Außerdienstliches Verhalten von Beamten ist nur disziplinarwürdig, wenn es zur Beeinträchtigung des berufserforderlichen Vertrauens führen kann. Dies ist insbesondere bei vorsätzlich begangenen Straftaten sowie bei Vorliegen eines Bezuges zwischen dem Pflichtenverstoß und dem Amt des Beamten anzunehmen. Anknüpfungspunkt hierfür ist das Amt im statusrechtlichen Sinn.

Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen; sie genießen in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Das zur Ausübung dieser Ämter erforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Straftaten begehen.
Der Besitz von kinderpornographischen Bild- oder Videodateien kann angesichts der Variationsbreite möglicher Verfehlungen nicht einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Regeleinstufung zugeordnet werden. Bei Polizeibeamten ist angesichts des vorliegenden Amtsbezugs der Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eröffnet.
Die Ausschöpfung dieses Rahmens kommt nur in Betracht, wenn dies dem Schweregehalt des vom Beamten begangenen Dienstvergehens entspricht. Für diese Einordnung kann indiziell auf die von den Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden. Ist von den Strafgerichten nur auf eine Geldstrafe erkannt oder das Strafverfahren eingestellt worden, bedarf der Ausspruch einer statusberührenden Disziplinarmaßnahme einer besonderen Begründung.
Mit dem Besitz kinderpornographischer Bild- und Videodateien hat der Polizeibeamte eine außerdienstliche Pflichtverletzung begangen, die in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, und daher als Dienstvergehen zu bewerten ist .
Nach den gemäß § 71 Abs. 1, § 66 Abs. 1 Satz 1, § 58 Abs. 1 Satz 1 LDG BB bindenden tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils, die vom Polizeibeamten auch nicht in Abrede gestellt worden sind, hat er kinderpornographische Schriften besessen und sich damit eines Vergehens nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung vom 27.12 20031 schuldig gemacht.
Dieses Fehlverhalten lag außerhalb des Dienstes, weil es weder formell in das Amt des Polizeibeamten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war2.
Außerhalb seines Dienstes ist der Beamte grundsätzlich nur verpflichtet, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 BeamtStG sowie § 19 Satz 3 LBG BB a.F.)3. Außerdienstliches Verhalten kann den Pflichtenkreis des Beamten nur berühren, wenn es die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit betrifft und dadurch mittelbar dienstrechtliche Relevanz erlangt. Das Vertrauen der Bürger, dass der Beamte dem Auftrag gerecht wird, als Repräsentant des demokratischen Rechtsstaates eine unabhängige, unparteiliche und gesetzestreue Verwaltung zu sichern, darf der Beamte auch durch sein außerdienstliches Verhalten nicht beeinträchtigen4.
Als Dienstvergehen ist das außerdienstliche Verhalten von Beamten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG dabei nur zu qualifizieren, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Unbeschadet des teilweise veränderten Wortlauts ist mit dieser Vorschrift eine inhaltliche Änderung gegenüber früheren Bestimmungen zur Qualifizierung außerdienstlichen Verhaltens – wie etwa § 43 Abs. 1 Satz 2 LBG BB a.F. – nicht verbunden5.
Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20.07.19676 reicht bei außerdienstlichen Verfehlungen nicht bereits die Pflichtverletzung selbst zur Annahme eines Dienstvergehens aus, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch eine Straftat begangen worden ist7. Hinzutreten müssen weitere, auf die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung bezogene Umstände. Nur soweit es um die Wahrung des Vertrauens der Bürger in die Integrität der Amtsführung und damit in die künftige Aufgabenwahrnehmung geht, vermag das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Interesse an der Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums die im privaten Bereich des Beamten wirkenden Grundrechte einzuschränken8.
Unterhalb dieser Schwelle erwartet der Gesetzgeber von Beamten kein wesentlich anderes Sozialverhalten mehr als von jedem anderen Bürger9. Private Straßenverkehrsdelikte etwa begründen daher in der Regel kein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis10.
Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab11. Dabei kommt vorsätzlichen (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) Straftaten eine besondere Bedeutung zu12. Maßgeblich ist auch, ob der Pflichtenverstoß des Beamten einen Bezug zu seinem Amt aufweist.
Bezugspunkt hierfür ist das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen Sinne; soweit in der bisherigen Rechtsprechung auf das Amt im konkret-funktionellen Sinne (den Dienstposten) abgestellt worden ist, hält das Bundesverwaltungsgericht hieran nicht mehr fest.
Die Rechtsstellung des Beamten wird durch sein Statusamt geprägt13. Dieses – und nicht die mit einem gegenwärtig innegehabten Dienstposten verbundene Tätigkeit – bestimmt, mit welchem Aufgabenbereich der Beamte amtsangemessen beschäftigt und damit künftig verwendet werden kann. Folgerichtig sind auch andere statusrechtliche Entscheidungen, wie etwa zu Eignung oder Dienstfähigkeit des Beamten, nicht auf die sich aus einem bestimmten Dienstposten ergebenden Anforderungen bezogen. Auch die spiegelbildliche Frage, ob der Beamte trotz begangener Pflichtverletzungen noch im Beamtenverhältnis verbleiben kann, muss daher auf sein Amt als Ganzes und nicht auf die Besonderheiten eines begrenzten Tätigkeitsbereichs bezogen werden14. Andernfalls hinge die Möglichkeit der Vertrauensbeeinträchtigung von den Zufälligkeiten des jeweiligen Aufgabenzuschnitts und der Abgrenzung der Dienstposten zum Zeitpunkt der Tatbegehung ab. Der Beamte kann aber jederzeit umgesetzt oder versetzt werden15.
Die Bezugnahme auf das Statusamt folgt überdies aus der materiellen Pflichtenstellung in § 34 Satz 3 BeamtStG. Während Satz 2 dieser Vorschrift an die dem Beamten übertragenen Aufgaben angeknüpft, nehmen Satz 1 und 3 jeweils auf den Beruf Bezug. Die Verpflichtung, sich mit vollem persönlichen Einsatz dem Beruf zu widmen, ist aber nicht nur auf den Dienstposten bezogen. Berufspflichten gehen vielmehr über die konkret übertragenen Dienstaufgaben hinaus und werden auch in anderen Rechtsgebieten umfassend verstanden (vgl. etwa § 43 Satz 2 BRAO). Entsprechendes gilt für die Pflicht, dem berufserforderlichen Vertrauen gerecht zu werden. Entstehungsgeschichtlich geht die Bezugnahme auf den Beruf und die hierfür erforderliche Vertrauensstellung bereits auf § 10 des Reichsbeamtengesetzes vom 31.03.187316 zurück und war stets umfassend und nicht nur auf konkrete Dienstpflichten bezogen17.
Auch in funktionaler Hinsicht ist das außerdienstliche Verhalten des Beamten gerade nicht durch die ihm konkret übertragenen Aufgaben seines Dienstpostens bestimmt. Bezüge zu seinem Dienstverhältnis entfaltet das private Verhalten des Beamten vielmehr nur mittelbar, wenn es die Vertrauenswürdigkeit seiner Person berührt und damit auch seine künftige Amtsführung beeinträchtigen kann. Bezugspunkt für die Vertrauensbeeinträchtigung ist damit das dem Beamten als Lebensberuf übertragene Statusamt.
Aus dem sachlichen Bezug des Dienstvergehens zum konkreten Aufgabenbereich kann sich aber eine Indizwirkung ergeben. Der Beamte wird mit dem ihm übertragenen konkreten Amt identifiziert; dieses hat er uneigennützig, nach bestem Gewissen und in voller persönlicher Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen wahrzunehmen (§ 34 Satz 1 und 2, § 36 Abs. 1 BeamtStG). Je näher der Bezug des außerdienstlichen Fehlverhaltens des Beamten zu dem ihm übertragenen Aufgabenbereich ist, umso eher kann davon ausgegangen werden, dass sein Verhalten geeignet ist, das Vertrauen zu beeinträchtigen, das sein Beruf erfordert18.
