Mitwirkung des Personalrats im Disziplinarverfahren

Der fehlende Hinweis im Disziplinarverfahren auf das Antragsrecht zur Mitwirkung des Personalrats führt nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zur unheilbaren Rechtswidrigkeit der Disziplinarverfügung.

Mitwirkung des Personalrats im Disziplinarverfahren

Nach § 80 Abs. 1 Nr. 5 LPVG wirkt der Personalrat beim Erlass von Disziplinarverfügungen oder schriftlichen Missbilligungen mit. Nach § 38 Abs. 1 LDG werden Disziplinarmaßnahmen – wie hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 31 LDG – durch Disziplinarverfügung ausgesprochen, so dass der Anwendungsbereich des § 80 Abs. 1 Nr. 5 LPVG eröffnet ist. Allerdings ist das Mitwirkungsrecht des Personalrats abhängig von einem entsprechenden Antrag des Beamten. Wahrnehmen kann der Beamte das Antragsrecht jedoch nur, wenn er vor Erlass der beabsichtigten Maßnahme rechtzeitig auf sein Antragsrecht hingewiesen wurde, was § 80 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG vorschreibt. Die Vorschrift des § 80 Abs. 1 Nr. 5 LPVG hat dabei eine eigenständige verfahrensrechtliche Bedeutung1, die aus sachlichen Gründen zum Schutz des von einer Disziplinarverfügung bedrohten Beamten die Mitwirkung des Personalrats anordnet.

Der danach fehlende Hinweis auf das Antragsrecht zur Mitwirkung des Personalrats führt zur Rechtswidrigkeit der Disziplinarverfügung2. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Mitwirkung des Personalrats nur deshalb unterblieben ist, weil der Beamte über sein Antragsrecht nicht informiert war. Eine Heilung des Verfahrensmangels im gerichtlichen Verfahren ist nicht möglich (vgl. § 45 Abs. 2 LVwVfG). Denn die Mitwirkung des Personalrats soll diesem gerade die Möglichkeit geben, vor Erlass der Disziplinarmaßnahme auf die Willensbildung des Dienstvorgesetzten wirkungsvoll Einfluss zu nehmen. Diese Einflussmöglichkeit ist nach Erlass der Disziplinarverfügung nicht mehr gegeben, so dass die Mitwirkung des Personalrats nach der Klageerhebung nicht mehr nachgeholt werden kann3. Daher verbiete es sich auch, den Rechtsgedanken des § 46 LVwVfG heranzuziehen, wonach die Aufhebung des Verwaltungsaktes nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hätte. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beamte im Falle ordnungsgemäßer Unterrichtung die Mitwirkung des Personalrats beantragt, dieser gegen die beabsichtigte Entfernung Einwendungen erhoben und der Dienstherr eine andere Disziplinarmaßnahme verhängt hätte.

Weiterlesen:
Zuweisung von Beschäftigen an ein Jobcenter - und die Mitbestimmung des Personalrats

Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 21. April 2010 – DL 20 K 2137/09

  1. vgl. VGH B-W, Beschluss vom 01.02.2000 – D 17 S 1/00[]
  2. vgl. VGH B-W, Beschluss vom 01.02.2000, a.a.O; ständige Rechtsprechung des BVerwG zu § 78 BPersVG: vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 09.12.1999 – 2 C 4.99, BVerwGE 110, 173 m.w.N.[]
  3. vgl. auch VGH B-W, Urteil vom 20.02.1990 – 4 S 287/87, VBlBW 1991, 65[]