Mit dem Inhalt des Dienstzeugnisses eines Soldaten im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 2 SG hatte sich aktuell das Bundesverwaltungsgericht zu befassen:

§ 32 Abs. 1 Satz 2 SG regelt den Anspruch eines Soldaten auf Erteilung eines qualifizierten Dienstzeugnisses, das nicht nur – wie das sogenannte einfache Dienstzeugnis im Sinne des Beamtenrechts – über Art und Dauer der wesentlichen von ihm bekleideten Dienststellungen Auskunft gibt, sondern zusätzlich über seine Führung, seine Tätigkeit und seine Leistung im Dienst. Zu den im Wesentlichen gleichlautenden beamtenrechtlichen Vorschriften über das Dienstzeugnis (bis zum 11.02.2009 in § 92 BBG; seit dem 12.02.2009 in § 85 BBG) ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgendes geklärt:
Das qualifizierte Dienstzeugnis nach § 85 Satz 2 BBG bzw. § 92 Satz 2 BBG ist grundsätzlich zur Information möglicher künftiger Arbeitgeber oder neuer Dienstherren bestimmt. Durch diesen Zweck, der außerhalb des Beamtenverhältnisses liegt, für das es ausgestellt wird, unterscheidet sich das Dienstzeugnis grundlegend von der dienstlichen Beurteilung. Zweck des qualifizierten Dienstzeugnisses ist, dem ausgeschiedenen Beamten in Erfüllung der Fürsorgepflicht den Anschluss an eine künftige berufliche Tätigkeit zu vermitteln. Das Dienstzeugnis muss daher aufgrund der nachwirkenden Fürsorgepflicht des Dienstherrn wohlwollend sein, um dem ehemaligen Beamten den Weg in ein neues Arbeitsleben nicht unnötig zu erschweren. Andererseits dient es der Unterrichtung eines Dritten, der die Einstellung des ehemaligen Beamten erwägt, und muss daher wahr sein. Unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht und der Wahrheitspflicht hat das Dienstzeugnis die wesentlichen Tatsachen und Bewertungen zu enthalten, an denen Dritte ein berechtigtes und verständiges Interesse haben, um ein zutreffendes Bild von der Gesamtpersönlichkeit des ehemaligen Beamten zu erhalten. Wesentliche Angaben – unabhängig davon, ob sie für den Beamten günstig oder nachteilig sind – dürfen nicht verschwiegen werden. Falsche Angaben oder wesentliche Auslassungen im qualifizierten Dienstzeugnis können, soweit der neue Arbeitgeber darauf vertraut hat, gegenüber dem früheren Arbeitgeber Schadensersatzansprüche auslösen. Das bedeutet, dass ungünstige Tatsachen zwar wahrheitsgemäß dargestellt werden müssen, aber nur in dem Umfang und in der Ausführlichkeit, wie es das berechtigte Informationsbedürfnis eines künftigen Arbeitgebers oder Dienstherrn erfordert. Im Rahmen dieser Vorgaben ist dem für die Erteilung des qualifizierten Dienstzeugnisses zuständigen Dienstvorgesetzten eine ihm vorbehaltene Beurteilungsermächtigung eingeräumt, die einer beschränkten verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle unterliegt1. Den Beurteilungsspielraum, der dem für die Erteilung des qualifizierten Dienstzeugnisses zuständigen Dienstvorgesetzten eingeräumt ist, hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung betont und dabei unterstrichen, dass ein qualifiziertes Dienstzeugnis alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten muss, durch die Dritten ein zutreffendes Bild von der Gesamtpersönlichkeit des Beamten vermittelt werden kann2. Bei der Darstellung der Leistungen des Beamten hat der Verfasser des Dienstzeugnisses eine etwa hervorgetretene Eignung für ein bestimmtes Fachgebiet, überdies auch etwaige auffallende positive Eigenschaften allgemeiner Art – wie Fleiß, Verantwortungsbewusstsein oder Gründlichkeit, die sich dauerhaft im Dienst gezeigt haben, zu erwähnen, auch wenn sie die Einzelbewertungen oder die Gesamtbewertung nicht beeinflusst haben sollten. Andererseits können negative Eigenschaften, die sich als hervorstechend erwiesen haben, nicht unerwähnt bleiben3.
Hiernach sind in ein qualifiziertes Dienstzeugnis alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen einzubeziehen, durch die einem Dritten ein zutreffendes Bild von der Gesamtpersönlichkeit des Beamten gegeben werden kann. Die Entscheidung, welche Tatsachen und Bewertungen insoweit „wesentlich“ sind, und die Gewichtung und Gesamtbewertung der Leistung obliegen aber dem für die Erteilung des qualifizierten Dienstzeugnisses zuständigen Dienstvorgesetzten im Rahmen des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums.
Da § 32 Abs. 1 Satz 2 SG inhaltlich den beamtenrechtlichen Vorschriften über das Dienstzeugnis entspricht, sind die vorstehend ausgeführten Grundsätze auch für das qualifizierte Dienstzeugnis eines Soldaten maßgeblich.
Ob das dem Soldaten erteilte qualifizierte Dienstzeugnis uneingeschränkt den Anforderungen des § 32 Abs. 1 Satz 2 SG mit den in der Rechtsprechung entwickelnden Maßgaben genügt, kann nur unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalles beantwortet werden. Einer rechtsgrundsätzlichen Klärung ist diese Frage hingegen nicht zugänglich.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 8. Juli 2014 – 1 WNB 2.2014 –
- BVerwG, Urteil vom 23.11.1995 – 2 A 2.94, Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 21 14, 15 m.w.N.[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 02.05.1988 – 2 CB 48.87, Buchholz 237.7 § 104 NWLBG Nr. 4 3; zum Beurteilungsspielraum bereits: Urteil vom 26.01.1961 – 2 C 45.59, BVerwGE 12, 29, 34[↩]
- BVerwG, Urteil vom 26.01.1961 a.a.O. S. 32[↩]