Befangenheit – weil man schon einmal abgewiesen wurde

 Ein Ablehnungsgesuch, das lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist offensichtlich unzulässig1.

Befangenheit – weil man schon einmal abgewiesen wurde

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat2. Allerdings verpflichtet der Anspruch auf rechtliches Gehör ein Gericht nicht, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen3. Ungeachtet dessen kann eine Gehörsverletzung für sich genommen die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen; erforderlich ist vielmehr das Hinzutreten weiterer Umstände4, die vorliegend jedoch nicht dargetan sind. Dies gilt auch, soweit die Beschwerdeführenden aus dem Inhalt der Entscheidung einen Ablehnungsgrund ableiten.

Auch der Vorwurf, die nunmehr abgelehnten Richterinnen und Richter hätten nicht an der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt, weil sie in dem Beschluss vom 12.10.2021 nicht aus ihrem persönlichen Erfahrungswissen geschöpft hätten, kann eine Besorgnis der Befangenheit offensichtlich nicht begründen. Es obliegt den Beschwerdeführenden, Tatsachen mit Bezug auf das konkrete Verfahren hinreichend substantiiert darzulegen, aufgrund derer Zweifel an der Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters oder der abgelehnten Richterin zumindest möglich erscheinen5. Eine Äußerungspflicht dazu besteht lediglich für den abgelehnten Richter oder die abgelehnte Richterin (§ 19 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG). Haben die entscheidenden Richterinnen und Richter an den Angaben aus einer dienstlichen Erklärung keine Zweifel, werden diese der Beurteilung des Ablehnungsgesuchs zugrunde gelegt6.

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Bei offensichtlicher Unzulässigkeit eines Ablehnungsgesuchs bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richterinnen und Richter; diese sind auch von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen7.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss des Erstens vom 16. November 2021 – 1 BvR 781/21

  1. BVerfGE 153, 72 <73 Rn. 2> BVerfG, Beschluss vom 20.07.2021 – 2 BvE 4/20 u.a., Rn. 13 m.w.N.[]
  2. vgl. BVerfGE 22, 267 <274> 96, 205 <216 f.> stRspr.[]
  3. vgl. BVerfGE 86, 133 ?146?[]
  4. vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 18.01.2018 – 2 BvR 2691/17, Rn. 3[]
  5. vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12.01.2021 – 2 BvR 2006/15, Rn. 15 m.w.N.; und vom 20.07.2021 – 2 BvE 4/20 u.a., Rn. 14 m.w.N.[]
  6. vgl. dazu BVerfGE 20, 1 ?5?[]
  7. vgl. BVerfGE 153, 72 <73 Rn. 2> BVerfG, Beschluss vom 20.07.2021 – 2 BvE 4/20 u.a., Rn. 35 m.w.N.[]

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