Die Grippeschutzimpfung als Dienstunfall

Ein Dienstunfall kann vorliegen, wenn sich ein Beamter bei einer vom Dienstherrn organisierten Impfung gegen die echte Virusgrippe impfen lässt und dies zu gesundheitlichen Schäden führt.

Die Grippeschutzimpfung als Dienstunfall

In dem jetzt vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Rechtsstreit hatte sich der Kläger, ein inzwischen pensionierter Polizeivollzugsbeamter, sich im November 2005 während seiner Dienstzeit vom Polizeiarzt in den Räumen des polizeiärztlichen Dienstes gegen die Virusgrippe impfen lassen. Auf die kostenlose Schutzimpfung war der Kläger durch einen Aushang im Polizeirevier aufmerksam geworden. Im Jahr 2006 trat beim Kläger eine Störung der gesamten Motorik der rechten Körperhälfte auf. Ursache hierfür war eine Entzündung des Rückenmarks, die der Kläger auf die Schutzimpfung zurückführt.

Die Behörde hat den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Dienstunfall abgelehnt. In den Vorinstanzen haben das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes die Klage abgewiesen1. Das Oberverwaltungsgericht hat offen gelassen, ob die Impfung die wesentliche Ursache für die beim Kläger diagnostizierte Rückenmarksentzündung und die dadurch ausgelösten neurologischen Ausfallerscheinungen in der rechten Körperhälfte ist. Die Anerkennung als Dienstunfall sei jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil das den Körperschaden verursachende Ereignis nicht in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten sei. Das vom Dienstherrn erlaubte Aufsuchen eines Arztes während der Dienstzeit gehöre weder zu den Dienstaufgaben des Beamten noch stehe es damit im engen Zusammenhang. Dementsprechend sei die ärztliche Behandlung dem nicht dienstunfallgeschützten privaten Bereich des Beamten zuzuordnen.

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Auf die Revision des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil aufgehoben und das Verfahren an das Oberverwaltungsgericht in Saarlouis zur weiteren Klärung des Sachverhalts zurückverwiesen. Der besondere Schutz des Dienstunfallrechts soll dem Beamten nur dann zugute kommen, wenn sich der Unfall in der vom Dienstherrn beherrschten Risikosphäre ereignet hat. Die in der Rechtsprechung regelmäßig zur Abgrenzung der dienstlichen von der privaten Sphäre herangezogenen Kriterien der Dienstzeit und des Dienstortes führen hier nicht zur Annahme eines Dienstunfalls. Denn der Ort der Impfung war zu diesem Zeitpunkt nicht der Dienstort des Klägers. Der Dienstherr hatte die Impfung weder angeordnet noch im Hinblick auf die besonderen Gefährdungen von Polizeivollzugsbeamten auch nur empfohlen. Nach dem Gesetz ist ein Beamter aber auch dann geschützt, wenn er an einer dienstlichen Veranstaltung, wie z.B. an einem Betriebsausflug, teilnimmt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Schutzimpfung als eine solche dienstliche Veranstaltung angesehen, weil sie vollständig in der Verantwortung des Dienstherrn lag. Dieser hatte die Impfung seinen Bediensteten angeboten, den Impfstoff bestimmt, das Personal und die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt und auch die Kosten übernommen. Außerdem lag die Impfung auch im dienstlichen Interesse, weil davon auszugehen ist, dass geimpfte Bedienstete ein geringeres Risiko haben, krankheitsbedingt auszufallen.

Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Schutzimpfung tatsächlich die wesentliche Ursache für die erheblichen gesundheitlichen Probleme des Klägers ist.

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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29. August 2013 – 2 C 1.12

  1. VG Saarland, Urteil vom 29.03.2011 – 1 A 260/11; OVG Saarland, Urteil vom 07.12.2011 – 2 K 1879/08[]