Die mit der Unterschutzstellung eines Denkmals verbundenen Einschränkungen der Nutzungsmöglichkeiten und die sonstigen – auch wirtschaftlichen – Folgen der Denkmaleigenschaft sind vom Eigentümer grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen. Sie stellen keine Enteignung dar, weil dem Eigentümer sein Eigentumsrecht nicht entzogen wird. Der Eintragungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten solange sichergestellt ist, dass das Eigentumsrecht des Denkmaleigentümers nicht unverhältnismäßig oder so stark belastet wird, dass es seine Privatnützigkeit nahezu einbüßt.

So das Verwaltungsgericht Minden in dem hier vorliegenden Fall: Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks. Sie wendet sich gegen die Eintragung der auf dem Grundstück befindlichen Gaststätte mit Saalanbau und Veranda in die Denkmalliste. Nachdem bekannt geworden war, dass die Klägerin beabsichtigte, das Grundstück an einen Investor zur Errichtung eines Lebensmitteldiscounters zu veräußern, bat die Bezirksvertretung der Beklagten die Verwaltung zu prüfen, ob die Gaststätte die Denkmalschutzvoraussetzungen erfülle. Mit Bescheid vom 28.02.2011 hat die Beklagte das Gebäude in die Denkmalliste eingetragen. Gegenstand der Unterschutzstellung ist der Gebäudekomplex der Gaststätte bestehend aus dem um 1828 im spätklassizistischen Stil errichteten Hauptgebäude sowie dem Saalanbau (1902 und 1924) und dem Verandaanbau (1928) mit den wesentlichen noch erhaltenen Ausstattungselementen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, bei dem Gebäudekomplex handele es sich um ein Baudenkmal, an dessen Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse bestehe. Die Klägerin hat gegen den Eintragungsbescheid Klage erhoben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Minden hat die Beklagte die Gaststätte mit Saalanbau und Veranda zu Recht unter Denkmalschutz gestellt. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW sind Denkmäler getrennt nach Baudenkmälern, ortsfesten Bodendenkmälern und beweglichen Denkmälern in die Denkmalliste einzutragen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW sind Denkmäler Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht nach § 2 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW, wenn das Objekt bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse ist und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen.
Den einzelnen Merkmalen, aus denen sich die Bedeutung des Objektes ergeben soll, ist die Kategorie des Geschichtlichen gemeinsam. Die Bedeutung des Objektes folgt aus seinem Wert für die Dokumentation früherer Bauweisen und der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die in dem Gebäude und seiner Bauweise zum Ausdruck kommen. Das Objekt muss in besonderem Maße geeignet sein, geschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen und zu erforschen1.
Dabei sollen nicht nur museumswürdige Objekte oder klassische Denkmäler Schutz genießen, sondern auch solche Objekte, die unterhalb dieser Schwelle in besonderer Weise einen geschichtlichen Bezug aufweisen. Nicht zu verlangen ist, dass sich die Sache in Bezug auf die für eine Denkmaleigenschaft maßgebenden Kriterien als einzigartig oder hervorragend erweist und sich daher die Bedeutung auch jedem durchschnittlichen Betrachter unmittelbar aufdrängt. Das Tatbestandsmerkmal „bedeutend“ hat in diesem Sinne vor allem die Funktion, aus dem Bereich des Denkmalschutzes solche Gegenstände auszuschließen, die zwar einen historischen oder städtebaulichen Bezug haben, jedoch deshalb nicht von Bedeutung sind, weil es sich um Massenprodukte handelt oder weil die Sache wegen zu weitgreifender Veränderungen keinen geschichtlichen Aussagewert mehr hat2.
Hieran gemessen sind die Eintragungsvoraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt. Die Denkmaleigenschaft des Gebäudekomplexes kann durch das Gericht aufgrund der gutachterlichen Stellungnahme vom 07.04.2010 bewertet werden, die der Beigeladene im Verfahren der vorläufigen Unterschutzstellung abgegeben hat.
Danach ist das wohl 1828 als spätklassizistischer Natursteinbau errichtete neunachsige, zweigeschossige Gaststättengebäude bedeutend für die Geschichte der Menschen in C. und dem früher selbstständigen Dorf I. . An seiner Erhaltung und Nutzung besteht aus wissenschaftlichen, insbesondere orts- und regionalgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Mit den Erweiterungen, dem Saalanbau von 1902, dessen Vergrößerung und dem Verandaanbau aus dem Jahr 1928 ist das I1. Anwesen ein anschauliches Beispiel für ein städtisch geprägtes Dorf- und Chausseegasthaus und belegt die Entwicklung des ostwestfälischen Gasthaus-Baus. Die baulichen Erweiterungen entsprechen den jeweils zeittypischen Bauweisen und – materialien, wodurch sich wissenschaftlich-hauskundliche Gründe für das öffentliche Erhaltungsinteresse ergeben. Weiter werden in der gutachterlichen Stellungnahme im Hinblick darauf, dass Saal und Veranda als Orte der Kommunikation und Geselligkeit Entwicklungen des kulturellen Lebens spiegeln, wissenschaftlich-volkskundliche Gründe für das Erhaltungsinteresse dargelegt. Schließlich werden städtebauliche Erhaltungsgründe angeführt, weil das stattliche Gasthaus mit seinem Mittelportal diesen Abschnitt der E. T. entscheidend prägt.
Diesen fachkundigen Ausführungen des Beigeladenen schließt sich das Gericht an. Das Denkmalrecht räumt den Ämtern für Denkmalpflege auf Grund ihrer fachlichen Kompetenz eine besondere Stellung ein; sie sind an fachliche Weisungen nicht gebunden (§ 22 Abs. 4 DSchG NRW), so dass ihre Stellungnahmen nicht als Parteivortrag zu werten sind und grundsätzlich geeignet sind, Grundlage für gerichtliche Entscheidungen zu sein3.
