Die Versetzung eines schwerbehinderten Bundeswehrangehörigen

Nach Nr. 305 Satz 2 und 3 ZE B-1300/46 sind Versetzungen schwerbehinderter Menschen gegen ihren Willen auf das unumgängliche Maß zu beschränken bzw. sollen nur dann vorgenommen werden, wenn dafür ein dringendes dienstliches Interesse besteht.

Die Versetzung eines schwerbehinderten Bundeswehrangehörigen

Gemäß § 178 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB IX in der Fassung vom 23.12 2016, der seit 1.01.2018 an die Stelle der früheren Regelung in § 95 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB IX getreten ist, ist die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die (hier:) einen einzelnen schwerbehinderten Menschen berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; die Durchführung oder Vollziehung einer ohne Beteiligung getroffenen Entscheidung ist auszusetzen und die Beteiligung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen.

Eine zunächst unterbliebene Anhörung der Schwerbehindertenvertretung kann jedenfalls im Beschwerdeverfahren – etwa in Form einer Stellungnahme der Bezirksvertrauensperson – wirksam nachgeholt werden.

Dem steht die Vorschrift des § 178 Abs. 2 Satz 2 SGB IX, wonach eine versäumte Anhörung der Schwerbehindertenvertretung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen ist, nicht entgegen; sie bezieht sich auf das Verfahren der Ausgangsbehörde und enthält keine Aussage zur Möglichkeit einer den Verfahrensfehler heilenden Nachholung im Beschwerdeverfahren. Die im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbare Vorschrift des § 45 VwVfG1 sieht eine weitgehende Möglichkeit der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern vor.

Auch wenn die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung keiner der in § 45 Abs. 1 VwVfG aufgezählten Fallgruppen unterfallen dürfte, gelten die in § 45 Abs. 1 VwVfG genannten Grundsätze nach allgemeiner Meinung auch für andere, dort nicht genannte Fehler; sie können durch Nachholung des versäumten Verfahrenselements geheilt werden, wenn sich eine Heilung nicht aus der Natur der jeweiligen Verfahrensvorschrift verbietet2. Eine solche Nachholung ist insbesondere noch im vorgerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren (hier: Beschwerdeverfahren) möglich, da Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle die Maßnahme in Gestalt des Widerspruchs- bzw. Beschwerdebescheids ist (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, hier i.V.m. § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO).

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Im Hinblick auf die umfassende Prüfungs- und Abhilfekompetenz der für die Beschwerdeentscheidung zuständigen Stelle, bestehen vorliegend keine Bedenken dagegen, dass eine ggf. versäumte Anhörung der Schwerbehindertenvertretung im vorgerichtlichen Beschwerdeverfahren nachgeholt und dessen Ergebnis in die Beschwerdeentscheidung einbezogen wird3.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 4. Juni 2019 – 1 WDS -VR 6.19

  1. vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.12 2008 – 1 WB 19.08, BVerwGE 133, 13 Rn. 48; und vom 28.09.2016 – 1 WB 43.15, Buchholz 449 § 3 SG Nr. 85 Rn. 25[]
  2. vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl.2018, § 45 Rn. 135 ff. m.w.N.[]
  3. vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.11.2018 – 10 B 4.16 43 m.w.N.; ebenso für die Einholung der Stellungnahme des Arbeitsamts im Verfahren über den Sonderkündigungsschutz nach dem Schwerbehindertengesetz BVerwG, Urteil vom 11.11.1999 – 5 C 23.99, BVerwGE 110, 67[]

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