Disziplinarverfahren gegen badische Amtsnotare

Das Antragsrecht nach § 32 Abs. 1 Nr. 8 LRiStAG BW steht neben Richtern sämtlichen gesetzlich gleichgestellten Personen, auch den sog. „badischen Amtsnotaren“, zu. Damit ist bei diesem Personenkreis auch die darauf bezogene Hinweispflicht in § 75 Abs. 7 Satz 2 LRiStAG BW zu beachten.

Disziplinarverfahren gegen badische Amtsnotare

Nach § 75 Abs. 7 Satz 1 und Satz 2 LRiStAG gibt die zur Entscheidung berufene oberste Disziplinarbehörde – hier das Justizministerium als oberste Dienstbehörde (vgl. 72 a Abs. 1 Nr. 3 LRiStAG) – dann, wenn sie keine Einstellung des Verfahrens beabsichtigt, dem Richter Gelegenheit, „sein Antragsrecht nach § 32 Absatz 1 Nummer 8 auszuüben“, also den Präsidialrat anzurufen. Erst „danach und gegebenenfalls nach der Beteiligung des Präsidialrats stellt die oberste Disziplinarbehörde das Verfahren entweder ein oder sie erhebt Disziplinarklage zum Dienstgericht“ (§ 75 Abs. 7 Satz 3 LRiStAG). Die Einhaltung dieses Procedere ist somit im Falle der gegen einen Richter angestrengten Disziplinarklage eine Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage. Auf Disziplinarverfahren gegen Staatsanwälte finden u.a. die §§ 75-77 LRiStAG „entsprechende Anwendung“, § 93 LRiStAG. Dies führt dazu, dass im Falle der Erhebung einer Disziplinarklage gegen einen Staatsanwalt nicht der Präsidialrat, sondern der „in Angelegenheiten der Staatsanwälte“ dessen Aufgaben wahrnehmende Hauptstaatsanwaltsrat (vgl. § 88 Abs. 3 Satz 2 LRiStAG) in entsprechender Weise zu beteiligen bzw. dessen Beteiligung zu ermöglichen ist. § 98 LRiStAG, der im Sechsten Abschnitt des Gesetzes steht und damit „Notare mit Richteramtsbefähigung im Landesdienst (Oberlandesgerichtsbezirk Karlsruhe)“ – sog. badische Amtsnotare – betrifft, normiert für diesen Personenkreis betreffende Disziplinarverfahren: „Für das Verfahren gilt § 93 entsprechend.“ Im Wege der Verweisung findet somit auch § 75 LRiStAG auf Disziplinarklagen gegen badische Amtsnotare „entsprechende Anwendung“.

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Damit ist auch badischen Amtsnotaren vor Klageerhebung die Möglichkeit zu geben, „ihre“ Personalvertretung mit der Absicht der obersten Disziplinarbehörde, eine gegen sie gerichtete Disziplinarklage anzustrengen, zu befassen. Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht kann nicht angenommen werden, dass ein entsprechendes Antragsrecht – und der gebotene Hinweis hierauf – vor Klageerhebung schon deshalb entfiele, weil weder Hauptstaatsanwaltsrat noch Präsidialrat von einem badischen Amtsnotar gewählt werden und dieser auch im Regelfall von keinem dieser Gremien vertreten wird. Vielmehr dürfte es sich in einem solchen Fall gerade um jene „planwidrige Lücke“ handeln, die die „entsprechende“ Anwendung des § 75 Abs. 7 Satz 2 und Satz 3 LRiStAG erst ermöglicht mit der Folge, dass in den – seltenen – Fällen der gegen einen badischen Amtsnotar gerichteten Disziplinarklage der Präsidialrat der ordentlichen Gerichtsbarkeit (vgl. §§ 33, 34 Abs. 1 LRiStAG) auf entsprechenden Antrag zu beteiligen sein dürfte.

Unstreitig fand ein Hinweis auf ein Antragsrecht nach § 75 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nummer 8 LRiStAG vor Klageerhebung nicht statt. Da diese Möglichkeit zum Schutze des Betroffenen eröffnet wird [vgl. zur vergleichbaren Regelung des § 80 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 Landespersonalvertretungsgesetz (LVPG) in der damals gültigen Fassung VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.02.2000 – D 17 S 1/00, Juris Rn. 3 f.], handelt es sich um einen erheblichen formalen Mangel1. Ob dieser Mangel auch im Falle der Erhebung einer gegen Richter oder gleichgestellte Amtsträger gerichteten Disziplinarklage durch nachträglichen Hinweis auf eine mögliche Befassung des Präsidialrats beseitigt werden kann, ist – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden und für den Fall des Disziplinarverfahrens gegen Beamte streitig2. Einer Klärung dieser Frage bedarf es im vorliegenden Fall nicht, denn zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses war ein solcher Hinweis jedenfalls nicht erfolgt. So wäre im hier maßgeblichen Zeitpunkt die Klage wegen Vorliegens eines erheblichen Mangels wohl abzuweisen gewesen.

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Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 1. Februar 2016 – DGH 1/15

  1. vgl. Wittkowski, in: Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, Kommentar, 2011, § 34 Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 – 2 C 15/09, BVerwGE 137, 192-199 und Juris Rn.19[]
  2. vgl. zum Streitstand Urban, in: Urban/Wittkowski a.a.O. § 55 Rn. 11; pro: betreffend die Mitwirkung des Personalrats bei der Einleitungsverfügung BVerwG, Beschluss vom 22.03.1989 – 1 DB 30/88, BVerwGE 86, 140-145, Juris Rn. 15; ebenso BVerwG, Beschluss vom 20.12.2013 – 2 B 44/12, Juris Rn. 27; contra: wohl BVerwG, Urteil vom 09.12.1999 – 2 C 4/99, BVerwGE 110, 173-180 und Juris Rn. 23 und 28; VG Stuttgart, Urteil vom 21.04.2010 – DL 20 K 2137/09, IÖD 2010, 142-144 und Juris Rn. 23; Altvater/Coulin/Klimpe-Auerbach, Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg, Kommentar, 2. Aufl.2012, § 80 Rn. 44[]