Bebauungsplan – und die Antragsbefugnis für das Normenkontrollverfahren

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. 

Bebauungsplan – und die Antragsbefugnis für das Normenkontrollverfahren

In dem hier vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Streitfall trifft der Änderungs-Bebauungsplan für ein im Eigentum der Antragstellerin stehendes Grundstück neue Festsetzungen. Die Antragsbefugnis wegen einer möglichen Eigentumsverletzung ist grundsätzlich zu bejahen, wenn sich ein Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft1. In diesem Fall kann der Eigentümer die Festsetzung gerichtlich überprüfen lassen, weil eine planerische Festsetzung Inhalt und Schranken seines Grundeigentums bestimmt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG); die potenzielle Rechtswidrigkeit eines derartigen normativen Eingriffs braucht er nicht ungeprüft hinzunehmen2

Für den vorliegenden Antrag besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Bei bestehender Antragsbefugnis ist regelmäßig das erforderliche Rechtsschutzinteresse gegeben. Das Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses soll nur verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist, weil es seine Rechtsstellung nicht verbessern kann3. Ist ein Bebauungsplan durch genehmigte oder genehmigungsfreie Maßnahmen vollständig verwirklicht, so wird der Antragsteller in der Regel seine Rechtsstellung durch einen erfolgreichen Angriff auf den Bebauungsplan nicht mehr aktuell verbessern können4. Insofern kommt eine das Rechtsschutzbedürfnis ausschließende Verwirklichung einer angegriffenen Festsetzung nach das Bundesverwaltungsgerichtsrechtsprechung aber nur in Betracht, wenn die Festsetzung auch räumlich „vollständig verwirklicht“ ist5. Daran fehlt es. Denn die Festsetzungen des Bebauungsplans für das Grundstück der Antragstellerin sind noch nicht umgesetzt. 

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Der Antrag ist auch nicht deshalb unzulässig, weil die Antragstellerin ihn auf die in ihrem Eigentum stehenden Flächen beschränkt hat. Auch für das Normenkontrollverfahren gilt die Dispositionsmaxime. Daher bestimmt der Antragsteller mit seinem Antrag, den er im Übrigen jederzeit ganz oder teilweise zurücknehmen kann, grundsätzlich den Umfang der gerichtlichen Prüfung und der möglichen Nichtigerklärung von Rechtsvorschriften oder Bebauungsplänen6

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. August 2020 – 4 CN 4.19

  1. BVerwG, Urteil vom 10.03.1998 – 4 CN 6.97, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 123[]
  2. BVerwG, Beschluss vom 31.01.2018 – 4 BN 17.17 – BauR 2018, 814 Rn. 5[]
  3. BVerwG, Beschlüsse vom 18.07.1989 – 4 N 3.87, BVerwGE 82, 225 <231> vom 22.09.1995 – 4 NB 18.95, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 108; und vom 04.06.2008 – 4 BN 13.08 – BRS 73 Nr. 51 Rn. 5[]
  4. vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1999 – 4 CN 5.99, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 134 14; Beschlüsse vom 28.08.1987 – 4 N 3.86, BVerwGE 78, 85 <92> und vom 09.02.1989 – 4 NB 1.89, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 37[]
  5. BVerwG, Urteil vom 25.06.2020 – 4 CN 5.18 19 sowie Beschlüsse vom 28.08.1987 – 4 N 3.86, BVerwGE 78, 85 <92> und vom 07.01.2010 – 4 BN 36.09 7[]
  6. BVerwG, Beschlüsse vom 18.07.1989 – 4 N 3.87, BVerwGE 82, 225 <232> und vom 20.08.1991 – 4 NB 3.91, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 59 S. 84 24[]
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Bildnachweis:

  • Bundesverwaltungsgericht Leipzig: Robert Windisch