Ein Beamter, der die rechtliche Existenz der Bundesrepublik Deutschland dadurch leugnet, dass er in einem Antrag auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises als Geburts- und Wohnsitzstaat auch für die Zeit nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland durchgehend „Königreich Bayern“ angibt und sich mehrfach auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) „Stand 1913“ bezieht, verletzt in schwerwiegender Weise seine Verfassungstreuepflicht (§ 60 Abs. 1 Satz 3 BBG) und kann deshalb im Disziplinarwege aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

Er hat durch dieses Verhalten vorsätzlich und schuldhaft innerdienstlich seine aus § 60 Abs. 1 Satz 3 BBG folgende Verfassungstreuepflicht sowie außerdienstlich seine Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten gemäß § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG verletzt.
Nach § 60 Abs. 1 Satz 3 BBG muss ein Beamter sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Die Stellung eines schriftlichen Antrags eines Beamten auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter fortgesetzter Verwendung der Angaben „Königreich Bayern“ sowie gemäß § 4 Abs. 1 „RuStaG Stand 1913“ für antragsrelevante Umstände im Zeitraum nach Mai 1949 – wie Geburts- und Wohnsitzstaat des Antragstellers oder seiner Vorfahren – verletzt die dem Beamten obliegende Pflicht zur Treue zur Verfassung.
Da nach § 60 Abs. 1 Satz 3 BBG das gesamte Verhalten des Beamten erfasst ist, ist die Treuepflicht als beamtenrechtliche Kernpflicht als solche unteilbar und nicht auf den dienstlichen Bereich beschränkt. Vielmehr ist auch das außerdienstliche Verhalten mit der Folge erfasst, dass bei einem pflichtwidrigen Verhalten wegen der Dienstbezogenheit stets ein innerdienstliches Dienstvergehen gegeben ist. Dementsprechend kommt es auf die besonderen Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG für die Qualifizierung eines außerhalb des Dienstes gezeigten Verhaltens als Dienstvergehen nicht an1. Unerheblich ist auch, ob die Überzeugung des Beamten Einfluss auf die Erfüllung seiner Dienstpflichten hatte und dass es nicht zu konkreten Beanstandungen seiner Dienstausübung gekommen ist.
Beamte, die zum Staat in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, die für diesen Anordnungen treffen können und damit dessen Machtstellung durchsetzen, müssen sich zu der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen und für sie einstehen. Die Beamten müssen sich nicht die Ziele oder Maxime der jeweiligen Regierungsmehrheit zu eigen machen; sie müssen jedoch die verfassungsmäßige Ordnung als schützenswert annehmen und aktiv für sie eintreten. Im Staatsdienst können nicht solche Personen tätig werden, die die Grundordnung des Grundgesetzes ablehnen und bekämpfen. Diesen Personen fehlt die Eignung für die Ausübung eines öffentlichen Amtes2.
Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem auf Lebenszeit begründeten Beamtenverhältnis im Wege des Disziplinarverfahrens setzt nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG und §§ 5 und 13 BDG ein schweres Dienstvergehen voraus, durch das der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Geht es um die Pflicht zur Verfassungstreue, muss dem Beamten die Verletzung dieser Dienstpflicht konkret nachgewiesen werden. Das Dienstvergehen besteht nicht einfach in der „mangelnden Gewähr“ des Beamten dafür, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten werde. Auch das bloße Haben einer Überzeugung und die bloße Mitteilung, dass man diese habe, reicht nicht aus. Ein Dienstvergehen ist erst dann gegeben, wenn der Beamte aus seiner politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht. Die zu beanstandende Betätigung muss zudem von besonderem Gewicht sein3.
