Die Vertrauensperson bzw. der Personalrat hat keinen Anspruch darauf, dass die personalbearbeitende Stelle das Ergebnis ihrer bzw. seiner Anhörung in die Personalentscheidung einbezieht.

Gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 6 SBG i.V.m. § 63 Abs. 1 SBG und § 7 Satz 1 BPersVG soll bei der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses, sofern ein Ermessensspielraum besteht, der Personalrat durch den Dienststellenleiter angehört werden, es sei denn, dass der Betroffene die Anhörung ausdrücklich ablehnt. § 55 Abs. 5 SG, wonach ein Soldat auf Zeit während der ersten vier Dienstjahre fristlos entlassen werden kann, wenn er seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat und sein Verbleiben in seinem Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde, stellt eine Ermessensvorschrift im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 6 SBG dar. Der betroffene Soldat hat die Anhörung nicht ausdrücklich abgelehnt. Gesichtspunkte, die den vorliegenden Fall als atypisch erscheinen ließen und deshalb eine Ausnahme von der nach der Soll-Vorschrift in der Regel gebotenen Beteiligung rechtfertigen würden1, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
Die Anhörung des Personalrats (§ 21 SBG) erfolgte im hier entschiedenen Fall ordnungsgemäß. Der Personalrat wurde über die beabsichtigte Maßnahme hinreichend unterrichtet (§ 21 Satz 1 SBG).
Gemäß § 21 Satz 1 SBG ist die Vertrauensperson bzw. hier: der Personalrat in Gestalt der zur Entscheidung berufenen Soldatenvertreter (§ 63 Abs. 1 Satz 1 SBG) über beabsichtigte Maßnahmen, zu denen sie bzw. er anzuhören ist, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Dem Personalrat lagen, wie sich aus der Bezugsleiste seiner Stellungnahme vom 13.03.2018 ergibt, der Antrag auf Entlassung des Stabsgefreiten einschließlich der Stellungnahme des nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten hierzu sowie weitere „begründende Unterlagen“ vor. Der Vorsitzende des Personalrats bat (ausweislich der Darstellung in dem Vorlageschreiben des Bundesministeriums der Verteidigung) das Stabsbüro des … außerdem mit E-Mail um (nicht näher bezeichnete) ergänzende Informationen und Unterlagen, die wurden; dass dies erst erfolgte, nachdem die Stellungnahme bereits beschlossen war (aber noch vor deren Erörterung), wurde nicht beanstandet. Weitere Informationsverlangen wurden nicht mehr gestellt; die Niederschrift über die Erörterung hält ausdrücklich fest, dass „sich seitens des Personalrats keine weiteren Fragen/Anmerkungen“ ergeben hätten. Im Ergebnis ist danach davon auszugehen, dass dem Personalrat sämtliche Informationen vorlagen, die er für eine sachgerechte Beurteilung der beteiligungspflichtigen Maßnahme und des dieser zugrundeliegenden Sachverhalts benötigte.
Der Personalrat hatte Gelegenheit, zu der beabsichtigten Maßnahme Stellung zu nehmen (§ 21 Satz 2 SBG), und hat hiervon unter dem 13.03.2018 Gebrauch gemacht. Er beanstandete in seiner Stellungnahme im Wesentlichen, dass die Summe der disziplinaren Verfehlungen des Stabsgefreiten zwar erheblich sei, eine Entlassung jedoch nicht rechtfertige. Die dem betroffenen Soldaten außerdem vorgehaltenen schlechten Leistungen seien aus seiner Sicht nicht nachgewiesen; auch sei der Soldat auf Leistungsmängel nicht hingewiesen worden. Bezweifelt wurde schließlich, dass das weitere Verbleiben des Stabsgefreiten im Dienst die militärische Ordnung gefährde.
Schließlich wurde auch der Anspruch des Personalrats auf Erörterung (§ 21 Satz 3 SBG) nicht verletzt2.
§ 21 Satz 3 SBG gibt der Vertrauensperson bzw. dem Personalrat hinsichtlich der Erörterung einen verfahrensrechtlichen Anspruch, der gegenüber der anhörenden Stelle – das heißt gegenüber dem nächsten Disziplinarvorgesetzten (§ 24 Abs. 1 SBG) bzw. dem Dienststellenleiter (§ 63 Abs. 1 Satz 2 SBG, § 7 BPersVG) – geltend zu machen und von dieser zu erfüllen ist3. Eine solche Erörterung der Stellungnahme hat zwischen dem Personalrat und dem Kommandeur des … als zuständigem Dienststellenleiter stattgefunden. Ihr Ergebnis ist in der Niederschrift festgehalten.
