Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe

Die Rechtmäßigkeit der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen mangelnder Bewährung setzt nicht den formellen Fortbestand der verwerteten Probezeitbeurteilung und deren Rechtmäßigkeit voraus. Maßgebend ist allein, ob der in ihr mitgeteilte Sachverhalt zutrifft, den der Dienstherr zur Begründung des negativen Urteils über die Bewährung und damit der Entlassung herangezogen hat, und ob sich der Dienstherr mit den darauf gestützten oder herangezogenen Wertungen im Rahmen der ihm eingeräumten Beurteilungsermächtigung hält.

Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe

Maßgebend für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also des Widerspruchsbescheids.

Rechtsgrundlage für die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG. Danach können Beamte auf Probe entlassen werden, wenn der Entlassungsgrund der fehlenden Bewährung vorliegt. Die inhaltliche Kontur erhält der gesetzliche Begriff der Bewährung im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG durch seinen Bezug zu den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung in Art. 33 Abs. 2 GG und – vorliegend – in § 20 Abs. 3 des Landesbeamtengesetzes (LBG RP) vom 20.10.20101. § 20 Abs. 3 LBG RP bestimmt, dass die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten auf Probe in der Probezeit unter Anlegung eines strengen Maßstabes zu bewerten ist. Die Entscheidung darüber, ob sich der Beamte in der laufbahnrechtlichen Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil, das sachverständig und zuverlässig nur der Dienstherr abgeben kann. Das Urteil über die Bewährung des Probebeamten besteht in der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn, ob der Probebeamte den Anforderungen des auf Lebenszeit zu übertragenden (Status-)Amtes voraussichtlich gerecht werden wird; für die Feststellung der Nichtbewährung genügen dabei bereits begründete ernsthafte Zweifel des Dienstherrn2.

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Grundlage dieser nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG zu treffenden Prognoseentscheidung ist regelmäßig die am Ende der Probezeit zu erstellende Probezeitbeurteilung, die der Feststellung dient, ob sich der Beamte während der Probezeit bewährt hat3. Dies bedeutet aber nicht, dass die Rechtmäßigkeit der Entlassung wegen mangelnder Bewährung den formellen Fortbestand der verwerteten Probezeitbeurteilung und deren Rechtmäßigkeit voraussetzt. Maßgebend ist allein, ob der in ihr mitgeteilte Sachverhalt zutrifft, den der Dienstherr zur Begründung des negativen Urteils über die Bewährung und damit der Entlassung herangezogen hat, und ob sich der Dienstherr mit den darauf gestützten oder herangezogenen Wertungen im Rahmen der ihm eingeräumten Beurteilungsermächtigung hält4. Ob diese Voraussetzungen für eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe vorliegen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, die der rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich sind.

Keine anderen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Entlassung wegen mangelnder Bewährung ergeben sich aus der von der Beschwerde zitierten Passage in Rn. 71 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.05.2019 – 2 A 15.17 –5. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem erstinstanzlichen Beurteilungsstreitverfahren ausgeführt, dass der beklagte Dienstherr die aufgehobene rechtswidrige Probezeitbeurteilung neu zu erstellen und auf der Grundlage dieser neuen Probezeitbeurteilung zu entscheiden hat, ob der Beamte aus dem Probebeamtenverhältnis zu entlassen oder in ein Lebenszeitverhältnis zu übernehmen ist. Mit diesen Ausführungen am Ende der Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht keinen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass die Aufhebung oder Fehlerhaftigkeit der Probezeitbeurteilung zwangsläufig die Fehlerhaftigkeit der darauf gestützten Entlassung des Beamten wegen mangelnder Bewährung zur Folge hat und die Entscheidung über die Entlassung erneut zu treffen ist, wenn die neu zu erstellende Probezeitbeurteilung vorliegt. Es handelt sich lediglich um einen – die Entscheidung nicht tragenden – einzelfallbezogenen Hinweis an den beklagten Dienstherrn, der dem Umstand Rechnung getragen hat, dass über den Widerspruch des klagenden Beamten gegen die Entlassung noch nicht entschieden war.