Das in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geforderte „Mehr“ als das bloße Haben und Mitteilen einer bestimmten Überzeugung ist nicht erst bei einem offensiven Werben des Beamten für eine mit der Verfassungstreuepflicht unvereinbaren politischen Überzeugung erreicht. So kann ein disziplinarisch zu ahndendes Dienstvergehen auch etwa darin liegen, dass ein Beamter seine der verfassungsmäßigen Ordnung zuwiderlaufende Einstellung durch das Tragen einer Tätowierung mit verfassungsfeindlichem Inhalt kundtut, und zwar selbst dann, wenn er seine Überzeugung nur unter Gleichgesinnten offenbart, etwa um sich als von den „Anderen“ abgrenzbare Gruppe zu identifizieren und zu solidarisieren4
Nach diesen Grundsätzen stellt die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter fortgesetzter Verwendung der Angaben „Königreich Bayern“ und „gemäß § 4 Abs. 1 RuStaG Stand 1913“ eine Verletzung der Verfassungstreuepflicht dar. Denn wer auch bei Sachverhalten seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Staatsangehörigkeit auf Verhältnisse vor dieser Zeit – hier auf das Anfang November 1918 untergegangene „Königreich Bayern“ und das Deutsche Kaiserreich vor der Weimarer Republik – abstellt, verneint damit die rechtliche Existenz der Bundesrepublik Deutschland. Es ist schlechterdings unmöglich, die rechtliche Existenz dieses Staates zu leugnen und sich zugleich zu dessen Grundordnung zu bekennen und sich für diese einzusetzen, wie es § 60 Abs. 1 Satz 3 BBG verlangt. Er negiert damit zugleich die Grundlagen seines Beamtenverhältnisses und verletzt seine Verfassungstreuepflicht in schwerwiegender Weise.
Mit den ursprünglichen maschinenschriftlichen Angaben im Antrag auf Erteilung des Staatsangehörigkeitsausweises hat der Beamte im Rechtsverkehr gegenüber einer staatlichen Behörde – und damit nach außen – objektiv zum Ausdruck gebracht, dass er vom Fortbestand des „Königreichs Bayern“ ausgeht und die Bundesrepublik Deutschland rechtlich nicht existiert5. Er hat die bis in die Gegenwart hineinreichenden formularmäßigen Fragen zur jeweiligen Staatsangehörigkeit mit „Königreich Bayern“ beantwortet. Darin liegt objektiv die Erklärung, dass er die Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland in Abrede stellt und die freiheitliche demokratische Grundordnung ablehnt. Diese Erklärung ist, eben weil sie im Rechtsverkehr mit einer Behörde abgegeben wurde, auch von erheblichem Gewicht. Als Beamter wusste der Beamte auch um die Bedeutung eines so formulierten förmlichen Antrags.
Zudem ist nicht erkennbar, welchen objektiven Zweck die Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises für denjenigen haben kann, der ihn im Rechtsverkehr nicht benötigt. Der Beamte besitzt einen Personalausweis und einen Reisepass. Seine deutsche Staatsangehörigkeit ist seit seiner Geburt seitens einer Behörde nie in Frage gestellt worden. Jedenfalls hat die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises mit Angaben zur Staatsangehörigkeit nicht auf die Bundesrepublik Deutschland, sondern auf längst nicht mehr existierende Staaten bezogen den objektiven Erklärungsinhalt der Leugnung der rechtlichen Existenz der Bundesrepublik Deutschland. Es handelt sich um ein vorbereitetes, planvolles und zielgerichtetes – also nicht lediglich spontanes – Agieren gegenüber einer Behörde mit rechtserheblichem Inhalt.
Darin liegt zugleich ein Verhalten, das typisch für die sog. Reichsbürger-Szene ist. Ungeachtet der Unterschiede der sehr heterogenen Gruppierung im Detail ist ein gemeinsames Charakteristikum dieses Personenkreises, dass er das Bestehen der Bundesrepublik Deutschland leugnet. Unter dem Begriff „Reichsbürger“ werden Gruppierungen und Einzelpersonen zusammengefasst, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen – unter anderem unter Berufung auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht – die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen, den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation absprechen oder sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend definieren und gegenüber denen deshalb die begründete Besorgnis besteht, dass sie Verstöße gegen die Rechtsordnung begehen. Ihr verbindendes Element ist die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland6.
Der Beamte hat zwar angegeben, kein „Reichsbürger“ zu sein und auch die Existenz der Bundesrepublik Deutschland nicht in Frage stellen zu wollen, hat aber auch in der mündlichen Verhandlung nicht plausibel erklären können, warum er sich in dieser Weise verhalten hat.
