Das Krematorium im Gewerbegebiet

Ein Krematorium mit angegliedertem Abschiedsraum ist in einem Gewerbegebiet nicht zulässig.

Das Krematorium im Gewerbegebiet

In einem aktuell vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall wandte sich der Kläger als Nachbar gegen eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Krematoriums mit Abschiedsraum in einem Gewerbegebiet. Seine Rechtsmittel blieben vor dem Verwaltungsgericht1 und dem Oberverwaltungsgericht2 in Münster erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat das Krematorium als eine in einem Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässige Anlage für kulturelle Zwecke i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO eingeordnet. Dass ein Krematorium aus Gründen der Pietät in ein kontemplatives Umfeld einzubetten sei, widerspreche nicht der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets.

Dieser Argumentation ist das Bundesverwaltungsgericht nicht gefolgt und hat auf die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers hin nunmehr die Baugenehmigung aufgehoben:

Zwar fällt ein Krematorium mit Abschiedsraum, das – wie hier – die Voraussetzungen einer Gemeinbedarfsanlage erfüllt, unter den Begriff einer Anlage für kulturelle Zwecke i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Der Begriff ist ebenso offen angelegt wie der Begriff „Anlagen für kirchliche, soziale und gesundheitliche Zwecke“ und umfasst auch Einrichtungen der Bestattungskultur. Ungeachtet der Immissionsträchtigkeit der Verbrennungsanlagen stellt ein Krematorium mit Abschiedsraum ähnlich wie ein Friedhof einen Ort der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen dar.

Eine solche Anlage verträgt sich aber entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht mit der Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets, das geprägt ist von werktätiger Geschäftigkeit. Das schließt es nicht aus, dass die Beklagte das betroffene Gebiet im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens unter Beteiligung der Öffentlichkeit überplant und so eine bauplanungsrechtliche Grundlage für das zwischenzeitlich errichtete Krematorium schafft.

Weiterlesen:
Kosten für einen Bebauungsplan

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 2. Februar 2012 – 4 C 14.10

  1. VG Münster, Urteil vom 24.04.2009 – 10 K 149/08[]
  2. OVG Münster, Urtiel vom 25.10.2010 – 7 A 1298/09[]