Dienstliche Beurteilung eines Soldaten – und ihre Anfechtung vor den Wehrdienstgerichten

Dienstliche Beurteilungen im Sinne des § 2 SLV1 i.V.m. Nr.201 der Bestimmungen über die Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr vom 17.01.20072 (hier in der Fassung der 2. Änderung vom 16.10.2009) stellen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts truppendienstliche Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar, die vor den Wehrdienstgerichten angefochten werden können. Sachlich zuständig ist das Bundesverwaltungsgericht, weil der Generalinspekteur der Bundeswehr über die weitere Beschwerde des Antragstellers entschieden hat (§ 22 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO).

Dienstliche Beurteilung eines Soldaten – und ihre Anfechtung vor den Wehrdienstgerichten

Der Antragsteller wendet sich nach dem von ihm gestellten Sachantrag und dessen Begründung (nur) gegen die von dem Stellvertreter des Amtschefs und Chef des Stabes sowie Leiter der Personalführung des Personalamts der Bundeswehr als nächsthöherem Vorgesetzten abgegebene Stellungnahme vom 23.01.2012 zu der planmäßigen Beurteilung vom 05.01.2012. Dies ist zulässig; die Stellungnahme eines höheren (nächsthöheren oder weiteren höheren) Vorgesetzten zu einer Beurteilung bildet eine selbstständig anfechtbare Maßnahme3.

Zulässig ist auch der neben dem Anfechtungsantrag gestellte Verpflichtungsantrag auf Erstellung einer Neufassung. Zwar erfolgt die Neufassung einer aufgehobenen Beurteilung oder Stellungnahme von Amts wegen, wobei auch die Neufassung der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten regelmäßig unverzichtbar ist (Nr. 1204 Buchst. a Abs. 2 ZDv 20/6). Im Hinblick auf die zwischen den Beteiligten strittigen Fragen ist jedoch ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers anzuerkennen, dass im Falle seines Obsiegens eine Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung zur Neufassung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ausgesprochen wird.

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Der Antragsteller ist schließlich antragsbefugt.

Zwar sind Aussagen und Wertungen in Beurteilungen zur Persönlichkeit, Eignung, Befähigung und Leistung der Beurteilten grundsätzlich nicht anfechtbar (siehe auch Nr. 1101 Satz 1 ZDv 20/6). Sie sind als höchstpersönliche Werturteile einer inhaltlichen gerichtlichen Prüfung nicht zugänglich. Ein Soldat kann jedoch eine Beurteilung oder eine hierzu abgegebene Stellungnahme eines höheren Vorgesetzten mit der Begründung anfechten, sie verstoße gegen Rechte, die ihm in Bezug auf die Erstellung von Beurteilungen eingeräumt sind4. Dementsprechend erklärt Nr. 1101 Satz 2 ZDv 20/6 Beschwerden gegen Beurteilungen als nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Klarstellend weist Nr. 1102 Abs. 1 ZDv 20/6 darauf hin, dass sich Soldaten beschweren können, wenn sie glauben, dass bei der Erstellung der Beurteilung, einschließlich der Stellungnahmen, solche Rechte verletzt worden sind, die ihnen als Garantie für eine sachgerechte Beurteilung nach der Rechtsordnung eingeräumt sind (siehe dazu die Aufzählung in Nr. 1102 Abs. 2 ZDv 20/6). Das ist hier durch den Antragsteller geschehen, der Verstöße gegen Beurteilungsgrundsätze, wie etwa die Gebote der Sachgerechtigkeit und Widerspruchsfreiheit (Nr. 401 Abs. 1 Satz 2 ZDv 20/6) und der richtigen Vergleichsgruppenbildung (Nr. 404 i.V.m. Nr.203 Buchst. a ZDv 20/6), geltend macht.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 12. August 2014 – 1 WB 38.2013 –

  1. in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 1 der Verordnung vom 23.09.2009, BGBl I S. 3128[]
  2. ZDv 20/6[]
  3. stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.07.2013 – 1 WB 43.12, Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 87 Rn. 22 m.w.N.[]
  4. stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.05.2009 – 1 WB 48.07, BVerwGE 134, 59 Rn. 27, insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 14 = NZWehrr 2010, 168[]
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