Es bleibt offen, ob ein Richter, der die „Heranziehung zu einer Nebentätigkeit“ nicht anfechtet, sondern umgekehrt zu einer solchen „Nebentätigkeit“ herangezogen werden möchte, gem. § 72 Abs. 1 Nr. 4d) HmbRiG den Rechtsweg zur Richterdienstkammer beim Landgericht bestreiten muss.

Die Bestellung zum Berufsrichter am Heilberufsgericht hat sich nicht allein am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG auszurichten. Vielmehr unterliegt sie den allgemeinen Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens. In diesem Rahmen kann darauf abgestellt werden, wie lange ein Bewerber dieses Amt bereits zuvor ausgeübt hat.
Rechtsweg
Offen bleiben kann, ob für Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs 1 VwGO) oder der Rechtsweg zur Richterdienstkammer beim Landgericht gegeben ist.
Nach § 72 Abs. 1 Nr. 4 d) des Hamburgischen Richtergesetzes (HmbRiG) entscheidet die Richterdienstkammer über die Anfechtung der Heranziehung eines Richters zu einer Nebentätigkeit. Unter Heranziehung zu einer Nebentätigkeit in diesem Sinne dürfte sowohl die Übertragung eines Nebenamtes bzw. einer Nebenbeschäftigung nach § 42 DRiG als auch die Übertragung eines weiteren Richteramtes bei einem anderen Gericht gemäß § 27 Abs. 2 DRiG zu verstehen sein mit der Folge, dass im vorliegenden Fall nicht entschieden werden muss, welcher dieser beiden allein in Betracht kommenden Alternativen die Übertragung des Amtes eines Vorsitzenden beim Heilberufsgericht zuzuordnen ist1. Sofern es darum geht, dass sich ein Richter gegen die Übertragung eines solchen Amtes wehrt, spricht unter Berücksichtung der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vieles für die Zuständigkeit des Richterdienstgerichts.
Im vorliegenden Fall wehrt sich der Antragsteller allerdings nicht gegen die Übertragung des Amtes eines Vorsitzenden beim Heilberufsgericht, sondern strebt umgekehrt eine solche Übertragung an und wendet sich in diesem Zusammenhang unter Berufung auf den Bewerbungsverfahrensanspruch gegen die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung, bei der er nicht berücksichtigt wurde. Auf derartige Verpflichtungslagen passt das Anfechtungsverfahren aus § 72 Abs. 1 Nr. 4 d) HmbRiG möglicherweise nicht, da es sich insoweit um ein reines Prüfungsverfahren handelt und das angerufene Gericht die angefochtene Maßnahme nur aufheben oder den darauf gerichteten Antrag zurückweisen kann (vgl. § 89 Abs. 4 HmbRiG). Allerdings erscheint es in systematischer Hinsicht wenig glücklich, wenn sich ein Richter, der sich gegen die Heranziehung zu einer Nebentätigkeit wehrt, an das Richterdienstgericht wenden müsste, wohingegen ein Betroffener, der die Übertragung einer solchen Beschäftigung wie im vorliegenden Fall anstrebt, das Verwaltungsgericht anzurufen hätte. Denn die rechtlichen Maßstäbe dürften in beiden Fällen in nicht unerheblichem Umfang übereinstimmen.
Die Rechtswegfrage bedarf hier aber keiner Vertiefung, da das Oberverwaltungsgericht durch § 17 a Abs. 5 GVG an einer Prüfung der Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs gehindert ist. Denn das Verwaltungsgericht ist zu Beginn seines Beschlusses – wenn auch ohne nähere Befassung – davon ausgegangen, dass der Antrag des Antragstellers zulässig sei und sodann in die Begründetheitsprüfung eingetreten. Damit hat es die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges nach § 40 Abs. 1 VwGO jedenfalls konkludent bejaht. Da nach § 17 a Abs. 5 GVG die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zu prüfen ist, ist das Beschwerdegericht an diese Einschätzung gebunden. Diese Bindung gilt innerhalb der gesamten staatlichen Gerichtsbarkeit und damit auch für die Abgrenzung von Verwaltungsrechtsweg einerseits und dem Rechtsweg zum Richterdienstgericht andererseits. Die Anwendung von § 17 a Abs. 5 GVG setzt auch nicht voraus, dass die Vorinstanz die gegebenenfalls bestehenden Rechtswegprobleme erkannt und mit den Beteiligten erörtert hat2.