Der außerdienstliche Besitz kinderpornographischer Bild- oder Videodateien weist einen hinreichenden Bezug zum Amt eines Polizeibeamten auf.
Anders als Erziehern oder Lehrern19 ist Polizeibeamten zwar keine spezifische Dienstpflicht zu Schutz und Obhut gerade von Kindern auferlegt. Polizeibeamte haben indes Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen daher in der Öffentlichkeit – insbesondere auch für schutzbedürftige Personen – eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung20.
Dieses berufserforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Vorsatzstraftaten – gerade zu Lasten Schutzbedürftiger – begehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Polizeibeamte auf seinem konkreten Dienstposten gerade mit der Verfolgung solcher Delikte betraut war oder Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen hatte. Erhebliche Straftaten eines Polizeibeamten begründen auch in Ansehung ihres außerdienstlichen Charakters ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen.
Die hierfür als Disziplinarmaßnahme ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verstößt nicht gegen § 13 LDG BB.
Nach § 13 Abs. 1 LDG BB und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme21. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden22. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen23.
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 LDG BB). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden24. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.
Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.
Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen25. Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen26.
Schwerwiegende Straftaten können auch deliktsbezogen identifiziert werden27. Bestimmte Straftaten bewirken bereits aus der Art ihres Unrechtsgehalts einen Vertrauensschaden, der eine weitere Tätigkeit als Beamter untragbar erscheinen lässt. Lässt sich ein Beamter bestechen, ist er als Sachwalter einer gesetzestreuen und unabhängigen Verwaltung nicht mehr denkbar28. Unabhängig vom konkret verhängten Strafmaß; und vom Amt des Beamten ist in der Rechtsprechung insbesondere der sexuelle Missbrauch von Kindern oder Schutzbefohlenen als außerdienstliche Verfehlung bewertet worden, die eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Regeleinstufung gebietet29.
Entsprechendes kann für den Besitz von kinderpornographischen Schriften nicht gelten. Zwar trägt die Nachfrage nach derartigen Bild- oder Videodateien zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde bei30. Da es beim bloßen Besitz entsprechender Darstellungen aber an einem unmittelbaren Eingriff des Beamten in die sexuelle Selbstbestimmung der betroffenen Kinder fehlt, ist die Variationsbreite möglicher Verfehlungen zu groß, um generell von einer hinreichenden Schwere der außerdienstlichen Pflichtverletzung ausgehen zu können. Die außerdienstlich begangene Straftat kann daher nicht bereits deliktstypisch als derart gravierend erachtet werden, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Regeleinstufung gerechtfertigt erscheint31.
Das Ausmaß des durch die außerdienstlich begangene Straftat hervorgerufenen Vertrauensschadens muss daher im konkreten Einzelfall bestimmt werden. Hierzu kann auf den Strafrahmen zurückgegriffen werden, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen32. Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.
Für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften hat das Bundesverwaltungsgericht aus dem seit 2004 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27.12 200333 von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Die Anhebung der Strafandrohung für den (bloßen) Besitz kinderpornographischer Schriften auf bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe durch § 184b Abs. 3 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 21.01.201534 ist erst nach der hier vorliegenden Tatbegehung in Kraft getreten und kann daher nicht berücksichtigt werden.
Weist ein Dienstvergehen indes – wie hier – hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis35.
Gemäß § 13 Abs. 1 LDG BB ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden36.
Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt deshalb nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht37. Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens – nach oben wie nach unten – unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein38. Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise39. Der Ausspruch der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften setzt deshalb voraus, dass das Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere also Anzahl, Art und Inhalt der Darstellungen, als besonders verwerflich einzustufen ist40.
Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden41. Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu42. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden43. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist.
