Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, in dem das Bundesverwaltungsgericht entschiedenen hatte, dass Auskunftsansprüche gegen Bundesbehörden nicht auf die Landespressegesetze gestützt werden können1, nicht zur Entscheidung angenommen.

Dabei hat es das Bundesverfassungsgericht dahinstehen lassen, auf welcher Rechtsgrundlage solche Ansprüche beruhen, da der Journalist jedenfalls im Ergebnis nicht in seinen Grundrechten verletzt ist. Dabei kommt es für das Bundesverfassungsgericht nicht darauf an, dass das Bundesverwaltungsgericht diese nur als „Mindestanspruch“ qualifiziert. Denn solange auch die Landespressegesetze, deren Verfassungsmäßigkeit der Journalist selbst nicht in Zweifel zieht, keine entsprechenden Ansprüche gewähren, ist für eine Verletzung der Pressefreiheit nichts ersichtlich. Die Landespressegesetze gewähren nur Zugang zu bereits vorhandenen Informationen. Der Journalist begehrte demgegenüber Informationen vom Bundesnachrichtendienst, über die dieser – zum maßgeblichen Zeitpunkt im fachgerichtlichen Verfahren – selbst noch nicht verfügte.
Beschwerdeführer der nicht zur Entscheidung angenommenen Verfassungsbeschwerde ist ein Journalist bei der „Bild-Zeitung“. Im November 2010 beantragte er beim Bundesnachrichtendienst Auskunft über die NS-Vergangenheit der hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeiter. Die Untätigkeitsklage des Journalisten wies das Bundesverwaltungsgericht letztinstanzlich ab. Der Journalist könne aus Gründen der Gesetzgebungskompetenz seine Auskunftsansprüche gegen eine Bundesbehörde nicht auf die Landespressegesetze stützen. Das konkrete Begehren des Journalisten erfülle auch nicht die Voraussetzungen eines – grundsätzlich in Betracht kommenden – verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.
Die Verfassungsbeschwerde hat, so das Bundesverfassungsgericht, keine Aussicht auf Erfolg, da jedenfalls im Ergebnis eine Verletzung von Grundrechten nicht ersichtlich ist:
Dahinstehen kann die Frage, ob die Länder im Rahmen ihrer Kompetenzen zur Regelung des Presserechts auch Auskunftspflichten gegenüber Bundesbehörden begründen können und somit die Landespressegesetze für diesbezügliche presserechtliche Auskunftsansprüche eine geeignete Rechtsgrundlage bilden, oder ob und wenn, auf welcher Grundlage solche Regelungen dem Bundesgesetzgeber vorbehalten sind. Es kann auch offen bleiben, ob ein Auskunftsanspruch unter Rückgriff auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden kann und wie weit dieser gegebenenfalls reicht. Denn für eine Verletzung der Pressefreiheit ist jedenfalls dann nichts ersichtlich, solange die Fachgerichte den Presseangehörigen im Ergebnis einen Auskunftsanspruch einräumen, der hinter dem Gehalt der – untereinander im Wesentlichen inhaltsgleichen, auf einer Abwägung zielenden (vgl. § 4 PrG BW; Art. 4 BayPrG; § 4 BlnPrG; § 5 BbgPrG; § 4 BremPrG; § 4 HmbPrG; § 3 HessPrG; § 4 PrG MV; § 4 NdsPrG; § 4 PrG NRW; § 6 LMG RhPf; § 5 SMG; § 4 SächsPrG; § 4 PrG LSA; § 4 PrG SH; § 4 ThürPrG) – Auskunftsansprüche der Landespressegesetze, deren materielle Verfassungsmäßigkeit auch der Journalist nicht in Frage zieht, nicht zurückbleibt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Fachgerichte einen solchen Auskunftsanspruch auf andere fachrechtliche Bestimmungen, auf eine Analogie zu den bisher als maßgeblich angesehenen landespresserechtlichen Auskunftsansprüchen oder auf einen – direkt oder indirekt aus der Verfassung hergeleiteten – neu geschaffenen richterrechtlichen Auskunftsanspruch stützen. Wenn es den Fachgerichten auf diese Weise gelingt, die Konsequenzen der nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht wirksam geregelten Auskunftsansprüche von Presseangehörigen gegenüber Bundesbehörden aufzufangen, kommt eine Verletzung von Grundrechten nicht in Betracht und ist eine Annahme des Verfahrens durch das Bundesverfassungsgericht nicht angezeigt.
