Nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung ist die Berufung innerhalb eines Monats in einem gesonderten Schriftsatz zu begründen; der Antrag auf Zulassung der Berufung kann die Berufungsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) nicht wahren.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist in Bezug auf § 124a Abs. 3 und 6 VwGO geklärt, dass der Rechtsmittelführer nach Zulassung der Berufung in jedem Fall einen gesonderten Schriftsatz zur Berufungsbegründung einreichen und dabei eindeutig zu erkennen geben muss, dass er nach wie vor die Durchführung eines Berufungsverfahrens erstrebt1.
Das ist, selbst wenn bereits der Antrag auf Zulassung der Berufung einen bestimmten Antrag und Berufungsgründe enthält (vgl. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO), kein unzumutbarer Formalismus. Ohne eine gesonderte Berufungsbegründungsschrift kann die Frist für eine Anschlussberufung des Berufungsbeklagten und der anderen Beteiligten nicht in Lauf gesetzt werden. Die Anschließung ist zulässig bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründungsschrift (§ 127 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ohne Zustellung der Berufungsbegründung wird gemäß § 57 Abs. 1 VwGO die Frist für die Einlegung einer Anschlussberufung nicht in Lauf gesetzt2. Der Verzicht auf eine vom Antrag auf Zulassung der Berufung gesonderte Berufungsbegründungsschrift würde mithin dazu führen, dass die Anschließung an die Berufung unbefristet zulässig wäre. Das widerspräche der durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20.12.20013 eingeführten Befristung4.
Für die Annahme, dass die Frist für die Anschlussberufung alternativ durch die Zustellung des Zulassungsbeschlusses in Lauf gesetzt werden könnte5, findet sich in der Verwaltungsgerichtsordnung kein Anhaltspunkt. Auch der Verweis auf die Rechtsprechung des 4. Xenats des Bundesgerichtshofs zu § 551 Abs. 2 Satz 1 ZPO6 genügt hierfür nicht, da diese Entscheidung anderslautende Regelungen in einer anderen Verfahrensordnung betrifft. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat unter Hinweis hierauf an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten7.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15. Juli 2022 – 3 B 17.21
- stRspr; vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 30.06.1998 – 9 C 6.98, NVwZ 1998, 1311 <1312> und Beschluss vom 03.08.2016 – 1 B 79.16 – InfAuslR 2016, 449 Rn. 3 m. w. N.[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 – 7 C 20.09, Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 4 Rn. 18[↩]
- BGBl. I S. 3987[↩]
- vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/6393 S. 12 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 07.07.2004 – IV ZR 140/03 – NJW 2004, 2981[↩]
- BGH, Urteil vom 07.07.2004 – IV ZR 140/03 – NJW 2004, 2981[↩]
- BVerwG, Urteil vom 07.01.2008 – 1 C 27.06, Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 36 Rn. 13[↩]