Die Pflicht des Geheimschutzbeauftragten, dem Betroffenen vor der Feststellung eines Sicherheitsrisikos Gelegenheit zur persönlichen Äußerung zu geben (§ 14 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG), ist verletzt, wenn dem Betroffenen lediglich angeboten wird, sich in schriftlicher Form zu äußern. Die Verletzung des Rechts auf persönliche Anhörung führt nur dann zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten, wenn sich die Vorenthaltung der Möglichkeit, sich gerade persönlich und nicht nur schriftlich zu äußern, entscheidungserheblich auf die Feststellung eines Sicherheitsrisikos ausgewirkt hat.

Nach der Rechtsprechung des Senats muss die Anhörung des Betroffenen im Verfahren einer Sicherheitsüberprüfung nicht notwendig persönlich erfolgen; sie kann auch im schriftlichen Verfahren durchgeführt werden1. Es liegt in der Initiative des anzuhörenden Betroffenen, es entweder mit einer schriftlichen Äußerung bewenden zu lassen oder auf einer persönlichen Anhörung – ggf. nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Satz 2 SÜG mit einem Rechtsanwalt – zu bestehen2.
Diese Rechtsprechung ist wie folgt klarzustellen:
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG ist vor der Ablehnung der Zulassung zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich persönlich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Der Betroffene kann zur Anhörung mit einem Rechtsanwalt erscheinen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 SÜG; siehe auch Nr. 2708 ZDv 2/30). Aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut folgt damit nicht nur, dass die Anhörung als solche zwingend vorgeschrieben ist, sofern sie nicht aus den Gründen des § 6 Abs. 1 Satz 4 SÜG (erheblicher Nachteil für die Sicherheit des Bundes oder eines Landes) ausnahmsweise unterbleibt. Zwingend angeordnet ist vielmehr auch, dass dem Betroffenen Gelegenheit zu geben ist, sich persönlich, das heißt: unter Anwesenden, sowie ggf. im Beisein eines Rechtsanwalts, zu äußern. Dasselbe ergibt sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Sicherheitsüberprüfungsgesetz, wonach der Betroffene sich persönlich äußern und keinen Vertreter schicken solle; bei der Anhörung komme es wesentlich auch auf den persönlichen Eindruck an, den die zu überprüfende Person hinterlasse3.
Zu dieser Gesetzesauslegung steht es nicht im Widerspruch, dass eine Anhörung auch im schriftlichen Verfahren erfolgen kann4. Denn der Betroffene muss nur – dies allerdings vorbehaltlos – Gelegenheit erhalten, sich persönlich zu äußern. Die persönliche Anhörung ist keine Vorladung zu einer Vernehmung, sondern ein Recht des Betroffenen (siehe die Überschrift zu § 6 SÜG), wie überhaupt die Sicherheitsüberprüfung nur mit Zustimmung des Betroffenen durchgeführt wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 SÜG). Der Betroffene ist daher weder verpflichtet, sich überhaupt zu äußern, noch, seine Äußerung gerade in persönlicher Form abzugeben. Möchte der Betroffene von der Gelegenheit zur Äußerung zwar grundsätzlich, nicht jedoch in einem persönlichen Gespräch Gebrauch machen, so steht es ihm deshalb – gleichsam als Minus zur persönlichen Äußerung – frei, sich schriftlich zu äußern.
Verpflichtet zur persönlichen Anhörung ist – schließlich – die „zuständige Stelle“, also der Geheimschutzbeauftragte (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG, Nr. 2416 ZDv 2/30). Dies ergibt sich aus § 14 Abs. 3 Satz 1 und 4 SÜG, wonach die zuständige Stelle, wenn sie über das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos entscheidet, § 6 Abs. 1 und 2 SÜG zu beachten hat. Eine Anhörung oder Befragung durch den Militärischen Abschirmdienst als mitwirkender Behörde (§ 3 Abs. 2 SÜG, Nr. 2411 ZDv 2/30) ist nicht geeignet, die persönliche Anhörung durch den Geheimschutzbeauftragten zu ersetzen.
Mit diesen Grundsätzen ist die Anhörungspraxis der Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt nicht in vollem Umfang vereinbar.
Nach dieser Praxis wird dem Betroffenen in einem standardisierten Schreiben mitgeteilt, dass in seinem Fall bestimmte, in einer Anlage 1 näher aufgeführte Umstände vorlägen, die geeignet seien, ein Sicherheitsrisiko zu begründen; dies habe nach derzeitigem Sachstand zur Folge, dass der Betroffene eine sicherheitserhebliche Tätigkeit nicht bzw. nicht mehr ausüben dürfe. Vor einer Entscheidung erhalte der Betroffene Gelegenheit, binnen einer bestimmten Frist hier: von drei Wochen nach Erhalt des Schreibens) zu den in Anlage 1 aufgeführten Umständen unter Verwendung des anliegenden Beiblattes (Anlage 2) Stellung zu nehmen.
Mit diesen Formulierungen im Anhörungsschreiben wird dem Betroffenen keine Gelegenheit zu einer persönlichen Äußerung, sondern von vornherein nur Gelegenheit zu einer Stellungnahme „unter Verwendung des anliegenden Beiblattes (Anlage 2)“, also nur zu einer schriftlichen Äußerung gegeben. Es ist nicht Aufgabe des Betroffenen, von dem oder der Geheimschutzbeauftragten eine persönliche Anhörung zu verlangen. Vielmehr ist es Aufgabe des oder der Geheimschutzbeauftragten, dem Betroffenen in erster Linie eine persönliche Anhörung im Sinne der „Gelegenheit …, sich persönlich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern“ (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG), anzubieten. Dieses Angebot kann – in zweiter Linie – mit dem Hinweis verbunden werden, dass es dem Betroffenen freistehe, sich auch in schriftlicher Form zu den ihm vorgehaltenen Umständen zu äußern.
Eine Verletzung des Rechts auf persönliche Anhörung führt jedoch nur dann zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des oder der Geheimschutzbeauftragten, wenn sich die Vorenthaltung der Möglichkeit, sich gerade persönlich und nicht nur schriftlich zu äußern, entscheidungserheblich auf die Feststellung eines Sicherheitsrisikos ausgewirkt hat.
Der Betroffene hat zwar mehrfach eine Verletzung von § 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG gerügt und zur Auslegung dieser Bestimmung Stellung genommen. Er hat jedoch nichts dazu vorgetragen, inwiefern im vorliegenden Fall der persönliche Eindruck von Bedeutung für die Entscheidung der Geheimschutzbeauftragten gewesen wäre oder zu welchen sicherheitserheblichen Umständen er, der Antragsteller, sich nur im persönlichen Gespräch, nicht aber schriftlich hätte erklären wollen. Eine entscheidungserhebliche Bedeutung einer persönlichen Anhörung des Antragstellers drängt sich auf der Basis der Entscheidungsgründe der Geheimschutzbeauftragten auch im Übrigen nicht auf. Soweit die Geheimschutzbeauftragte die Feststellung eines Sicherheitsrisikos auf eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SÜG) gestützt hat, hat sie im Kern auf objektive, von dem Antragsteller nicht (mehr) beeinflussbare Umstände, nämlich auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und dessen Publizität, abgestellt. Da es sich insoweit – im Verhältnis zu den außerdem angeführten Zweifeln an der Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG) – um eine selbstständig tragende Begründung für die Feststellung des Sicherheitsrisikos handelt, fehlt es bereits aus diesem Grund an der Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensverstoßes.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26. November2013 – 1 WB 57.12