Auf eine Erörterung mit einem Vertreter oder unter Hinzuziehung eines Vertreters des Bundesamts für das Personalmanagement – als der für die beabsichtigte Maßnahme zuständigen personalbearbeitenden Stelle – hat der Personalrat keinen Anspruch. Der Anspruch auf Erörterung richtet sich nach der gesetzlichen Konstruktion ausschließlich gegen den nächsten Disziplinarvorgesetzten bzw. (hier) den Dienststellenleiter, also den Ansprechpartner „vor Ort“. Speziell für die Beteiligung in Personalangelegenheiten ergibt sich diese Zuständigkeit für die gesamte Anhörung eindeutig aus § 24 Abs. 1 SBG, wonach die Vertrauensperson durch den nächsten Disziplinarvorgesetzten bzw. (gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 SBG, § 7 BPersVG) der Personalrat durch den Dienststellenleiter angehört werden soll; gemäß § 24 Abs. 3 SBG teilt dann der Disziplinarvorgesetzte bzw. der Dienststellenleiter die Äußerung der Vertrauensperson bzw. des Personalrats der personalbearbeitenden Stelle mit, die das Ergebnis der Anhörung ihrerseits in die Personalentscheidung einbezieht.
Allerdings darf diese vom Gesetzgeber bewusst gewählte Konstruktion nicht zu einer Verkürzung der Rechte der Soldatenvertretung führen4. Ebenso wie sich die anhörende Stelle zur Erfüllung des Informationsanspruchs nicht auf den eigenen Kenntnisstand beschränken darf, sondern die objektiv erforderlichen Informationen gegebenenfalls bei der personalbearbeitenden Stelle beschaffen muss, kann sie sich der Erörterung der Stellungnahme mit der Vertrauensperson bzw. dem Personalrat nicht unter Berufung auf mangelnde Dispositions- und Entscheidungsbefugnisse entziehen, sondern muss sich gegebenenfalls von der für die Entscheidung zuständigen Stelle entsprechend informieren und instruieren lassen.
Auch gegen diese Grundsätze wurde im vorliegenden Fall nicht verstoßen. Der Kommandeur des … war – gerade in seiner Funktion als Dienststellenleiter – über den der beabsichtigten Entlassung des Stabsgefreiten zugrundeliegenden Sachverhalt unterrichtet, zumal die Initiative zur Entlassung des Stabsgefreiten von seiner Dienststelle ausging. Zusätzliche Informationen für die sachgerechte Erörterung mit dem Personalrat waren, was den Sachverhalt betrifft, weder erforderlich noch ggf. vom Bundesamt für das Personalmanagement zu erlangen. Der Kommandeur war aber auch über die rechtliche Einschätzung und Bewertung des Sachverhalts durch das Bundesamt für das Personalmanagement orientiert. Dem Kommandeur lag die auszuhändigende Entlassungsverfügung vor. Wie sich aus dem in der Beschwerdeakte befindlichen E-Mail-Verkehr ergibt, hat zwischen dem Unterabteilungsleiter im Bundesamt für das Personalmanagement und dem Kommandeur des … ein Telefonat stattgefunden, in dem ersterer, auch nach Vorlage der Stellungnahme des Personalrats, darauf beharrte, dass der Entlassungsbescheid in der vorliegenden Form auszuhändigen sei. Der Kommandeur war deshalb auch in der Lage, in der Erörterung mit dem Personalrat die ihm aus den Gründen des Entlassungsbescheids bekannte Rechtsauffassung (einschließlich der Ausübung des Ermessens) zu erläutern und zu vertreten.
Soweit es dem Personalrat darüber hinausgehend darum ging, im Rahmen der Erörterung unmittelbar – im Dialog mit der letztlich entscheidungsbefugten Stelle – auf die Endfassung der Entlassungsverfügung einzuwirken, ist diese Form der Einflussnahme in der Konzeption des hier strittigen Beteiligungsrechts nicht mehr enthalten5. Wie sich aus der Trennung und Gegenüberstellung von § 21 SBG einerseits und § 24 Abs. 3 SBG andererseits ergibt, gehört die Anhörung der Ebene der Vorbereitung der Entscheidung und nicht der Ebene der Mitwirkung an der Entscheidung selbst an. Das Ergebnis der durch den Disziplinarvorgesetzten bzw. den Dienststellenleiter geführten Anhörung des Personalrats (§ 21 SBG) wird an die personalbearbeitende Stelle übermittelt (§ 24 Abs. 3 Satz 1 SBG), von der es – in einem zweiten Schritt – in die Personalentscheidung einzubeziehen ist (§ 24 Abs. 3 Satz 2 SBG). An diesem zweiten Schritt wirkt der Personalrat nicht mehr unmittelbar, sondern nur noch mittelbar über das festgestellte, in die abschließende Entscheidung einzubeziehende Ergebnis der Anhörung mit.