Kein Anspruch auf Bestellung
Wie sich aus § 6 Abs. 3 Satz 1 des Heilberufsgerichtsgesetzes ergibt, werden die Mitglieder des Heilberufsgerichts von der Antragsgegnerin bestellt. Was die Berufsrichter anbelangt (§ 5 Abs. 2 Satz 2 des Heilberufsgerichtsgesetz), entscheidet sie insoweit selbstständig, ist insbesondere nicht an die Vorgaben anderer Stellen gebunden. Lediglich für die ehrenamtlichen Richter des Heilberufsgerichts ist vorgesehen, dass die Antragsgegnerin sie „auf Vorschlag der Berufskammern“ bestellt (§§ 5 Abs. 2 Satz 2, 6 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz des Heilberufsgerichtsgesetzes). Daraus folgt, dass die Definition des Anforderungsprofils für die zu besetzenden Stellen der Berufsrichter in den Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin fällt. Das hier infrage stehende Ausschlussmerkmal, wonach die Besetzung der Stellen nicht mit Vorsitzenden Richterinnen bzw. Richtern am Verwaltungsgericht erfolgen solle, ist indes vom Geschäftsleitenden Vorsitzenden des Heilberufsgerichts formuliert worden. Die Antragsgegnerin hat sich diese Voraussetzung nicht zu Eigen gemacht, was sich – worauf der Antragsteller zutreffend hinweist – u.a. daraus ergibt, dass sie in ihrer im Auswahlvermerk vom 29. Juli 2010 niedergelegten Auswahlentscheidung darauf nicht abgestellt hat. Würde im neuen Auswahlverfahren das Ausschlussmerkmal „Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht“ zugrunde gelegt, läge hierin somit eine unzulässige nachträgliche Änderung der Grundlagen der Auswahlentscheidung.
Da der Antragsteller die tragenden Erwägungen des angefochtenen Beschlusses demnach hinreichend erschüttert hat, ist das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet, den Antrag ohne die aus § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ersichtliche Beschränkung zu prüfen. Diese Überprüfung ergibt, dass die Beschwerde im Ergebnis keinen Erfolg hat. Der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, dass sich die Entscheidung über die Vergabe der freien Vorsitzendenstellen beim Heilberufsgericht allein am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG auszurichten hat. Die Auswahlentscheidung darf sich vielmehr auch an anderen sachgerechten Kriterien orientieren. Gemessen an den insoweit maßgeblichen Grundsätzen ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, ihn nicht erneut mit dem Amt eines Vorsitzenden beim Heilberufsgericht zu betrauen, nicht zu beanstanden.
Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Der Begriff des öffentlichen Amtes ist weit zu verstehen und umfasst alle Funktionen öffentlich-rechtlicher Art bei Bund, Ländern, Gemeinden und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Erfasst werden auch die Ämter von Richtern an staatlichen Gerichten. Zu letzteren zählt das Heilberufsgericht, das als Gericht für besondere Sachgebiete im Sinne von Art. 101 Abs. 2 GG anzusehen ist3.
Wenn damit auch feststeht, dass es hier um die Vergabe eines öffentlichen Amtes geht, folgt daraus gleichwohl nicht die strikte Geltung des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Prinzips der Bestenauslese. Ein Eignungs- und Leistungsvergleich nach Maßgabe dieser Bestimmung ist vielmehr nur dann vorzunehmen, wenn es um die Einstellung oder um die Bewerbung für ein sog. Beförderungsamt geht4. Um beides handelt es sich im vorliegenden Fall nicht. Mit der Bestellung zum Berufsrichter des Heilberufsgerichts wird zwar ein Richteramt an einem selbständigen Gericht übertragen, ein Richterverhältnis aber nicht neu begründet. Nach § 6 Abs. 1 des Heilberufsgerichtsgesetzes müssen die Bewerber nämlich bereits auf Lebenszeit ernannte Richter sein. Der Berufsrichter am Heilberufsgericht behält auch nach seiner Bestellung das Richteramt an einem anderen Gericht, ihm wird lediglich ein weiteres Amt übertragen. Demgemäß werden die Richter des Heilberufsgerichts nicht i.S. des § 17 Abs. 2 DRiG ernannt, sondern – ohne Befassung des Richterwahlausschusses – „bestellt“ (§ 6 Abs. 3 Satz 1 des Heilberufsgesetzes). Die Übertragung des Amtes eines Vorsitzenden beim Heilberufsgericht stellt auch keine Beförderung dar, da sich die Einstufung der Betroffenen in ihr jeweiliges (Stamm-) Richteramt dadurch nicht ändert und das Richteramt am Heilberufsgericht besoldungsrechtlich nicht selbständig eingestuft ist. Auch der Umstand, dass Richter am Heilberufsgericht für ihre Tätigkeit eine Vergütung erhalten, führt nicht zu einer Beförderung, da das bestehende richterliche Amt im statusrechtlichen Sinn dadurch nicht berührt wird.