So liegt es hier.
Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen2. Sinn und Zweck der daraus prinzipiell folgenden Auskunftspflichten3 ist es, der Presse zu ermöglichen, umfassend und wahrheitsgetreu Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse im staatlichen Bereich zu erhalten, und dadurch in die Lage versetzt zu werden, die Öffentlichkeit entsprechend zu unterrichten. Auf diese Weise können die Bürgerinnen und Bürger zutreffende und umfassende Informationen über tatsächliche Vorgänge und Verhältnisse, Missstände, Meinungen und Gefahren erhalten, die ihnen sonst verborgen bleiben würden, aber Bedeutung für eine abgewogene Beurteilung der für die Meinungsbildung essenziellen Fragen haben könnten4.
Dieser bislang nur landesrechtlich geregelte Auskunftsanspruch der Presse verschafft aber nur den Zugang zu solchen Informationen, die bei öffentlichen Stellen vorhanden sind5. Weder § 4 BlnPrG noch Art. 4 BayPrG, auf die sich der Journalist ausgehend vom Dienstsitz des Bundesnachrichtendienstes in Berlin und Pullach stützt und gegen die er insoweit keine verfassungsrechtlichen Bedenken vorträgt, beinhalten einen Anspruch auf Generierung und Verschaffung von Informationen und sonstigem Material, sondern gewähren lediglich Zugang zu den bei der jeweiligen Stelle vorhandenen amtlichen Informationen, also solchen Tatsachen, über die die Behörde tatsächlich verfügt6. Dies gilt auch mit Blick auf die bei parallelen Vorschriften (§ 4 PrG BW; Art. 4 BayPrG; § 4 BlnPrG; § 5 BbgPrG; § 4 BremPrG; § 4 HmbPrG; § 3 HessPrG; § 4 PrG MV; § 4 NdsPrG; § 4 PrG NRW; § 6 LMG RhPf; § 5 SMG; § 4 SächsPrG; § 4 PrG LSA; § 4 PrG SH; § 4 ThürPrG) zum Teil eindeutig im Wortlaut verankerte (§ 1 Satz 1 VIG, § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG, § 4 Abs. 1 IFG NRW) Beschränkung. Auch das Informationsfreiheitsrecht ermöglicht im Rahmen seines Anwendungsbereichs nur diesen Zugang7.
Demgegenüber richtete sich der vom Journalisten geltend gemachte Auskunftsanspruch nach den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen im fachgerichtlichen Verfahren auf eine Verschaffung von Informationen, über die der Bundesnachrichtendienst selbst noch nicht verfügte. Die angefragten Informationen sollten vielmehr zu einem wesentlichen Teil erst von einer eigens zur Aufklärung der in Rede stehenden Geschehnisse eingesetzten Unabhängigen Historikerkommission erarbeitet werden. Wird ein solcher, auf Informationsbeschaffung gerichteter Auskunftsanspruch von den Gerichten nicht zugesprochen, werden Grundrechte folglich nicht offensichtlich verkannt.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27. Juli 2015 – 1 BvR 1452/13
- BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 – 6 A 2.12[↩]
- vgl. BVerfGE 50, 234, 240; 91, 125, 134[↩]
- vgl. BVerfGE 20, 162, 175 f.[↩]
- vgl. BayVGH, Urteil vom 07.08.2006 – 7 BV 05.2582, NVwZ-RR 2007, S. 767, 768[↩]
- so auch EGMR, Urteil vom 14.04.2009 – Nr. 37374/05 – Társaság a Szabadságjogokért c. Hongrie, § 36[↩]
- vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.03.2013 – OVG 6 S 4.13, ZD 2013, S. 634, 635; Beschluss vom 08.08.2013 – OVG 6 S 27.13, NJW 2013, S. 3386, 3386; allg. Soehring, in: ders./Hoene, Presserecht, 5. Aufl.2013, § 4 Rn. 40[↩]
- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 04.01.2013 – 5 B 1493/12, ZUM-RD 2013, S. 484, 485; Urteil vom 13.03.2013 – 5 A 1293/11, ZUM-RD 2013, S. 348, 353[↩]