Allerdings hat der Personalrat kein subjektives Recht auf Einbeziehung des Ergebnisses der Anhörung in die Personalentscheidung (§ 24 Abs. 3 Satz 2 SBG). Mit der objektiv-rechtlichen Pflicht der für die Entscheidung über die Personalmaßnahme zuständigen Behörde aus § 24 Abs. 3 Satz 2 SBG korrespondiert kein subjektiv-öffentliches Recht des Personalrats. Beteiligungsrechte des Personalrats können deshalb durch diesbezügliche Mängel bei der Entscheidung des Bundesamts für das Personalmanagement von vornherein nicht verletzt werden. Aus diesem Grund kann auch dahingestellt bleiben, ob das Bundesamt für das Personalmanagement die Stellungnahme vom 13.03.2019 und die Niederschrift über die Erörterung vom 23.03.2019 zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen zur Entlassung des Stabsgefreiten einbezogen hat.
Die Vertrauensperson bzw. hier der Personalrat hat aus §§ 19 ff. SBG ein subjektiv-öffentliches Recht auf Beteiligung an verschiedenen Maßnahmen. Die Reichweite subjektiv-öffentlicher Rechte im Rahmen personalvertretungsrechtlicher Beteiligungen wird zum einen durch die gesetzlich vorgesehene Beteiligungsform und deren Inhalt begrenzt. Die hier vorliegende Beteiligungsform der Anhörung hat, wie dargestellt, drei Schritte zum Inhalt: Unterrichtung, Gelegenheit zur Stellungnahme, Erörterung. Hierbei dürfen Rechte des Personalrats nicht verkürzt werden, sodass sich der anhörende Dienststellenleiter ggf. durch die personalbearbeitende Stelle informieren und instruieren lassen muss. Die Beteiligung in der Form der Anhörung zielt aber nicht auf ein Mitentscheidungsrecht6. Sie betrifft die Vorbereitung der Entscheidung und nicht die Entscheidung selbst. In Bezug auf die Entscheidung gibt § 24 Abs. 3 SBG der Soldatenvertretung nur eine „Chance“, mit argumentativen Mitteln auf die Entscheidung Einfluss zu nehmen. Die Entschließung des Dienstherrn, ob er die Maßnahme ergreifen will und wie das geschehen soll, ist nicht mehr Teil des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens, sondern stellt sich rechtlich als die Ausübung der Organisations- und Personalhoheit dar, die allein dem Dienstherrn zusteht7.
Die Reichweite subjektiv-öffentlicher Rechte im Rahmen der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungen wird zum anderen durch das Partnerschaftsprinzip (§ 19 Abs. 2 SBG) vorgegeben8. Die Anhörung erfolgt durch den – für die in Rede stehende Maßnahme in der Regel und so auch hier nicht zuständigen – Disziplinarvorgesetzten bzw. Dienststellenleiter. Beteiligungspartner des Personalrats ist damit der Disziplinarvorgesetzte bzw. Dienststellenleiter und nicht das zur Entscheidung in der Sache berufene Bundesamt für das Personalmanagement. Die Beteiligung in der Form der Anhörung vermittelt keine Rechte gegen andere Personen als den anhörenden nächsten Disziplinarvorgesetzten bzw. Dienststellenleiter9. Ein Anhörungsrecht der Personalvertretung gegenüber dem Bundesamt für das Personalmanagement würde man aber in der Sache begründen, wenn man in § 24 Abs. 3 Satz 2 SBG einen Anspruch der Personalvertretung annimmt, im Rahmen ihrer Entscheidung die Einwände des Personalrats ausdrücklich zu bescheiden und dies auch gerichtlich überprüfen zu lassen. Der als unmittelbares Recht verweigerte Anspruch würde dann mittelbar über einen Anspruch aus § 24 Abs. 3 Satz 2 SBG doch geschaffen.
Hierdurch läuft die Verpflichtung des Bundesamts für das Personalmanagement aus § 24 Abs. 3 Satz 2 SBG auch nicht leer. Einerseits ist das Bundesamt an Recht und Gesetz gebunden. Andererseits kann der von der Personalmaßnahme betroffene Soldat die Rechtmäßigkeit der gegen ihn ergangenen Maßnahme auch daraufhin überprüfen lassen, dass diese in formeller Hinsicht ordnungsgemäß erfolgt ist.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30. August 2019 – 1 WB 27.18
- vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 27.02.2003 – 1 WB 57.02, BVerwGE 118, 25, 31 f. m.w.N.[↩]
- vgl. zum Folgenden BVerwG, Beschluss vom 27.08.2015 – 1 WB 37.14 42 ff.[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.2009 – 1 WB 37.08, BVerwGE 133, 135 Rn. 24[↩]
- vgl. – auch zum Folgenden – BVerwG, Beschluss vom 17.02.2009 – 1 WB 37.08, BVerwGE 133, 135 Rn. 24[↩]
- vgl. hierzu bereits BVerwG, Beschluss vom 27.08.2015 – 1 WB 37.14 47[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 27.08.2015 – 1 WB 37.14, Rn. 47[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.08.2009 – 6 PB 21.09 6[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.03.2004 – 1 WB 46.03 19[↩]
- BVerwG, Beschluss vom 24.03.2004 – 1 WB 46.03 17[↩]
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