Die Abschlusskundgebung einer angemeldeten Demonstration ist direkt vor dem privaten Wohnhaus eines Regierenden Bürgermeisters unzulässig. Allerdings ist eine weitreichende Fernhaltung der Abschlusskundgebung von seiner Wohnung nicht zu rechtfertigen, so dass die Kundgebung an einer der Wohnung nahen Straßenkreuzung abgehalten werden darf.

So das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilrechtschutzverfahren, bei dem eine Bürgerinitiative als Antragsteller vor dem privaten Wohnsitz des Berliner Bürgermeisters die Abschlusskundgebung einer Demonstration abhalten wollten. Der Bürgerverein Brandenburg-Berlin e.V. plant am 25. Februar 2012 nach einem Aufzug über den Kurfürstendamm im Rahmen einer ca. 30-minütigen Abschlusskundgebung kurze Reden zu halten, die jeweils durch Fluglärmsimulationen unterbrochen werden sollen. Zweck der Versammlung sei es, dem Regierenden Bürgermeister für eine halbe Stunde an seinem privaten Wohnumfeld zu verdeutlichen, was die Teilnehmer der Versammlung infolge einer maßgeblich von ihm getragenen Entscheidung für den Flughafen Schönefeld künftig über Jahrzehnte hinweg zu erdulden hätten.
Nun hat das Verwaltungsgericht das Verbot der Abschlusskundgebung direkt vor der privaten Wohnung Klaus Wowereits bestätigt. Nach Auffassung des Gerichts bedürfen auch und gerade herausgehobene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die täglich der politischen Auseinandersetzung ausgesetzt seien, des wirksamen Schutzes ihrer Privatsphäre. Die vom Antragsteller beabsichtigte Anprangerung der politischen Entscheidungen des Regierenden Bürgermeisters direkt vor dessen Wohnung sei daher unzulässig. Insofern wiege das grundgesetzlich geschützte Recht auf Privatsphäre stärker als die Versammlungsfreiheit.
Aufgrund des besonderen Versammlungszwecks, die private Beeinträchtigung der Demonstranten durch die Folgen der Standortentscheidung auch im privaten Wohnumfeld des Regierenden Bürgermeisters zu verdeutlichen, sei allerdings die weitreichende Fernhaltung der Abschlusskundgebung von seiner Wohnung nicht zu rechtfertigen. Durch die verfügte Verlegung der Abschlusskundgebung werde die Versammlungsfreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt. Das kommunikative Versammlungsanliegen erfordere, die Abschlusskundgebung an einem Ort stattfinden zu lassen, der eine Beschallung des Wohnumfeldes erlaube, die nicht durch umliegende Bebauung abgeschwächt sei. Die Kundgebung dürfe daher jedenfalls an einer der Wohnung nahen Straßenkreuzung abgehalten werden.
Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 21. Februar 2012 – VG 1 L 37.12