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In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass die Entscheidung des Dienstherrn, den Beamten wegen mangelnder Bewährung zu entlassen, gerichtlich nur daraufhin überprüfbar ist, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe beachtet oder sachfremde Erwägungen vermieden worden sind. Weiter ist anerkannt, dass ausgehend von der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG Grundlage des prognostischen Bewährungsurteils des Dienstherrn grundsätzlich allein das Verhalten des Beamten in der Probezeit sein kann6. Damit ist dem Beurteilungsspielraum des Dienstherrn eine gesetzliche Grenze gesetzt, deren Einhaltung von den Verwaltungsgerichten zu überprüfen ist. Dies bedeutet aber entgegen der Beschwerde nicht, dass das Gericht bei der Überprüfung der Entlassungsentscheidung des Dienstherrn gehindert ist, auch nach dem Ablauf der Probezeit eingetretene Umstände bei der richterlichen Überzeugungsbildung zu berücksichtigen, wenn sie Folgerungen auf das in der Probezeit gezeigte Verhalten des Beamten zulassen, auf das der Dienstherr das Bewährungsurteil gestützt hat. Damit wird das zur Entlassung führende Bewährungsurteil nicht auf der Grundlage eines außerhalb der Probezeit liegenden Sachverhalts gerichtlich überprüft, sondern aus diesem Sachverhalt werden Schlüsse retrospektiv auf das Verhalten in der Probezeit gezogen7. Ob ein nach Ablauf der Probezeit eingetretener Umstand – hier die gegen den Vorgesetzten gestellte Strafanzeige – solche Schlüsse rechtfertigt, betrifft die Prüfung und Würdigung im Einzelfall, die der rechtsgrundsätzlichen Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht zugänglich ist.

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Das Bundesverwaltungsgericht hat in Anwendung der gegenüber § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG inhaltsgleichen Vorschrift des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Beamtengesetzes für das Land Schleswig-Holstein vom 01.06.19878 den Rechtssatz aufgestellt, dass maßgebend für die Beurteilung, ob sich ein Beamter auf Probe bewährt hat oder nicht, allein sein Verhalten in der laufbahnrechtlichen Probezeit ist9. Weiter ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts10 bei Anwendung dieses Beurteilungsmaßstabs nicht ausgeschlossen, dass in die Entscheidung des Dienstherrn solche Umstände Eingang finden können, die zwar nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in dieser Zeit zulassen.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. Mai 2022 – 2 B 41.21

  1. GVBl.2010, 319[]
  2. stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 31.05.1990 – 2 C 35.88, BVerwGE 85, 177 <180 m.w.N.> vom 18.07.2001 – 2 A 5.00, Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2; und vom 07.05.2019 – 2 A 15.17, BVerwGE 165, 263 Rn. 53 ff. und 56[]
  3. vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.2009 – 2 A 10.07, Buchholz 232.1 § 7 BLV Nr. 5 Rn. 17; und vom 07.05.2019 – 2 A 15.17, BVerwGE 165, 263 Rn. 27[]
  4. vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 02.04.1986 – 2 B 84.85, Buchholz 238.37 § 66 NWPersVG Nr. 1 S. 2 f.; und vom 14.01.1988 – 2 B 64.87, Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 42 S. 2 f.[]
  5. BVerwGE 165, 263 Rn. 71[]
  6. stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 31.05.1990 – 2 C 35.88, BVerwGE 85, 177 <180 m.w.N.> vom 18.07.2001 – 2 A 5.00, Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2; und vom 07.05.2019 – 2 A 15.17, BVerwGE 165, 263 Rn. 54[]
  7. vgl. BVerwG, Urteile vom 25.02.1993 – 2 C 27.90, BVerwGE 92, 147 <150> und vom 30.10.2013 – 2 C 16.12, BVerwGE 148, 204 Rn. 45 zur Prognoseentscheidung[]
  8. GVOBl. Schl.-H. S. 272[]
  9. BVerwG, Urteil vom 31.05.1990 – 2 C 35.88, BVerwGE 85, 177 <180>[]
  10. vgl. BVerwG, Urteile vom 25.02.1993 – 2 C 27.90, BVerwGE 92, 147 <151> und vom 30.10.2013 – 2 C 16.12, BVerwGE 148, 204 Rn. 45[]
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Bildnachweis:

  • Bundesverwaltungsgericht: Robert Windisch