Während einer Auslandsverwendung im Rahmen internationaler Einsätze der Bundeswehr geleistete Dienstzeiten von Berufssoldaten können bei der Berechnung ihrer ruhegehaltfähigen Dienstzeit auch dann doppelt zu berücksichtigen sein, wenn sie vor dem 1. Dezember 2002 absolviert worden sind.

Gemäß der durch das Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz vom 5. Dezember 2011 eingeführten Regelung des § 25 Abs. 2 Satz 3 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) können Dienstzeiten einer Auslandsverwendung von bestimmter Dauer als doppelt ruhegehaltfähig berücksichtigt werden, wenn es sich um Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung im Sinne der mit Wirkung vom 1. Dezember 2002 in Kraft getretenen Regelung des § 63c Abs. 1 SVG handelt.
§ 25 Abs. 2 Satz 3 Soldatenversorgungsgesetz:
Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung nach § 63c Absatz 1 können bis zum Doppelten als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, wenn sie insgesamt mindestens 180 Tage und jeweils ununterbrochen mindestens 30 Tage gedauert haben.
§ 63c Abs. 1 Satz 1 Soldenversorgungsgesetz:
Eine besondere Auslandsverwendung ist eine Verwendung auf Grund eines Übereinkommens oder einer Vereinbarung mit einer über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung oder mit einem auswärtigen Staat im Ausland oder außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes auf Schiffen oder in Luftfahrzeugen,
- für die ein Beschluss der Bundesregierung vorliegt oder
- die im Rahmen von Maßnahmen nach § 56 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 des Bundesbesoldungsgesetzes stattfindet.
In den sechs jetzt vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen hatte jeweils Berufssoldaten geklagt, die zwischen 2008 und 2018 in den Ruhestand traten. Ihre Anträge, von ihnen während Auslandsverwendungen vor Dezember 2002 geleistete Dienstzeiten bei der Berechnung ihrer ruhegehaltfähigen Dienstzeit doppelt zu berücksichtigen, lehnte der Bund ab.
In den dagegen geführten Gerichtsverfahren verpflichteten der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg sowie das Sächsische, das Hamburgische und das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht die Bundesrepublik, über die Anträge der nach dem 13. Dezember 2011 in den Ruhestand getretenen Berufssoldaten erneut zu entscheiden; die Klage des bereits 2008 in den Ruhestand getretenen Berufssoldaten ist dagegen im Berufungsverfahren ohne Erfolg geblieben1. Die dagegen gerichteten Revisionen sind vor dem Bundesverwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben:
Gemäß der durch das Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz mit Wirkung vom 13. Dezember 2011 eingeführten Regelung des § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG in Verbindung mit der seit 2002 geltenden Bestimmung des § 63c Abs. 1 SVG können Dienstzeiten einer Auslandsverwendung von bestimmter Dauer als doppelt ruhegehaltfähig berücksichtigt werden, wenn es sich um Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung – etwa des KFOR-Einsatzes im Kosovo oder des ISAF-Einsatzes in Afghanistan – handelt. Diese Regelung gilt für Berufssoldaten, die nach dem Inkrafttreten des § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG in den Ruhestand treten. Nach dem sog. Versorgungsfallprinzip wird Versorgung nach Maßgabe der am Tag des Eintritts in den Ruhestand geltenden Rechtslage gewährt. Bei den nach dem 13. Dezember 2011 in den Altersruhestand getretenen Klägern können danach auch die vor Dezember 2002 absolvierten Zeiten besonderer Auslandsverwendungen als doppelt ruhegehaltfähig berücksichtigt werden. Denn das Gesetz enthält – anders als die am selben Tag in Kraft getretene Parallelvorschrift im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 76e SGB VI) – keine ausdrückliche Beschränkung auf solche Zeiten ab Dezember 2002. Die doppelte Berücksichtigung dieser Zeiten bei der Ruhegehaltfähigkeit ist allerdings auf den Höchstruhegehaltssatz gedeckelt. Über die Berücksichtigung dieser Zeiten muss die Beklagte aufgrund des ihr eingeräumten Ermessens neu entscheiden.
Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 9. September 2021 – 2 C 1.20, 2 C 4.20, 2 C 14.20, 2 C 16.20, 2 C 34.20 und 2 C 35.20
- VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2019 – 4 S 473/19; Sächs. OVG, Urteil vom 18.12.2019 – 2 A 1193/18; OVG Hamburg, Urteile vom 23.04.2020 – 5 Bf 381/18 und 5 Bf 384/18; Schleswig-Holsteinische OVG, Urteile vom 10.09.2020 – 2 LB 8/20 und 2 LB 11/20[↩]
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