Gegen die vom Dienstherrn ausgesprochen Verpflichtung eines Beamten, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, kann Rechtsschutz im Wegen einer einstweiligen Anordnung gesucht werden.

Der Zulässigkeit einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht nicht bereits die Vorschrift des § 44 a VwGO entgegen. Danach können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden (Satz 1). Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen nicht Beteiligten ergehen (Satz 2). Die Anordnung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, stellt zwar eine behördliche Verfahrenshandlung dar; sie kann jedoch vollstreckt werden. Der Begriff der Vollstreckung in § 44 a Satz 2 VwGO ist seinem Sinn und Zweck nach weit auszulegen.
Die Vorschrift dient dem effektiven Rechtsschutz. Bei Verfahrenshandlungen, bei denen dem Betroffenen nicht zugemutet werden kann, die abschließende Entscheidung abzuwarten, muss bereits die Verfahrenshandlung selbst angreifbar sein. Demgemäß genügt es für das Vorliegen einer selbständigen Verfahrenshandlung, wenn auf deren Befolgung mittels Disziplinarrechts hingewirkt werden kann. Es kann dem Betroffenen nicht zugemutet werden, sich der Gefahr disziplinarrechtlicher Sanktionen auszusetzen.
Wenngleich die an eine aktive Beamtin/aktiven Beamten gerichtete Aufforderung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, nicht mit Zwangsmitteln vollstreckbar ist, kann die Weigerung, sich untersuchen zu lassen, mit Disziplinarmaßnahmen geahndet werden. Deshalb handelt es sich um eine selbständig angreifbare Anordnung im Sinne von § 44 a Satz 2 VwGO.
Mit Blick auf die einer aktiven Beamtin/einem aktiven Beamten drohende disziplinarrechtliche Ahndung der Nichtbefolgung einer Untersuchungsanordnung unterscheidet sich die Rechtslage maßgeblich von den Fällen einer nach Fahrerlaubnisrecht ergehenden Begutachtungsanordnung, in denen § 44 a Satz 2 Alt. 1 VwGO nicht zum Zuge kommt1.
Schleswig -Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 25. August 2014 – 2 MB 14/14
- vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 18.09.2012 – 1 B 225/12, NVwZ-RR 2013, 477, 478; OVG NRW, Beschluss vom 1.10.2012 – 1 B 550/12, NVwZ-RR 2013, 198, 199; OVG Lüneburg, Urteil vom 23.02.2010 – 5 LB 20/09, DÖD 2010, 195, 198; Sächs. OVG, Beschluss vom 17.11.2005 – 3 BS 222/05, NVwZ-RR 2006, 713; mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen vom BVerwG, Beschluss vom 7.05.2013 – 2 B 147/11 14, und v. 10.04.2014 – 2 B 80/13 17[↩]