Mit der Stellung des Antrags mit den – durchgängigen – maschinenschriftlichen Angaben „Königreich Bayern“ sowie „gemäß § 4 Abs. 1 RuStaG Stand 1913“ hat der Beamte die rechtliche Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren verfassungsmäßige Ordnung – objektiv – negiert. Seine Verhaltensweise hat er weder im behördlichen Disziplinarverfahren noch in der mündlichen Verhandlung in einer Weise erläutern können, dass seiner Vorgehensweise eine andere Bedeutung beigemessen werden könnte. Zudem widersprechen sich die verschiedenen Erläuterungsversuche des Beamten inhaltlich. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt dem Beamten seinen gesamten Vortrag zu den angeblichen Beweggründen für die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises mit den ursprünglichen Angaben „Königreich Bayern“ und „gemäß § 4 Abs. 1 RuStaG Stand 1913“ nicht ab.
Im behördlichen Disziplinarverfahren hat der Beamte die Stellung des Antrags mit den aufgeführten maschinenschriftlichen Angaben damit begründet, er habe die Beantragung des Ausweises als solche „interessant“ und die inkriminierten Angaben als „witzig“ empfunden. Diese Aussage ist insbesondere vor dem Hintergrund der Ausbildung des Beamten nicht plausibel. Der Beamte hat die Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten in der Fachrichtung der allgemeinen inneren Verwaltung erfolgreich absolviert. Aufgrund dessen war ihm bewusst, dass er mit diesem – zudem kostenpflichtigen – Antrag ein Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt hat und dass ihm die durchgängige Bezugnahme auf längst untergegangene Staaten anstelle des Verweises auf die Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtsordnung, für die er einzutreten hat, als Beamter angelastet werden kann.
Ebenso wenig nachvollziehbar ist das Vorbringen des Beamten im behördlichen Verfahren, er habe bei seinen maschinenschriftlichen Angaben in dem Antragsformular wegen einer seinerzeit von ihm angeblich auf der Webseite des Bundesverwaltungsamts vorgefundenen Ausfüllanleitung, wonach die Abstammung von einem vor 1914 geborenen Vorverfahren verlangt worden sei, auf das „RuStaG 1913“ abgestellt. Denn dies erklärt weder, weshalb der Beamte nicht schlicht auf die „Abstammung“ abgestellt, sondern diese mit einem auf den früheren Rechtszustand bezogenen Zusatz versehen hat, noch, dass er diesen Zusatz nicht lediglich auf seinen 1913 geborenen Großvater beschränkt, sondern auch für sich und seinen 1953 geborenen Vater verwendet hat. Dass der Beamte aufgrund der erwähnten Ausfüllanleitung zu seinen Angaben veranlasst worden sei, erscheint im Übrigen auch deshalb unglaubhaft, weil – wie das Bundesverwaltungsgericht dem Beamten in der mündlichen Verhandlung vorgehalten hat – in der damaligen Anleitung kein Hinweis auf „§ 4 Abs. 1 RuStaG 1913“ enthalten ist.
Nicht überzeugend ist zudem seine weitere Erklärung gegenüber dem BND, mit den ursprünglichen Eintragungen „Königreich Bayern“ habe er sich lediglich auf das Geburtsland seines Großvaters bezogen. Das Antragsformular ist bezüglich der Angaben zur Person des Antragstellers und der jeweiligen Vorfahren klar strukturiert und einfach verständlich. Dies gilt insbesondere für den Beamten, dem der Umgang mit behördlichen Formularen und die Anforderungen an das korrekte Ausfüllen von Antragsformularen aufgrund seiner Ausbildung vertraut sind. Das Formular lässt keinen Auslegungsspielraum zu, worauf sich die jeweils abgefragte Angabe des Staates – sei es des Geburts, Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaates – bezieht.
Eine plausible anderweitige Deutung des Verhaltens des Beamten lässt sich auch nicht seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung entnehmen. Abgesehen davon, dass sein Vortrag gegenüber seinen früheren Angaben wechselt, vermag auch sein neues Vorbringen sein Verhalten nicht nachvollziehbar zu erklären.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beamte auf die einleitende Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts, die Beweggründe seines Verhaltens in eigenen Worten zusammenfassend zu schildern, angegeben, im Internet auf „irgendwelche Seiten“ gestoßen und den dort gefundenen Ausfüllanweisungen „komischer Typen“ gefolgt zu sein. Er habe sich nicht vorstellen können, dass ein Antrag mit solchen Angaben „funktioniert“, und habe sehen wollen, ob ein solcher Antrag angenommen werde; mehr habe er sich nicht dabei gedacht.
