Konkurrentenstreitigkeiten – und die Dokumentation der Auswahlentscheidung

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art.19 Abs. 4 GG die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen1. § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus ausdrücklich auf Verwendungsentscheidungen. Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen2.

Konkurrentenstreitigkeiten – und die Dokumentation der Auswahlentscheidung

Zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen verpflichtet ist dabei primär die Stelle, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist. Im Hinblick auf die in § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 WBO verankerte umfassende Kontroll- und Abänderungskompetenz kann die Dokumentationspflicht aber auch von der gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständigen Beschwerdestelle erfüllt werden, wenn und soweit sie eine eigene Sachentscheidung trifft3. Bestätigt die Beschwerdestelle die Ausgangsentscheidung und weist sie die Beschwerde zurück (§ 13 Abs. 3 WBO), kann sie, falls eine Dokumentation bis dahin fehlt, in dem Beschwerdebescheid die wesentlichen Auswahlerwägungen niederlegen oder eine vorhandene Dokumentation der Ausgangsentscheidung ergänzen oder inhaltlich fortschreiben. Sofern sie auf eine eigene Sachentscheidung verzichtet und den Beschwerdevorgang im Wege der Abhilfe zum Zweck der Neubescheidung zurückgibt, liegt die Dokumentationspflicht wiederum zunächst bei der für die Auswahlentscheidung zuständigen Stelle4.

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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Auswahlentscheidungen zwischen mehreren soldatischen Bewerbern hat der Träger der Auswahlentscheidung zunächst zu prüfen, ob die oder ggf. welche Bewerber allen Anforderungskriterien für den in Rede stehenden Dienstposten gerecht werden. Ist diese Voraussetzung erfüllt, ist der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich anhand der durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesenen Abstufungen der Qualifikation vorzunehmen5.

Zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber ist dabei in erster Linie auf die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilungen abzustellen, weshalb der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt; zur abgerundeten Bewertung des Leistungs, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner Kontinuität ist es darüber hinaus zulässig, in die Auswahlentscheidung auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzubeziehen6. Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann im Rahmen sachgerechter Erwägungen auch sonstigen sachlichen Gesichtspunkten ein (gegebenenfalls) entscheidendes Gewicht für die Auswahl beigemessen werden, sofern dadurch das Gebot der Auswahl nach Eignung, Befähigung und Leistung nicht in Frage gestellt wird7. In diesem Rahmen kann – gleichsam in einem dritten Prüfungsschritt des Bewerbervergleichs – der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beigemessen werden8.

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Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27. November 2014 – 1 WB 13.2014 –

  1. vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.07.2007 – 2 BvR 206/07 – BVerfGK 11, 398, 402 f. = NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169[]
  2. vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 25.04.2007 – 1 WB 31.06, BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41, jeweils Rn. 50; und vom 16.12 2008 a.a.O. Rn. 35 f.[]
  3. vgl. – auch zum Folgenden – näher BVerwG, Beschluss vom 27.01.2010 – 1 WB 52.08, BVerwGE 136, 36 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 54, jeweils Rn. 33[]
  4. BVerwG, Beschluss vom 23.02.2010 – 1 WB 36.09 – BA Rn. 27, insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 17[]
  5. stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 25.04.2007 – 1 WB 31.06, BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41, jeweils Rn. 55; für das Beamtenrecht: Urteile vom 16.08.2001 – 2 A 3.00, BVerwGE 115, 58, 60 f. = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3; und vom 04.11.2010 – 2 C 16.09, BVerwGE 138, 102, Rn. 46[]
  6. stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 25.03.2010 – 1 WB 27.09, BVerwGE 136, 198 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 55, jeweils Rn. 25[]
  7. vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.12 2008 – 1 WB 39.07, BVerwGE 133, 1 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 49, jeweils Rn. 67 m.w.N.; und vom 24.05.2011 – 1 WB 59.10, Buchholz 449 § 3 SG Nr. 60 Rn. 31 m.w.N.; vgl. für das Beamten- und Richterrecht Urteil vom 04.11.2010 – 2 C 16.09 – a.a.O. Rn. 46 m.w.N.[]
  8. BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 a.a.O., Rn. 46[]
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