Unterschreitung des Einstellungsprofils und der Personalrat

Mit der Begründung, die beabsichtigte Einstellung verstoße gegen Art. 33 Abs. 2 GG, kann der Personalrat die Zustimmung wegen Verstoßes der Maßnahme gegen Rechtsvorschriften verweigern (§ 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HmbPersVG), wenn er unter Bezugnahme auf die Umstände des Einzelfalls erklärt, dass die Personalauswahl unter Missachtung des mit der Ausschreibung aufgestellten konstitutiven Anforderungsprofils erfolgt sei. Der Dienststelle steht kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage zu, ob ein Bewerber um ein öffentliches Amt die von ihr in einer Ausschreibung aufgestellten objektiven Mindestanforderungen erfüllt.

Unterschreitung des Einstellungsprofils und der Personalrat

Gemäß § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HmbPersVG kann der Personalrat in Fällen der gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 HmbPersVG mitbestimmungspflichtigen Maßnahme der Einstellung seine Zustimmung nur verweigern, wenn die Maßnahme gegen eine Rechtsvorschrift oder eine allgemeine Regelung der obersten Dienstbehörde verstößt. Zu den Rechtsvorschriften im Sinne des § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HmbPersVG zählen auch die Regelungen des Art. 59 Abs. 1 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg und Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes zur Auswahl von Bewerbern um ein öffentliches Amt nach Eignung, Leistung und Befähigung1. Angesichts der oftmals fehlenden dienstrechtlichen Kenntnisse des Personalrats und der Kürze der Zeit, die dem Personalrat zur Beschlussfassung zur Verfügung steht, sind keine strengen Anforderungen an die Begründung einer Verweigerung zu stellen. Es muss ein konkreter Bezug zum Einzelfall erkennbar werden. Sind Verweigerungsgründe gesetzlich umschrieben, ist eine Zustimmungsverweigerung nur dann unbeachtlich, wenn sie entweder objektiv das Vorliegen eines gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrundes nicht möglich erscheinen lässt, weil ein Verweigerungsgrund von vornherein und eindeutig nicht vorliegen kann, oder weil sie aus sonstigen subjektiven Gründen rechtsmissbräuchlich ist, weil der Personalrat sich von vornherein besserer Kenntnis verschließt oder seinen Standpunkt nur zum Schein einnimmt2. Zwar kann der Personalrat eine Verweigerung der Zustimmung nicht auf eine abweichende Beurteilung von Eignung und Befähigung der Bewerber stützen. Er hat aber darüber zu wachen, ob der Dienststellenleiter die rechtlichen Schranken des ihm eingeräumten Auswahlermessens eingehalten hat3.

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Zwar steht es dem Dienstherrn im Rahmen seines Organisationsermessens frei, im Wege sachlicher Erwägungen das Anforderungsprofil für eine von ihm ausgeschriebene Stelle festzulegen und damit die Auswahlentscheidung vorzuprägen. Das Anforderungsprofil legt die Kriterien für die Auswahl fest, die ein Bewerber objektiv erfüllen muss um zum Zuge kommen zu können4. Ob die solcher Art aufgestellten konstitutiven Mindestanforderungen des Anforderungsprofils durch einen Bewerber erfüllt sind, liegt nicht im Beurteilungsspielraum des Dienstherrn5. Ohne Erfüllung der konstitutiven Mindestanforderungen des Anforderungsprofils kann ein Bewerber für die ausgeschriebene Stelle nicht ausgewählt werden.

Spricht demnach einiges dafür, dass der Dienstherr den Einstellungsbewerber unter Verstoß gegen Art. 59 Abs. 1 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg und Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählt hat, ist die Zustimmungsfiktion des § 89 Abs. 1 Satz 2 HmbPersVG nicht eingetreten. Der Personalrat hatte den Versagungsgrund des § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HmbPersVG mit der Ablehnungsbegründung ausdrücklich geltend gemacht.

Bei dieser Sachlage bedarf es keiner weiteren Entscheidung der Frage, ob darüber hinaus der Versagungsgrund des § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HmbPersVG deshalb vorliegt und vom Personalrat mit der Ablehnungsbegründung bezeichnet worden ist, weil mit dem Abweichen vom Anforderungsprofil der Ausschreibung bei der Auswahlentscheidung und Einstellung Bedienstete des Dienstherrn dadurch benachteiligt worden sind, dass sie eine Bewerbung um die ausgeschriebene Stelle wegen des bezeichneten Anforderungsprofils unterlassen haben, obwohl sie die vom Dienstherrn für ausreichend erachtete geringere Qualifikation erfüllt hätten und ihnen so die Möglichkeit eines beruflichen Aufstieges genommen worden ist.

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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts6 liegt ein Nachteil i.S. des dem § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HmbPersVG entsprechenden § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG vor, wenn der Verlust eines Rechtes einer Anwartschaft innerhalb eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder anderer rechtlich erheblicher Positionen des betroffenen oder anderer Angehöriger des öffentlichen Dienstes zu besorgen wären. Die Auswahl und anschließende Einstellung greift in die Rechte der unterlegenen Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG ein7. Die Möglichkeit eine Bewerbungschance wahrzunehmen gewährleistet Art. 59 Abs. 1 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg bzw. Art. 33 Abs. 2 GG. Es spricht einiges dafür, dass die Beeinträchtigung dieser Chance durch die Maßnahme Einstellung eines unter Verletzung von Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählten Bewerbers erfolgt. Denn erst durch diese Maßnahme Einstellung wird die Stelle besetzt und damit der Bewerberverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG beendet, der anderenfalls bei ordnungsgemäßer Durchführung des Stellenbesetzungsverfahrens auch anderen Bediensteten des Beteiligten zugestanden hätte. Entgegen der Ansicht des Beteiligten dürfte der Antragsteller auch nicht gehalten gewesen sein, die Anzahl derartig benachteiligter Bediensteter zu quantifizieren oder sie sogar explizit zu benennen. Denn anders als der Beteiligte verfügt der Antragsteller nicht über die notwendigen Personalkenntnisse, um abschätzen zu können, für welche Bediensteten sich die ausgeschriebene Stelle für eine Bewerbung anbietet.

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Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 1. März 2011 – 8 Bf 206/10.PVL

  1. vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.02.1981 – 6 P 44.70, PersV 1981, 320[]
  2. BVerwG, Beschluss vom 15.11.2006 – 6 P 01.06, BVerwGE 127, 142[]
  3. BVerwG, Beschluss vom 10.08.1987 – 6 P 22.84, BVerwGE 78, 65[]
  4. vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.08.2005 – 2 B 06.05[]
  5. OVG Hamburg, Beschluss vom 12.02.2007 – 1 Bs 354/06, NordÖR 2008, 280[]
  6. BVerwG, Beschluss vom 02.11.1994 – 6 P 28.92, PersR 1995, 83 m.w.N.[]
  7. BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 – 2 C 16.09[]