Auch dieses neue Vorbringen ist nicht plausibel. Wenn der Beamte als dem Grundgesetz verpflichteter Beamter angesichts des Inhalts der Internet-Informationen bereits für sich den Eindruck gewonnen hatte, es handele sich um „komische Typen“, so hätte es sich geradezu aufgedrängt, von der Befolgung der Ausfüllanweisungen dieser Personen durch die Stellung eines entsprechenden Antrags mit den inkriminierten Angaben abzusehen. Jeder Beamte – gleich welcher Laufbahngruppe – weiß um seine Verfassungstreuepflicht und dass er sie durch die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihre Rechtsordnung leugnende Handlungen verletzt. Für den Beamten als Angehörigen eines Nachrichtendienstes, der gewohnt ist, Quellen zu hinterfragen, gilt dies in besonderem Maße.
Im Übrigen wäre selbst bei Unterstellung der Richtigkeit seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht plausibel, weshalb er an dem Antrag festgehalten hat, nachdem sich seine Einschätzung, der Antrag könnte wegen der ursprünglichen Angaben seitens des Landratsamts abgelehnt werden, bestätigt hatte. Seiner in der mündlichen Verhandlung neu vorgebrachten Erklärung, mit dem Antrag in seiner ursprünglichen Version lediglich den „Test“ gemacht zu haben, ob mit diesen Angaben ein Staatsangehörigkeitsausweis erlangt werden könne, hätte es entsprochen, den Antrag schlicht zurückzuziehen, nachdem der Mitarbeiter des Landratsamts die Angaben – aus Sicht des neuen Vorbringens – wie erwartet beanstandet hatte. Stattdessen hat der Beamte das Antragsformular entsprechend den Vorgaben des Landratsamts – zum großen Teil – handschriftlich abgeändert und die anfallende Gebühr für die positive Verbescheidung des Antrags auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises gezahlt. Dabei hat er für diesen Staatsangehörigkeitsausweis, wie er ebenfalls in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichts erklärt hat, keine Verwendung.
Nicht anzulasten ist dem Beamten hingegen, dass auf dem privaten Laufwerk seines dienstlichen Computers das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31.07.1973 zum Grundlagenvertrag7 abgespeichert und dort eine bestimmte Passage markiert war. Die Beschäftigung mit dieser – oder einer sonstigen – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist kein Indiz für fehlende Verfassungstreue. Die Hervorhebung der betreffenden Passage belegt lediglich, dass sich der Beamte mit diesem Thema beschäftigt hat, nicht aber, dass er sich die – abwegige – Interpretation dieser Passage durch andere Personen zu eigen gemacht hat.
Durch sein vorsätzliches und schuldhaftes Verhalten hat der Beamte zugleich seine Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten (§ 61 Abs. 1 Satz 3 BBG) verletzt. Die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises mit Angaben, die die rechtliche Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihre verfassungsmäßige Ordnung leugnen, begründet angesichts der Schwere des Pflichtenverstoßes ernstliche Zweifel, dass der Beamte seinem dienstlichen Auftrag als Sachwalter einer an Recht und Gesetz gebundenen Verwaltung gerecht wird8.
Im Rahmen der dem Gericht obliegenden Maßnahmebemessung (§ 13 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG) ist die Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis die gebotene Maßnahme, ungeachtet des Umstands, dass sein Verhalten nicht strafbar ist. Durch sein schweres Dienstvergehen hat der Beamte das Vertrauen seiner Dienstherrin und der Allgemeinheit endgültig verloren.
Welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten. Aus den gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu bestimmen. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Sicherung der Funktion des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten9.
Bei der Gesamtwürdigung sind die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen nach Maßgabe des § 58 Abs. 1 BDG zu ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen ist. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist10.
Ein endgültiger Verlust des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen seine Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen. Unter diesen Voraussetzungen muss das Beamtenverhältnis im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums beendet werden11.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist hier die Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis die angemessene Maßnahme.
Im Streitfall ist hinsichtlich der Schwere des Dienstvergehens auf die Verletzung der Verfassungstreuepflicht (§ 60 Abs. 1 Satz 3 BBG) abzustellen; dem ebenfalls verwirklichten Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten (§ 61 Abs. 1 Satz 3 BBG) kommt daneben keine weitere, die Maßnahmebemessung zusätzlich beeinflussende Bedeutung zu.
