Ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder auf eine Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten.

Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen über die Verwendung eines Soldaten1. Die Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm bzw. ihr zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich unter dem Blickwinkel der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung oder nachgeordneten Stellen im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien – hier insbesondere in der ZDv A-1340/36 „Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten“ – festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind2.
Nach Nr. 101 ZDv A-1340/36 dürfen Soldaten abweichend von dem ihnen mit Personalverfügung übertragenen Dienstposten vorübergehend so eingesetzt werden, wie es die jeweiligen dienstlichen Gegebenheiten erfordern. Hiernach ist auch die vorübergehende Betrauung mit anderen Aufgaben möglich, die niedriger dotierten Dienstposten zugeordnet sind. Jedoch sind nach Nr. 102 ZDv A-1340/36 nicht vertretbare Benachteiligungen der Betroffenen zu vermeiden. Ist wegen der Dauer der nicht dienstpostengerechten Verwendung die Zustimmung der personalbearbeitenden Stelle einzuholen, ist nach Nr.203 ZDv A-1340/46 an die Zustimmungsentscheidung der personalbearbeitenden Stelle unter Berücksichtigung der unter Nr. 102 ZDv A-1340/36 genannten Gründe ein strenger Maßstab anzulegen. An die Prüfung der entsprechenden Gründe durch den für die Anordnung zuständigen Fachvorgesetzten ist kein geringerer Maßstab anzulegen.
Ein Soldat hat keinen Anspruch darauf, nur auf Dienstposten verwendet zu werden, die im Stellenplan mit einer seinem Dienstgrad und seiner Besoldungsgruppe entsprechenden Planstelle abgedeckt sind. Besondere dienstliche Umstände können es gebieten, den Soldaten mit einem Dienstposten zu betrauen, der normalerweise von einem dienstgradniedrigeren Soldaten wahrgenommen wird. Rechtswidrig ist eine solche Verwendung erst dann, wenn sie derart unterwertig ist, dass sie dem Soldaten bei objektiver Beurteilung mit Rücksicht auf seinen Dienstgrad und seine Ausbildung nicht zugemutet werden kann3. Die Grenze der Zumutbarkeit kann mithin dann überschritten sein, wenn dem Soldaten eine nach der Art der Tätigkeit schlechthin unangemessene Verwendung übertragen wird. Auch eine dem Soldaten danach an sich zunächst zumutbare unterwertige Verwendung kann indes für ihn dadurch unzumutbar werden, dass sie ohne sein Einverständnis allzu lange andauert4. Die Unzumutbarkeit einer Verwendung kann sich weiter auch daraus ergeben, dass ihm die für eine weitere Förderung erforderlichen Voraussetzungen vorenthalten werden5.
Diesen Anforderungen wird die im vorliegenden Verfahren angegriffene Anordnung – und in gleicher Weise auch die Zustimmung des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr zu ihr – nicht gerecht:
Zwar ist der Dienstherr ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt für die fragliche Anordnung besondere dienstliche Umstände im Sinne von Nr. 101 ZDv A-1340/36 bestanden, die eine vorübergehende nicht dienstpostengerechte Verwendung des Antragstellers rechtfertigen könnten. Hierfür kommt es maßgeblich auf die Einschätzung des Dienstherrn, nicht auf die des Antragstellers an. Das Bedürfnis für die Verwendung des Antragstellers im Leitungsstab des Referats … folgt nach der Einschätzung des Dienstherrn aus der besonderen Belastung dieses Referats, die zu einem erheblichen Erledigungsdefizit geführt hat. Mit Schreiben vom 31.10.2019 hat das … der Bundeswehr plausibel und in einer seinen Einschätzungsspielraum bei Organisationsentscheidungen nicht überschreitenden Weise erläutert, worin die besondere Belastung des in Rede stehenden Referats bestand und dass die sich hieraus ergebenden Probleme durch einen vorübergehenden Einsatz des im konzeptionellen Bereich besonders befähigten Antragstellers in dem betroffenen Referat gelöst werden sollten.
Die Entscheidung, die durch das Erledigungsdefizit angefallene Mehrbelastung des Referats … durch eine nicht dienstpostengerechte Verwendung gerade des Antragstellers zu bewältigen, war aber ermessensfehlerhaft. Denn Nr. 102 ZDv A-1340/36 fordert eine Abwägung der für die Maßnahme sprechenden dienstlichen Erfordernisse mit den gegen die Auswahl des Betroffenen sprechenden, mit der Maßnahme verbundenen Benachteiligungen. Auch an die Prüfung der Zumutbarkeit der Maßnahme für den Betroffenen ist der strenge Maßstab nach Nr.203 ZDv A-1340/36 anzulegen. Dem wird die Entscheidung auch unter Berücksichtigung der im Schreiben des … der Bundeswehr vom 31.10.2019 und im Beschwerdebescheid enthaltenen Darlegungen nicht gerecht. Hiernach sind nämlich für die Zumutbarkeit der Maßnahme wesentliche Gesichtspunkte nicht in die Ermessensentscheidung eingestellt worden.
