Zu klein für den Polizeidienst?

Ein Polizeibewerber in Nordrhein-Westfalen muss nicht mindestens 168 cm groß sein. Die Festlegung einer Mindestkörpergröße von 168 cm für männliche Bewerber für den Polizeivollzugsdienst durch Erlass des nordrhein-westfälischen Innenministeri­ums ist rechtswidrig.

Zu klein für den Polizeidienst?

Das hat jetzt das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster im Fall eines 32?Jährigen aus Essen entschieden, der 166 cm groß ist. Der Bewerber hatte sich für die Ausbildung zum Polizeivollzugsbeamten be­worben. Un­ter Hinweis auf die Erlasslage in Nordrhein-Westfalen, wo­nach die Mindestkörper­größe bei Frauen 163 cm und bei Männern 168 cm beträgt, wurde er vom weite­ren Aus­wahlverfahren ausgeschlossen.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gab der da­gegen erhobenen Klage des Bewerbers statt1. Die Berufung des Landes blieb nun vor dem Oberverwaltungsgericht Münster ebenfalls ohne Erfolg:

Die Festlegung einer Min­destgröße von 168 cm nur für männliche Bewerber durch Erlass sei rechtswidrig, befand das Oberverwaltungsgericht. Nach dem im Grundgesetz verankerten Leistungsgrundsatz dürfe der Zugang zum Beam­tenverhältnis allein von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung abhän­gen.

Mit der höheren Mindestgröße für Männer konkretisiere das Land aber nicht An­forderun­gen an die körperliche Eignung, die es allgemein ab 163 cm für ge­geben halte, son­dern beab­sichtige erklärtermaßen allein einen „Vorteilsausgleich“ zur Ver­meidung einer Be­nachteiligung von Frauen.

Die Abwägung von verfassungsrechtli­chen Gewährleis­tungen – dem Leistungsgrundsatz einerseits und der Chancen­gleichheit von Frauen und Männern andererseits – sei aber dem Gesetzgeber selbst vorbehalten und dürfe nicht durch die Verwaltung im Erlasswege erfolgen.

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Das Oberverwaltungsgericht wies zudem darauf hin, dass die Festlegung einer Mindestgröße von 163 cm für den Zugang zum gehobenen Po­lizeivollzugsdienst in Nordrhein-Westfalen nicht zu beanstanden sei. Dem Dienst­herrn stehe insoweit ein Einschätzungsspielraum zu. Nach einer umfassenden Un­tersuchung einer Arbeitsgruppe des Landes, die auch eine Studie der Deutschen Sporthochschule Köln einbeziehe, sei erst ab einer Größe von 163 cm von einer Poli­zeidiensttauglichkeit auszugehen. Lasse sich die Festlegung sachlich rechtferti­gen, führten abweichende Bestimmungen im Bund und in anderen Bundesländern nicht zur Rechtswidrigkeit; sie seien Folge der Gestaltungsfreiheit des jeweiligen Dienst­herrn. Es müsse ferner keine Ausnahmeregelung für kleinere, besonders kräftige und trainierte Bewerber geschaffen werden. Die Festlegung einer – einheitlichen – Min­destgröße dürfe auch durch Erlass der Verwaltung erfolgen, weil damit lediglich die bereits im Grundgesetz vorgesehene Zugangsschranke der (körperlichen) Eignung kon­kretisiert werde.

Beim Oberverwaltungsgericht Münster sind noch weitere Verfahren eines männlichen Polizei­bewerbers und von sechs Bewerberinnen anhängig, die bei den Verwaltungsgerichten Köln und Düssel­dorf jeweils erfolgreich gegen die Ableh­nung wegen ihrer Körpergröße vorgegangen sind.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein -Westfalen, Urteil vom 21. September 2017 – 1 K 3788/14

  1. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14.03.2016 – 1 K 3788/14[]