers, er habe bei diesem Dienstherrn kein Fortkommen mehr gesehen, auseinanderzusetzen. Entsprechendes gilt, soweit der Dienstherr sich darauf beruft, es sei naheliegender gewesen, die Vorwürfe im Disziplinarverfahren auszuräumen.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 12. Juli 2012 – 1 Bs 117/12
- vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2003 – 2 A 1/02; Urteil vom 28.10.2004 – 2 C 23/03; Zum Wehrdienstrecht: Beschluss vom 21.07.2011 – 1 WB 12/11[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 06.04.2006 – 2 VR 2/05[↩]
- vgl. zur Verfassungstreue des Beamtenbewerbers, welche vom Bundesverwaltungsgericht als „konkretisierte Eignungsvoraussetzung“ bezeichnet wird: BVerwG, Urteil vom 27.11.1980 – 2 C 38/79, BVerwGE 61, 176[↩]
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