Durch die von der Klägerin dargestellten baulichen Veränderungen ist die historische Bausubstanz nicht in einer Weise verändert worden, dass eine Einstufung der Gaststätte als Denkmal nicht mehr gerechtfertigt ist. Die in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten befindlichen Fotos belegen, dass trotz aller Veränderungen das Gebäude mit seiner wesentlichen Aussagekraft noch vorhanden ist. Dieser Eindruck hat sich in dem von dem Berichterstatter am 08.12.2010 in dem vorangegangenen Verfahren 9 K 1749/10 durchgeführten gerichtlichen Ortstermin bestätigt. Danach ist die ursprüngliche Raumaufteilung des Hauptgebäudes und der späteren Anbauten – abgesehen von dem Einbau einer Toilettenanlage in den vorderen Teil des Saales – noch fast unverändert vorhanden. Die vorgenommenen Umbauten sind im Gebäude deutlich erkennbar. Die Geschichte des Gebäudes und seiner Veränderungen sind vor Ort deutlich ablesbar und nachvollziehbar. Weiter sind in dem Gebäude trotz der erfolgten Modernisierungen noch zahlreiche bauzeitliche Details erhalten. Hierzu gehören im Hauptgebäude die alte Treppenanlage mit den original Handläufen sowie einige alte Zimmertüren mit ihren Beschlägen. Im Saalanbau ist die bauzeitliche Holzkonstruktion des Tragwerks noch eindrucksvoll vorhanden, dies gilt selbst für den Bereich oberhalb der später eingebauten Toilettenanlage. In dem Veranda-Anbau ist ein Teil der ursprünglichen Glasfenster noch vorhanden. Die ersetzten Fenster sind in ihrer Gestaltung den alten Fenstern angeglichen worden und passen sich in den Gesamteindruck ein.
Die von der Klägerin vorgetragenen wirtschaftlichen Folgen einer Eintragung in die Denkmalliste können im denkmalrechtlichen Unterschutzstellungsverfahren nicht berücksichtigt werden. Die Entscheidung über die Eintragung ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ausschließlich anhand der in § 2 DSchG NRW aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen zu treffen. Ob ein Gebäude Denkmal ist oder nicht, hängt nicht von der wirtschaftlichen Lage seines Eigentümers ab, sondern allein von dem Vorhandensein einer denkmalrechtlich relevanten Aussage des Gebäudes. Dies gilt auch dann, wenn wegen des Erhaltungszustands des Gebäudes ein besonders hoher und damit wirtschaftlich belastender Erhaltungsaufwand zu leisten oder wenn wegen der baulichen Eigenart des Gebäudes der laufende Unterhalt im Verhältnis zu den gegebenen Nutzungsmöglichkeiten besonders kostspielig ist. Lediglich dann, wenn der Zustand des Gebäudes so schlecht ist, dass seine Restaurierung mit einem weitgehenden Verlust der historischen Substanz einherginge, kann die Denkmaleigenschaft entfallen, doch spielen auch dabei grundsätzlich weder die wirtschaftliche Leistungskraft des Eigentümers noch die objektbezogen ermittelte Wirtschaftlichkeit des Gebäudes eine Rolle4.
Die mit der Unterschutzstellung eines Denkmals verbundenen Einschränkungen der Nutzungsmöglichkeiten und die sonstigen – auch wirtschaftlichen – Folgen der Denkmaleigenschaft sind Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums und vom Eigentümer grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen. Sie stellen keine Enteignung dar, weil dem Eigentümer sein Eigentumsrecht nicht entzogen wird. Die verfassungsrechtlich gebotene Berücksichtigung der wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Belange des Eigentümers findet im zweistufigen System des Denkmalschutzes in Nordrhein-Westfalen erst im Rahmen der einer Unterschutzstellung nachfolgenden Entscheidungen über Erhaltung bzw. Wiederherstellung, Veränderung, Nutzung oder Beseitigung des Gebäudes statt. Dies ist ausreichend, denn denkmalschutzrechtliche Regelungen, die Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmen, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erst dann mit Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn sie unverhältnismäßige Belastungen des Eigentümers nicht ausschließen und keinerlei Vorkehrungen zur Vermeidung derartiger Eigentumsbeschränkungen enthalten. Auf der zweiten Stufe des landesrechtlich ausgestalteten Denkmalschutzes muss deshalb sichergestellt werden, dass das Eigentumsrecht des Denkmaleigentümers nicht unverhältnismäßig oder so stark belastet wird, dass es seine Privatnützigkeit nahezu einbüßt5.
Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 2. Februar 2012 – 9 K 699/11
- OVG NRW, Urteile vom 12.09.2006 – 10 A 1541/05, BRS 70, Nr. 196; vom 28.04.2004 – 8 A 687/01, BRS 77 Nr. 59 und vom 17.12.1999 – 10 A 606/99, BRS 77 Nr. 58[↩]
- OVG NRW, Urteile vom 12.09.2006 und 28.04.2004, jeweils a.a.O[↩]
- Vgl. OVG NW, Beschluss vom 05.06.2007 – 10 A 935/06; Urteile vom 23.06.1997 – 10 A 1670/94 und vom 23.02.1988 – 7 A 1937/86 m.w.N.[↩]
- Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 09.01.2008 – 10 A 3666/06, BRS 73 Nr. 201[↩]
- Vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.03.1999 – 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226 = BRS 62 Nr. 214; OVG NRW, Beschluss vom 09.01.2008 a.a.O.[↩]