Ein beschränkt Geschäftsfähiger, für den ein Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB für gerichtliche Verfahren besteht, ist prozessunfähig und kann einen Antrag nach den §§ 80 Abs. 5, 123 VwGO nicht wirksam stellen.

Wenn der Betreuer einen solchen Antrag nicht ausdrücklich genehmigt, ist dieser Antrag von Anfang an unwirksam. Es handelt sich dann nur scheinbar um ein Rechtsschutzersuchen im prozessrechtlichen Sinne. Derartige Ersuchen sind unbeachtlich und von vornherein nicht als förmliche Rechtsbehelfe zu behandeln.
Ein solches Verfahren ist aus Gründen der Rechtsklarheit analog den Regelungen über eine Klage bzw. Antragsrücknahme nach § 92 Abs. 2 VwGO durch gerichtlichen Beschluss einzustellen. Wie bei einer Antragsrücknahme ist der Rechtsstreit damit nicht als anhängig geworden anzusehen.
In diesen Fällen kann das Gericht gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 GKG von der Erhebung von Gerichtskosten absehen.
In dem hier vom Verwaltungsgericht Freiburg entschiedenen Fall ist für den Antragsteller durch sofort wirksamen Beschluss des Landgerichts Waldshut-Tiengen für den Aufgabenkreis Behördenangelegenheiten und gerichtliche Verfahren eine Betreuung und ein Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 Abs. 1 BGB) angeordnet worden. Dass dieser Beschluss noch nicht rechtskräftig ist, ändert an seiner sofortigen Wirksamkeit nichts. In diesem Aufgabenkreis, zu dem die Erhebung von Klagen sowie die Stellung von Anträgen beim (Verwaltungs-)Gericht gehören, ist der Antragsteller einem partiell Geschäftsfähigen (§§ 106 ff. BGB) gleichgestellt und insoweit prozessunfähig1.
Danach konnte der Antragsteller einen Antrag beim Gericht nicht wirksam stellen. Denn insoweit sind die Voraussetzungen nach § 62 Abs. 2 VwGO, unter denen ein geschäftsfähiger Betreuter bei Bestehen eines Einwilligungsvorbehalts nach § 1903 BGB zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig ist, nicht erfüllt. Weder konnte der Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen solchen Antrag ohne Einwilligung seiner Betreuerin stellen noch ist er insoweit durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt. Ist ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, so bedarf der Betreute zwar nach § 1903 Abs. 3 Satz 1 BGB dennoch nicht der Einwilligung seines Betreuers, wenn die Willenserklärung dem Betreuten lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Soweit nichts anderes angeordnet ist, gilt dies auch, wenn die Willenserklärung eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betrifft (§ 1903 Abs. 3 Satz 2 BGB). Die Stellung eines Antrags nach den §§ 80 Abs. 5 oder 123 VwGO – wie hier – gehört jedoch nicht zu den Verfahrenshandlungen, die dem Betreuten lediglich einen rechtlichen Vorteil bringen, da diese Verfahrenshandlung mit dem Kostenrisiko aus § 154 Abs. 1 VwGO verbunden ist. Als Prozesshandlung fällt ein solcher Antrag auch nicht in den Kreis der geringfügigen Angelegenheiten des täglichen Lebens. Vorschriften des öffentlichen Rechts, die den Antragsteller als Betreuten hinsichtlich des hier in Rede stehenden Antrags als handlungsfähig anerkennen, sind nicht ersichtlich2.
Danach bedarf die Stellung eines Antrags beim Gericht gemäß den §§ 1903 Abs. 1 Satz 2, 108 Abs. 1 BGB der Genehmigung der Betreuerin des Antragstellers, was diese jedoch – auch nachdem das Gericht sie mit Schreiben vom 04.07.2014 von diesem Verfahren in Kenntnis gesetzt hat – nicht getan hat. Damit ist der von dem Antragsteller gestellte Antrag unwirksam.
Die Unwirksamkeit des vom Antragsteller gestellten Antrags bestand hier von Anfang an. Das heißt, es handelt sich hier nur scheinbar um ein Rechtsschutzersuchen im prozessrechtlichen Sinne. Derartige Ersuchen sind unbeachtlich und von vornherein nicht als förmliche Rechtsbehelfe zu behandeln. Ein solches Verfahren ist aus Gründen der Rechtsklarheit analog den Regelungen über eine Klage- bzw. Antragsrücknahme nach § 92 Abs. 2 VwGO durch gerichtlichen Beschluss einzustellen. Wie bei einer Klage- bzw. Antragsrücknahme ist der Rechtsstreit damit nicht als anhängig geworden anzusehen3.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 155 Abs. 2 VwGO.
Das Absehen von der Erhebung von Gerichtskosten beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 GKG. Danach kann durch Entscheidung des Gerichts für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht. Die Unkenntnis rechtlicher Verhältnisse kann sich auch auf die prozessuale Rechtslage erstrecken, mithin auch auf die Frage der Prozessfähigkeit bei Erhebung einer Klage oder Stellung eines Antrags. Im Streitfall kann davon ausgegangen werden, dass dem Antragsteller die sich aus der Anordnung der Betreuung und des Einwilligungsvorbehalts ergebenden Rechtsfolgen für seine fehlende Prozessfähigkeit für die Antragstellung nicht bekannt waren. Diese Unkenntnis muss bei einer unter Betreuung stehenden Person regelmäßig auch als unverschuldet angesehen werden4.
Verwaltungsgericht Freiburg, Beschluss vom 30. Juli 2014 – 4 K 1331/14
- BGH, Beschluss vom 11.04.2002 – BLw 33/01; BFH, Beschluss vom 08.02.2012 – V B 3/12; BVerwG, Beschluss vom 26.01.1996 – 5 B 219/95; vgl. auch Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: April 2013, Bd. 1, § 62 RdNrn. 13 ff.[↩]
- vgl. hierzu u. a. auch BVerwG, Beschluss vom 26.01.1996, a.a.O.[↩]
- so überzeugend Bayer. VGH, Beschluss vom 17.04.1990, NJW 1990, 2004; dem folgend Bier, a.a.O., § 62 RdNr.20; vgl. auch BFH, Beschluss vom 10.02.2012 – VI B 130/11, wonach ein vergleichbares Verfahren nachträglich in den Registern gelöscht wurde[↩]
- so BFH, Beschluss vom 08.02.2012, a.a.O.; siehe auch – zur Vorgängervorschrift von § 21 GKG – BVerwG, Beschluss vom 02.04.1998 – 3 B 70/97, und Bayer. VGH, Beschluss vom 17.04.1990, a.a.O.; vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl.2014, § 21 GKG RdNrn. 49 ff. und 60 ff.[↩]