Die Verletzung der Pflicht zur Treue zur Verfassung (§ 60 Abs. 1 Satz 3 BBG) ist so schwerwiegend, dass bei der Maßnahmebemessung nach § 13 BDG von der höchsten Maßnahme, der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG), auszugehen ist. Dies folgt aus der Unverzichtbarkeit der Verfassungstreue im Beamtenverhältnis. Die Verfassungstreue ist ein Eignungsmerkmal für Beamte. Personen, die sich nicht zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und nicht für deren Erhaltung eintreten, kann von den Bürgern nicht das für die Wahrnehmung des öffentlichen Amtes berufserforderliche Vertrauen entgegengebracht werden12.
Zugunsten des Beamten ist in die Betrachtung einzustellen, dass er disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist und dass er mit hohem Einsatz seinen Dienst gut verrichtet hat, wofür er nicht nur gut beurteilt, sondern sogar ausgezeichnet worden ist. Auch sind weitere, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Rechtsordnung leugnende Handlungen oder Äußerungen des Beamten nicht bekannt geworden.
Angesichts der Schwere des Verstoßes gegen die Verfassungstreuepflicht kann ihn dies aber nicht vor der Höchstmaßnahme bewahren. Die Grundlagen des Beamtenverhältnisses lassen es nicht zu, Personen mit der Ausübung staatlicher Gewalt zu betrauen, die die freiheitliche demokratische Verfassungsordnung ablehnen.
Es besteht keine Veranlassung, von der gesetzlichen Regelung für den Unterhaltsbeitrag (§ 10 Abs. 3 BDG) abzuweichen.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 2. Dezember 2021 – 2 A 7.21
- BVerwG, Urteil vom 29.10.1981 – 1 D 50.80, BVerwGE 73, 263 <284>[↩]
- BVerfG, Urteil vom 27.04.1959 – 2 BvF 2/58, BVerfGE 9, 268 <282>, Beschluss vom 22.05.1975 – 2 BvL 13/73, BVerfGE 39, 334 <346> und Urteil vom 08.07.1997 – 1 BvR 2111/94 u.a., BVerfGE 96, 171 <181> BVerwG, Urteil vom 17.11.2017 – 2 C 25.17, BVerwGE 160, 370 Rn. 18[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 22.05.1975 – 2 BvL 13/73, BVerfGE 39, 334 <350 f.> und Kammerbeschluss vom 06.05.2008 – 2 BvR 337/08 – BVerfGK 13, 531 <540 f.> EGMR, Urteil vom 26.09.1993 – 7/1994/454/535, Vogt – NJW 1996, 375 <376> BVerwG, Urteil vom 17.11.2017 – 2 C 25.17, BVerwGE 160, 370 Rn. 21 ff.[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 17.11.2017 – 2 C 25.17, BVerwGE 160, 370 Rn. 22 ff. und 29 f.[↩]
- ebenso Nds. OVG, Urteil vom 20.04.2021 – 3 LD 1/20 – DÖD 2021, 198 Rn. 16; BayVGH, Urteil vom 28.07.2021 – 16a D 19.989, Rn. 65[↩]
- vgl. zur Begriffsbestimmung: Verfassungsschutzbericht 2020 des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, S. 115[↩]
- BVerfG, Urteil vom 31.07.1973 – 2 BvF 1/73, BVerfGE 36, 1[↩]
- BVerwG, Urteil vom 27.06.2013 – 2 A 2.12, BVerwGE 147, 127 Rn. 23 f.[↩]
- BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 – 2 C 12.04, BVerwGE 124, 252 <258 ff.> vom 03.05.2007 – 2 C 9.06, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16 ff.; und vom 29.03.2012 – 2 A 11.10 – DokBer 2012, 260 Rn. 71 m.w.N.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 29.03.2012 – 2 A 11.10 – DokBer 2012, 260 Rn. 72 m.w.N.[↩]
- BVerwG, Urteile vom 29.03.2012 – 2 A 11.10 – DokBer 2012, 260 Rn. 73 m.w.N.; und vom 10.12.2015 – 2 C 6.14, BVerwGE 154, 10 Rn. 12 ff.[↩]
- BVerwG, Urteile vom 18.06.2015 – 2 C 9.14, BVerwGE 152, 228 Rn. 11 ff.; und vom 17.11.2017 – 2 C 25.17, BVerwGE 160, 370 Rn. 18 m.w.N.[↩]
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