Dass der Antragsteller sich im vorliegenden Verfahren nicht auf den Bewerbungsverfahrensanspruch berufen kann, bedeutet allerdings nicht, dass die Antragsgegnerin bei der Vergabe des hier infrage stehenden Amtes keinerlei Bindungen unterworfen ist. Vielmehr unterliegt ihre Entscheidung den allgemeinen Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens. Sie muss sich wie auch sonst bei richterlichen Aufgaben- und Funktionszuweisungen an sachgerechten Gesichtspunkten orientieren und darf sich insbesondere nicht als willkürlich darstellen5. Obwohl es um die Übertragung eines Richteramtes an einem selbständigen Gericht geht, ist sie der Entscheidung über die Verwendung von Richtern innerhalb eines Gerichts und der Übertragung sonstiger Richterämter nicht unähnlich. Hier verfügt der Dienstherr anerkanntermaßen über einen Ermessensspielraum, der ihm die Möglichkeit gibt, neben den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung auch strukturelle Gesichtspunkte wie die Funktionsfähigkeit des Gerichts, Belastung im Hauptamt, Gleichmäßigkeit und Angemessenheit des Richtereinsatzes, Personalentwicklung und Weiterqualifikation zu berücksichtigen. Die verfassungsrechtliche Regelung in Art. 33 Abs. 2 GG entfaltet insoweit zwar eine Ausstrahlungswirkung, vermittelt aber nicht den vorrangigen Maßstab. Deshalb ist der Dienstherr sicherlich gehalten, die persönliche Einsatzfähigkeit der Betroffenen und damit auch Leistungsgesichtspunkte nicht aus den Augen zu verlieren6.
Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Antragsteller nicht erneut zum Vorsitzenden beim Heilberufsgericht zu bestellen, nicht zu beanstanden. Es nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Dienstherr bei seiner Auswahlentscheidung dafür Sorge trägt, dass die aus der Sicht der Bewerber – aus welchen Gründen auch immer – als erstrebenswert angesehene Nebentätigkeit möglichst gleichmäßig verteilt wird. Entsprechend darf er zu Lasten eines Bewerbers gegebenenfalls berücksichtigen, dass dieser die infrage stehende Beschäftigung schon längere Zeit ausgeübt hat. Keiner Erörterung bedarf, ob es insoweit feststehende zeitliche Grenzen gibt. Der Antragsteller hat das Amt eines Vorsitzenden beim Heilberufsgericht bereits vierzehn Jahre lang ausgeübt. Mit seiner hier zur Debatte stehenden Bewerbung strebt er weitere vier Jahre und damit eine Tätigkeitsdauer von wenigstens achtzehn Jahren an. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin ihn jedenfalls angesichts solcher Zeitspannen, die ein halbes Richterleben ausmachen, nicht zum Vorsitzenden wiederbestellt hat.
