Das Heilfürsorgerecht der Bundespolizei bedarf einer gesetzlicher Grundlage. Wie das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jetzt entschieden hat,besteht derzeit für die Rechtsansprüche der Polizeivollzugsbeamten des Bundes im Krankheits- und Pflegefall (Heilfürsorgeansprüche) keine ausreichende gesetzliche Grundlage. Die bisherige Praxis, die Heilfürsorgeleistungen im Wesentlichen auf Grund von Verwaltungsvorschriften – den Heilfürsorgevorschriften für die Bundespolizei – zu gewähren, ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts verfassungswidrig.

In dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall hatte der Kläger, ein im Dienst der Bundespolizei stehender Polizeihauptmeister, die Übernahme der Kosten einer ärztlichen Behandlung einschließlich des dafür eingesetzten Medizinprodukts beantragt. Der Dienstherr lehnte dies mit der Begründung ab, die Heilfürsorgevorschriften ließen dies nicht zu.
Die dagegen gerichtete Klage hat das erstinstanzlich hiermit befasste Verwaltungsgericht Karlsruhe abgewiesen1. Dagegen hatte die Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Kern Erfolg2. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim hat dagegen der Berufung stattgegeben und die Beklagte zur Kostenerstattung verpflichtet. Die Ausgestaltung der Heilfürsorge für Polizeivollzugsbeamte des Bundes bedürfe zwar einer gesetzlichen oder auf Gesetz beruhenden Regelung. Bis zum Erlass der angekündigten Rechtsverordnung sei jedoch von der Weitergeltung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift auszugehen. Daher bestehe auch grundsätzlich die Beschränkung auf die vom Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannten Medikamente und Medizinprodukte. Der Ausschluss des hier einschlägigen Medizinprodukts beruhe jedoch allein auf der mangelnden Befassung des Ausschusses mit dem Produkt und könne daher keine Sperrwirkung entfalten. Da es gewichtige Stimmen in der Wissenschaft gebe, nach denen die Behandlung zur Schmerzlinderung führen könne, komme der Einschätzung des behandelnden Arztes über die medizinische Wirksamkeit entscheidende Bedeutung zu. Bei einer entsprechenden ärztlichen Verordnung müssten folglich die Behandlungskosten übernommen werden.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts erfordert es der verfassungsrechtliche Grundsatz des Gesetzesvorbehalts, dass der parlamentarische Gesetzgeber im Bereich der Heilfürsorge der Bundespolizei zumindest die tragenden Strukturprinzipien und die wesentlichen Einschränkungen des Heilfürsorgerechts selbst regelt. Der grundsätzliche Anspruch auf Heilfürsorgeleistungen und deren Umfang bestimmt die Qualität der Versorgung bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit. Die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit, die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz sowie die Wahrung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts trotz laufender Aufwendungen für die Risikovorsorge oder besonderer Belastungen wegen Krankheit und Hilflosigkeit sind hochrangige Schutzgüter. Daher kann die Ausgestaltung des Heilfürsorgerechts nicht im Wesentlichen durch rein interne Verwaltungsvorschriften erfolgen. Sie obliegt vielmehr dem Gesetzgeber.
Trotz dieses Mangels ist für eine Übergangszeit von der Weitergeltung der Heilfürsorgevorschriften auszugehen. Damit ist gewährleistet, dass die Leistungen der Heilfürsorge nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht werden. Dies gilt auch für Leistungseinschränkungen und ‑ausschlüsse, wenn sie im Übrigen rechtmäßig sind. Danach kann der Kläger keine Kostenübernahme für die Therapie mit dem Medizinprodukt verlangen. Die Heilfürsorgevorschriften sehen insoweit einen Leistungsausschluss vor. Dies ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht zu beanstanden und verstößt auch nicht gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes.
Mit der vorliegenden Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht seine bereits zum Beihilferecht entwickelte Rechtsprechung fortgeführt3.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12. September 2013 – 5 C 33.12