Die seit der Neufassung der Verordnung vom 30. März 2020 in § 13 Satz 2 Corona-Schutz-Verordnung NRW vorgenommene Begrenzung auf die Zulässigkeit von Einzelmaßnahmen (Untersagung des Geschäftsbetriebs) nur noch bei Vorliegen einer konkreten Gefahr steht mit Bundesrecht nicht in Einklang und ist von keiner Ermächtigungsgrundlage gedeckt.

So hat das Verwaltungsgericht Minden in dem hier vorliegenden Fall entschieden und den vorherigen Beschluss vom 31. März 2020, mit dem der Eilantrag einer Hundesalonbetreiberin im Kreis Lippe gegen die Anordnung der Einstellung des Betriebes abgelehnt worden war, nun zugunsten der Antragstellerin abgeändert. Als Betreiberin eines Hundesalons hat die Antragstellerin die Betriebsabläufe aufgrund der Corona-Pandemie zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs umstrukturiert. Kunden durften den Geschäftsraum nicht mehr betreten. Die Hunde wurden von den Hundehaltern an der Eingangstür zum Salon an die Antragstellerin übergeben. So sollte der unmittelbare Kontakt der Salonmitarbeiter zu Kunden vermieden werden. Auch ein Anbinden der Hunde vor dem Geschäftsraum ohne jeden Kundenkontakt hielt die Antragstellerin für denkbar. Am 24. März 2020 gab ihr die nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) zuständige Behörde auf, den Betrieb des Hundesalons als kontaktreduzierende Maßnahme zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV‑2 vollumfänglich einzustellen.
Das Verwaltungsgericht Minden lehnte den dagegen erhobenen Eilantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit dem nunmehr abgeänderten Beschluss vom 31. März 2020 ab. Dazu führte sie aus, die von der Antragstellerin angebotene Dienstleistung stehe nicht im Widerspruch zu der von der Landesregierung NRW am 22. März 2020 erlassenen Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Corona-Virus SARS-CoV‑2 (sogenannte Corona-Schutz-Verordnung). Im Rahmen der allgemeinen Interessenabwägung spreche aber Vieles dafür, dass das Handeln der Behörde als Einzelmaßnahme auf § 28 des IfSG gestützt werden könne. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren komme dem Gesundheitsschutz eine die Geschäftsinteressen der Antragstellerin überwiegende Bedeutung zu.
Dem Verwaltungsgericht Minden ist nach Ergehen der Beschlussfassung vom 31. März 2020 [1] eine Erklärung der Antragsgegnerin, wonach diese am 24. März 2020 gegenüber der Antragstellerin überhaupt keine Schließungsanordnung habe treffen wollen, bekannt geworden. Sie habe lediglich auf die Bestimmungen der Corona-Schutz-Verordnung hinweisen wollen.
Daraufhin kam es zur Abänderung ihres Beschlusses vom 31. März 2020. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Minden überwiege unter Berücksichtigung des Zustandekommens der Schließungsanordnung nunmehr das Interesse der Antragstellerin. Auch nach der Neufassung der Corona-Schutz-Verordnung durch die Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Corona-Virus SARS-CoV‑2 vom 30. März 2020 sei der Geschäftsbetrieb der Antragstellerin nicht generell untersagt. Der gegenteiligen Auffassung der Antragsgegnerin sei nicht zu folgen. An einer Untersagung des Geschäftsbetriebs als Einzelmaßnahme sei die Antragsgegnerin zwar nicht von vornherein gehindert. Die seit der Neufassung der Verordnung vom 30. März 2020 in § 13 Satz 2 Corona-Schutz-Verordnung NRW vorgenommene Begrenzung auf die Zulässigkeit von Einzelmaßnahmen nur noch bei Vorliegen einer konkreten Gefahr stehe mit Bundesrecht nicht in Einklang und sei von keiner Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Die Antragsgegnerin habe eine solche auf § 28 Abs. 1 IfSG gestützte Schließungsanordnung mangels Ermessensausübung aber jedenfalls nicht rechtmäßig verfügt.
Verwaltungsgericht Minden, Beschluss vom 2. April 2020 – 7 L 272/20
- VG Minden, Beschluss vom 31.03.2020 – 7 L 257/20[↩]