Ist von den Strafgerichten nur auf eine Geldstrafe erkannt oder das Strafverfahren eingestellt worden und sind die Strafverfolgungsorgane damit nicht von einer besonderen Schwere der individuellen Schuld ausgegangen (vgl. § 153a Abs. 1 StPO), bedarf der Ausspruch einer statusberührenden Disziplinarmaßnahme daher einer besonderen Begründung der Disziplinargerichte zur Schwere der Verfehlung. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kommt hier nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht.
Bei der Entscheidung über die angemessene Disziplinarmaßnahme ist auch die besondere Stellung von Polizeibeamten zu berücksichtigen. Außerdienstlich begangene Vorsatzstraftaten führen hier angesichts der mit dem Amt verbundenen Aufgaben- und Vertrauensstellung regelmäßig zu einem mittelbaren Amtsbezug und damit auch zur Disziplinarwürdigkeit entsprechender Verfehlungen. Die mit § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG beabsichtigte Begrenzungswirkung für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Pflichtenverstöße kommt bei von Polizeibeamten begangenen Straftaten daher nur eingeschränkt zum Tragen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Bedeutung außerdienstlichen Verhaltens für das Disziplinarrecht einzuschränken, gilt indes auch für die Beamten dieser Ämter. Der außerdienstliche Charakter des Dienstvergehens muss daher auch bei der Maßnahmebemessung Berücksichtigung finden44. Jedenfalls statusberührende Disziplinarmaßnahmen kommen deshalb nur bei schwerwiegenden Verfehlungen in Betracht.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 19.2014 –
- BGBl. I S. 3007, 3009[↩]
- BVerwG, Urteile vom 20.02.2001 – 1 D 55.99, BVerwGE 114, 37, 48; und vom 19.08.2010 – 2 C 5.10, Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9[↩]
- hierzu BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 2 C 16.10, BVerwGE 140, 185 Rn. 21[↩]
- BVerwG, Urteil vom 30.08.2000 – 1 D 37.99, BVerwGE 112, 19, 26[↩]
- BVerwG, Urteile vom 25.08.2009 – 1 D 1.08, Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 50 ff.; und vom 25.03.2010 – 2 C 83.08, BVerwGE 136, 173 Rn. 16 f.[↩]
- BGBl. I S. 725[↩]
- BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 – 2 C 83.08, BVerwGE 136, 173 Rn. 14[↩]
- BVerfG, Kammerbeschluss vom 08.12 2004 – 2 BvR 52/02 – BVerfGK 4, 243, 254[↩]
- BT-Drs. 16/7076 S. 117 zum BBG sowie BT-Drs. 16/4027 S. 34 zum BeamtStG; hierzu auch BVerwG, Urteile vom 30.08.2000 – 1 D 37.99, BVerwGE 112, 19, 26 f.; und vom 27.06.2013 – 2 A 2.12, BVerwGE 147, 127 Rn. 24[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 30.08.2000 – 1 D 37.99, BVerwGE 112, 19, 23 zur einmaligen Trunkenheitsfahrt[↩]
- vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19.02.2003 – 2 BvR 1413/01, NVwZ 2003, 1504 Rn. 30[↩]
- BVerwG, Urteile vom 28.07.2011 – 2 C 16.10, BVerwGE 140, 185 Rn. 24[↩]
- BVerwG, Urteil vom 11.12 2014 – 2 C 51.13 – ZBR 2015, 166 Rn. 28[↩]
- vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 – 2 C 63.11, BVerwGE 147, 229 Rn.19[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.01.2014 – 2 B 102.13 9[↩]
- RGBl. S. 61[↩]
- vgl. Günther, DÖD 2007, 13, 23[↩]
- BVerwG, Urteil vom 08.05.2001 – 1 D 20.00, BVerwGE 114, 212, 218 f.; ähnlich bereits Urteil vom 30.08.2000 – 1 D 37.99, BVerwGE 112, 19, 27[↩]
- vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 – 2 C 5.10, Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 15 ff.; Beschlüsse vom 25.05.2012 – 2 B 133.11, NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 17; und vom 19.03.2013 – 2 B 17.12 7[↩]
