Die Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der Altersgrenze gemäß § 2 des Gesetzes zur Anpassung der personellen Struktur der Streitkräfte (SKPersStruktAnpG) vom 21.07.2012 ist keine vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SBG, zu der auf Antrag des betroffenen Soldaten die Vertrauensperson angehört werden soll.

Beruft sich der bei einer Dienststelle der Bundeswehr gebildete Personalrat auf eine Behinderung in seinen Beteiligungsrechten in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, so ist gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1, § 16 SBG, § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO – abweichend von § 48 Satz 1 SBG, § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG – der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten gegeben1. Sachlich zuständig ist vorliegend das Bundesverwaltungsgericht (§ 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 1 Satz 2 WBO).
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wäre – ungeachtet der Frage des richtigen Sachantrags – jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen gewesen, weil eine Verletzung von Beteiligungsrechten des Personalrats nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz mangels eines materiellen Beteiligungstatbestands nicht in Betracht kam.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann das vom Personalrat als verletzt gerügte Anhörungsrecht nach § 20 SBG nicht von dem materiellen Beteiligungstatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG (bzw. anderer entsprechender Beteiligungstatbestände) getrennt werden2. Eine mit der Beschwerde angreifbare Rechtsverletzung des Personalrats kann deshalb nicht isoliert in der (behaupteten) Missachtung der Anhörungsvorschrift des § 20 SBG liegen, sondern stets nur in der Verletzung des Anhörungsrechts in Verbindung mit einem materiellen Beteiligungstatbestand.
Ein materieller Tatbestand, der eine Beteiligung des Personalrats anordnet oder eröffnet, ist vorliegend nicht gegeben. Ein Beteiligungserfordernis ergibt sich insbesondere nicht aus der – hier einzig in Betracht kommenden – Bestimmung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SBG. Danach soll bei der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses auf Antrag des betroffenen Soldaten der Personalrat (hier in Gestalt der zur Entscheidung berufenen Soldatenvertreter, § 52 Abs. 1 SBG) durch den Dienststellenleiter angehört werden; allerdings gilt dies nur, „sofern das Soldaten- oder das Wehrpflichtgesetz einen Ermessensspielraum einräumt“. Die von Oberleutnant F. begehrte vorzeitige Versetzung in den Ruhestand sollte jedoch nicht nach einer Ermessensvorschrift des Soldaten- oder des Wehrpflichtgesetzes, also insbesondere nicht nach §§ 44, 45 SG, erfolgen. Die in der Interessenbekundung ausdrücklich in Bezug genommene Rechtsgrundlage der hier beantragten Ruhestandsversetzung ist vielmehr § 2 des – als Art. 1 des Gesetzes zur Begleitung der Reform der Bundeswehr vom 21.07.20123 erlassenen – Gesetzes zur Anpassung der personellen Struktur der Streitkräfte (Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetz – SKPersStruktAnpG), der für eine bestimmte Zahl von Berufssoldatinnen und Berufssoldaten die Möglichkeit der Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der Altersgrenze vorsieht. Bei § 2 SKPersStruktAnpG handelt es sich zwar um eine Vorschrift, die einen Ermessensspielraum einräumt4. Die (im Rahmen der Bundeswehrreform bis zum 31.12 2017 gesetzlich eröffnete) Möglichkeit der vorzeitigen Ruhestandsversetzung nach § 2 SKPersStruktAnpG steht jedoch neben und im Rang gleichberechtigt mit der regulären Ruhestandsregelung der §§ 44, 45 SG. § 2 SKPersStruktAnpG verweist auch nicht ergänzend auf §§ 44, 45 SG, sondern enthält eine in sich geschlossene, auf einen bestimmten Anlass bezogene selbständige Regelung. Die gegenständliche Personalmaßnahme – vorzeitige Versetzung in den Ruhestand gemäß § 2 SKPersStruktAnpG – ist deshalb keine „vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses, sofern das Soldaten- oder das Wehrpflichtgesetz einen Ermessensspielraum einräumt“, im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SBG.
Eine Verletzung von Beteiligungsrechten des Personalrats nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz kann sich schließlich auch nicht daraus ergeben, dass eine Anhörung der Vertrauensperson (bzw. des die Rechte der Vertrauensperson wahrnehmenden Personalrats) in dem für die Interessenbekundung ausgegebenen Formular als Option vorgesehen ist und deshalb offenbar, wenn vom betroffenen Soldaten gewünscht, regelmäßig praktiziert wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 25.10.20115 unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass die Anhörungsrechte der Vertrauenspersonen der Soldaten zu Personalmaßnahmen nicht über die gesetzlichen Regelungen des Soldatenbeteiligungsgesetzes hinaus – etwa durch Verwaltungsvorschriften oder durch Selbstbindung einer Dienststelle der Bundeswehr – erweitert werden können. Maßgeblich dafür ist, dass der Katalog der Beteiligungsrechte der Vertrauensperson bei Personalmaßnahmen in § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG abschließend geregelt ist. Die Konzentration der Beteiligungstatbestände in § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG auf die dort bestimmten Personalmaßnahmen entsprach einer ausdrücklichen Zielsetzung des Gesetzgebers6. Überdies ergibt sich aus § 20 SBG, dass die Vertrauensperson nur über beteiligungspflichtige beabsichtigte Maßnahmen und Entscheidungen zu unterrichten und dazu anzuhören ist. Damit hat der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass zum Zweck der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit – im Sinne eines Vorrangs des Gesetzes – die förmlichen und unter Berücksichtigung des § 23 Abs. 2 Satz 2 SBG einklagbaren Beteiligungspflichten allein im Gesetz geregelt und limitiert sein sollen. Ein eventuell darüber hinausgehend praktiziertes Verfahren der Beteiligung bei vorzeitigen Versetzungen in den Ruhestand gemäß § 2 SKPersStruktAnpG würde sich demgemäß lediglich als eine nicht förmliche Konsultation der Vertrauensperson darstellen; Fehler in diesem nicht förmlichen Verfahren würden keine mit der Wehrbeschwerde anfechtbare Verletzung von Beteiligungsrechten nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz darstellen.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 6. März 14 – 1 WB 9.2014
- stRspr, vgl. Beschluss vom 17.02.2009 – 1 WB 37.08, Rn. 17 m.w.N., insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 133, 135 und Buchholz 449.7 § 20 SBG Nr. 3[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.2009 a.a.O. Rn.19 m.w.N.[↩]
- BGBl I S. 1583[↩]
- so auch Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 9. Aufl.2013, § 43 Rn. 14[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 25.10.2011 – 1 WB 36.11, Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 9 LS und Rn. 42 = NZWehrr 2012, 77 LS, 79, [↩]
- Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Beteiligung der Soldaten und der Zivildienstleistenden vom 05.06.1990, BT-Drs. 11/7323 S. 16 und 20[↩]