Zum einen war zu berücksichtigen, dass der Antragsteller im September 2021 sein Dienstzeitende erreichen würde. Er wurde seit Februar 2017 als Referatsleiter verwendet und wurde mit der angegriffenen Anordnung ausdrücklich von dieser Aufgabe entbunden. Da das seinen nicht dienstpostengerechten Einsatz begründende Erledigungsdefizit im Referat … nach dem Schreiben vom 31.10.2019 durch die Vakanz eines mit A 13/14 bewerteten Dienstpostens entstanden war, lag nahe, dass er jedenfalls in erheblichem Umfange mit für einen Oberstleutnant der Besoldungsgruppe A 15 unterwertigen Tätigkeiten befasst werden sollte. Hiernach ist im Rahmen der Ermessenserwägungen zur Zumutbarkeit zu berücksichtigen, dass der Verlust der mit hohem Ansehen verbundenen Stellung des Referatsleiters und die Zuweisung einer unterwertigen Tätigkeit einen diensterfahrenen Soldaten, der mit der Referatsleiterposition einen Karrierehöhepunkt erreicht hat, vergleichsweise kurz vor seinem Dienstzeitende härter trifft als einen dienstjüngeren Kameraden, der gerade eben erst in eine Referatsleiterverwendung gelangt ist und auch nach dem Ende der vorübergehenden nicht dienstpostengerechten Verwendung noch längere Zeit Gelegenheit haben würde, sich wiederum auf der Referatsleiterebene zu bewähren. Dass diese Erwägungen bei der Auswahl des Antragstellers für die Aufarbeitung des Erledigungsdefizits berücksichtigt wurden, ist nicht erkennbar.
Nicht erkennbar in die Ermessenserwägungen eingestellt ist zum anderen, dass eine Anordnung nach Nr. 101 und Nr. 102 ZDv A-1340/36 dem zuständigen Fachvorgesetzten ausdrücklich nur eine vorübergehende Verwendungsentscheidung ermöglicht. Eine solche ist in aller Regel mit einer Rückkehr zu den Aufgaben des originären Dienstpostens verbunden. Das Instrument der vorübergehend nicht dienstpostengerechten Verwendung verschafft der Beschäftigungsbehörde keinen Ersatz für die – allein der personalführenden Stelle zukommende – Versetzung. Dieses Instrument kann daher nur in begründeten Ausnahmefällen eine Versetzung vorwegnehmen. Jedenfalls sind dann zur Erforderlichkeit und Zumutbarkeit einer solchen Vorwegnahme zusätzliche Erwägungen veranlasst. Daran fehlt es hier. Da hier parallel zur Dauer der nicht dienstpostengerechten Verwendung des Antragstellers Organisationsänderungen innerhalb des … der Bundeswehr vorgenommen wurden, die in die Versetzung des Antragstellers unmittelbar im Anschluss an die angegriffene Maßnahme mündeten, hätte es einer tragfähigen Ermessensbegründung dafür bedurft, dass dem Antragsteller im Lichte der Nr. 101 und 102 ZDv A-1340/36 zumutbare Zwecke verfolgt und keine Umgehung der Zuständigkeit der personalführenden Stelle für eine Versetzung angestrebt wird.
Vor diesem Hintergrund wäre es zudem geboten gewesen, sich im Rahmen der Ermessenserwägungen mit der Gefahr eines Ansehensverlustes im Kameradenkreis auseinander zu setzen. Infolge der zeitlichen Abläufe konnte der Eindruck entstehen, der Antragsteller habe sich in seiner Referatsleiterverwendung nicht bewährt, müsse deshalb kurzfristig abgelöst werden und solle daher am selben Standort unterwertig beschäftigt werden, weil einer Standortänderung vor der Zurruhesetzung nach Maßgabe der ZDv A-1350/66 enge Grenzen gesetzt waren. Ermessenserwägungen zur Zumutbarkeit einer möglichen Ansehensschädigung im Kameradenkreis fehlen aber.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28. Januar 2021 – 1 WB 14.20
- stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25.09.2002 – 1 WB 30.02, Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 24; und vom 14.12.2017 – 1 WB 42.16 32[↩]
- vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27.02.2003 – 1 WB 57.02, BVerwGE 118, 25 <27> vom 30.06.2016 – 1 WB 28.15 29 m.w.N.; und vom 14.12.2017 – 1 WB 42.16 32[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 17.12.1975 – 1 WB 116.74, BVerwGE 53, 115 <116 f.>[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 20.08.1985 – 1 WB 179.82 – NZWehrr 1986, 121 f.[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 09.04.1991 – 1 WB 146.90 7[↩]