- vgl. BVerwG, Urteile vom 08.05.2001 – 1 D 20.00, BVerwGE 114, 212, 219; und vom 25.07.2013 – 2 C 63.11, BVerwGE 147, 229 Rn.20 sowie BVerfG, Kammerbeschluss vom 18.01.2008 – 2 BvR 313/07 – BVerfGK 13, 205, 209 für Staatsanwälte[↩]
- BVerwG, Urteil vom 29.10.2013 – 1 D 1.12, BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.[↩]
- BVerfG, Kammerbeschluss vom 08.12 2004 – 2 BvR 52/02 – BVerfGK 4, 243, 257[↩]
- BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 – 2 C 12.04, BVerwGE 124, 252, 258 f.[↩]
- BVerwG, Urteile vom 23.01.1973 – 1 D 25.72, BVerwGE 46, 64, 66 f.; vom 25.07.2013 – 2 C 63.11, BVerwGE 147, 229 Rn. 21; und vom 27.02.2014 – 2 C 1.13, BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.[↩]
- vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Beschluss vom 25.05.2012 – 2 B 133.11, NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10[↩]
- BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14.06.2000 – 2 BvR 993/94 – ZBR 2001, 208 Rn. 11; und vom 08.12 2004 – 2 BvR 52/02 – BVerfGK 4, 243, 257 f.[↩]
- vgl. zur Zuordnung bestimmter Straftaten zu einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen BVerwG, Urteil vom 29.10.2013 – 1 D 1.12, BVerwGE 148, 192 Rn. 40 m.w.N.[↩]
- BVerfG, Kammerbeschluss vom 19.02.2003 – 2 BvR 1413/01, NVwZ 2003, 1504 Rn. 30; BVerwG, Urteil vom 28.02.2013 – 2 C 3.12, BVerwGE 146, 98 Rn. 29[↩]
- BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 – 2 C 83.08, BVerwGE 136, 173 Rn. 18; Beschluss vom 23.06.2010 – 2 B 44.09 12[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 – 2 C 83.08, BVerwGE 136, 173 Rn.19[↩]
- BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 – 2 C 13.10, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25[↩]
- BVerwG, Urteile vom 19.08.2010 – 2 C 5.10, Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22 und – 2 C 13.10, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25[↩]
- BGBl. I S. 3007[↩]
- BGBl. I S. 10[↩]
- BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 – 2 C 5.10, Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24; Beschlüsse vom 25.05.2012 – 2 B 133.11, NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff.; und vom 23.01.2014 – 2 B 52.13 8[↩]
- stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 – 2 C 12.04, BVerwGE 124, 252, 258 f. sowie zuletzt etwa vom 27.06.2013 – 2 A 2.12, BVerwGE 147, 127 Rn. 32; und vom 29.10.2013 – 1 D 1.12, BVerwGE 148, 192 Rn. 39[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 2 C 16.10, BVerwGE 140, 185 Rn. 24[↩]
- BVerwG, Urteil vom 23.07.2013 – 2 C 63.11, BVerwGE 147, 229 Rn. 32, Beschluss vom 20.12 2013 – 2 B 35.13, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 21 Rn. 21[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 05.03.2014 – 2 B 111.13 13[↩]
- BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.2012 – 2 B 133.11, NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 11; vom 19.03.2013 – 2 B 17.12 5; und vom 05.04.2013 – 2 B 79.11 7[↩]
- vgl. zur Bezugnahme auf eine verhängte Freiheitsstrafe und den „Gleichklang zum Strafrecht“ auch BVerwG, Urteil vom 25.03.2010 – 2 C 83.08, BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26[↩]
- vgl. zur Bezugnahme der disziplinarrechtlichen Maßnahmebemessung auf die strafrechtliche Sanktion aber § 14 LDG BB[↩]
- BVerwG, Beschlüsse vom 14.05.2012 – 2 B 146.11, NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10; und vom 25.05.2012 – 2 B 133.11, NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 10, jeweils a.E.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 2 C 16.10, BVerwGE 140, 185 Rn. 33[↩]