Auf die Frage, ob die Übertragung dieses zusätzlichen Richteramts als Belastung oder – wie hier – als Begünstigung empfunden wird, kommt es in diesem Zusammenhang nicht entscheidend an. Die Heranziehung zu einem weiteren Amt – etwa zur Mitgliedschaft in einem Spruchkörper für Baulandsachen (§ 220 BauGB) – werden die Betroffenen nicht selten als Beeinträchtigung empfinden. Denn die entsprechende Tätigkeit ist in der Regel neben dem eigentlichen Hauptamt auszuüben, und die damit einhergehende Mehrarbeit lässt sich häufig nicht adäquat ausgleichen. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner näheren Begründung, dass es ermessensfehlerfrei ist, wenn der Dienstherr danach trachtet, die entsprechenden Aufgaben möglichst gleichmäßig zu verteilen und bei seinen einschlägigen Entscheidungen berücksichtigt, wie lange ein Betroffener die infrage stehende Nebenbeschäftigung bereits ausgeübt hat. Sollte es sich wie im vorliegenden Fall – eher atypischerweise – einmal umgekehrt verhalten, das heißt, bekunden mehr Richterinnen und Richter ihr Interesse an der Übertragung einer Nebentätigkeit als notwendig, gilt letztlich nichts anderes.
Keiner Erörterung bedarf, ob eine derartige auf bisherige Tätigkeitsdauern abgestellte Betrachtungsweise dann nicht angebracht ist, wenn die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben des Heilberufsgerichts andernfalls gefährdet erscheint. § 6 Abs. 1 des Heilberufsgerichtsgesetzes bestimmt, dass die Berufsrichter am Heilberufsgericht „auf Lebenszeit ernannte Richter“ sein müssen. Sonstige Voraussetzungen sind nicht vorgesehen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass grundsätzlich jeder Lebenszeitrichter für eine Tätigkeit an diesem Gericht in Betracht kommt. Insofern verhält es sich nicht anders als bei Entscheidungen eines Präsidiums über die Verteilung der an einem Gericht beschäftigten Richterinnen und Richter auf die einzelnen Abteilungen bzw. Spruchkörper des Gerichts: Auch insoweit ist davon auszugehen, dass eine Richterin bzw. ein Richter grundsätzlich für jede Tätigkeit an dem betroffenen Gericht einsetzbar und einsatzbereit ist (z.B. Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl. 2010, § 21 e Rn. 80)). Dafür, dass für die Beigeladenen, die von der Antragsgegnerin für die Tätigkeit als Vorsitzende beim Heilberufsgericht ausgewählt worden sind, etwas anderes gelten könnte, ist weder etwas ersichtlich noch vom Antragsteller geltend gemacht worden. Da sie die infrage stehende Beschäftigung bisher nicht ausgeübt haben, verfügen sie sicherlich nicht über die Erfahrung, die der Antragsteller nach seiner langjährigen Tätigkeit am Heilberufsgericht besitzt. Aber genauso, wie es jenem gelungen ist, die entsprechende Erfahrung nach seiner erstmaligen Bestellung im April 1996 zu gewinnen, ist nichts dafür erkennbar, dass es nicht auch den Beigeladenen gelingen sollte, die entsprechende Routine zu erlangen.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. Februar 2011 – 5 Bs 2/11
- vgl. zur Auslegung des Begriffs „Heranziehung zu einer Nebentätigkeit“ BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteile vom 22.04.1983, BGHZ 88, 1, 2; und vom 23.08.1976, BGHZ 67, 159, 162[↩]
- vgl. zu Vorstehendem z.B. Lückemann in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 17 a GVG Rn. 18[↩]
- vgl. zu Vorstehendem Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 33 Rn. 9; Gerichtshof für die Heilberufe Bremen, Urteil vom 16.01.1991 – HB-BA 1/90[↩]
- vgl. für viele: BVerfG, Beschluss vom 28.11.2007, NJW 2008, 909; BVerwG, Beschluss vom 25.03.2010, BVerwGE 136, 204, 206, 207, jeweils m.w.N.[↩]
- z.B. BVerfG, Beschluss vom 28.11.2007, NJW 2008, 909, 910 für die richterliche Aufgabenzuweisung durch das Präsidium; BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteil vom 23.08.1976, NJW 1977, 248, 249 für die Übertragung eines weiteren Richteramtes nach § 27 Abs. 2 DRiG; BayVGH, Beschluss vom 03.12.2009, RiA 2010, 121, 123 zur beamtenrechtlichen Umsetzung bzw. Versetzung[↩]
- vgl. zur richterlichen Aufgabenzuweisung durch das Präsidium z.B. Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl. 2010, § 21 e Rn. 81, 85[↩]