Der Ausbau des Frankfurter Flughafens und das Nachtflugverbot

Für den Ausbau des Frankfurter Flughafens sind planmäßige Flüge in der sogenannten Mediationsnacht unzulässig. Für die Gesamtnacht sind durchschnittlich 133 Flüge erlaubt.

Der Ausbau des Frankfurter Flughafens und das Nachtflugverbot

Damit hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in den dort anhängigen acht Musterklagen gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens Frankfurt a.M. im wesentlichen das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsggerichtshofs Kassel bestätigt. In den Klageverfahren der Städte Offenbach am Main, Mörfelden-Walldorf, Neu-Isenburg, Raunheim und Rüsselsheim sowie von Privatpersonen, Gewerbetreibenden und einer kommunalen Klinik hat der Verwaltungsgerichtshof Kassel das beklagte Land Hessen mit Urteil vom 21. August 2009 verpflichtet, über die Zulassung planmäßiger Flüge in der Zeit von 23.00 bis 5.00 Uhr und über den Bezugszeitraum für die Zulassung von durchschnittlich 150 planmäßigen Flügen je Nacht neu zu entscheiden, und den Planfeststellungsbeschluss insoweit aufgehoben. Im Übrigen hat er die Klagen abgewiesen1 .

Nun hat das Bundesverwaltungsgericht weiterhin in der Mediationsnacht von 23.00 bis 5.00 Uhr Flüge bis zu einer Neubescheidung für unzulässig erklärt. Die Zulassung von 17 planmäßigen Flügen in der Mediationsnacht, die im ursprünglichen Betriebskonzept nicht vorgesehen waren, war allerdings – anders als vom Verwaltungsggerichtshofs Kassel angenommen – bereits wegen fehlender Anhörung der Betroffenen aufzuheben. Zu Recht hat der Verwaltungsggerichtshofs die Regelung als abwägungsfehlerhaft beanstandet, weil sie den besonderen Anforderungen an den Nachtlärmschutz der Bevölkerung nicht genügt. Bundesrechtlich unbedenklich ist auch, dass der Verwaltungsggerichtshofs dem Grundsatz in Nr. III 1 der Landesentwicklungsplan-Änderung 2007 die Wirkung einer „konkretisierenden Gewichtungsvorgabe“ beigemessen hat, die als grundsätzliches Verbot planmäßiger Flüge in der Mediationsnacht zu verstehen sei und den Gestaltungsspielraum sehr weit – auf annähernd Null – einschränke. Der planerische Spielraum des beklagten Landes bei der Neuregelung des Flugbetriebes in der Mediationsnacht ist dementsprechend gering.

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Hinsichtlich der sog. Nachtrandstunden von 22.00 bis 23.00 Uhr und von 5.00 bis 6.00 Uhr ist das Bundesverwaltungsgericht über die Beanstandung durch die Vorinstanz hinausgegangen. Ab sofort dürfen in dieser Zeit nicht mehr durchschnittlich 150, sondern nur noch – auf das Kalenderjahr bezogen – durchschnittlich 133 planmäßige Flüge stattfinden. Über die Zulassung eines darüber hinausgehenden Kontingents hat das beklagte Land neu zu entscheiden. Sollte es sich dazu entschließen, das Kontingent von durchschnittlich 133 Flügen wieder zu erhöhen, hat es zu beachten, dass die Nachtrandstunden nicht als bloße Verlängerung des Tagflugbetriebes angesehen werden dürfen. Selbst im Falle eines nahezu vollständigen Flugverbots in den Kernstunden der Nacht bleibt die Verhältnismäßigkeit nur gewahrt, wenn das Konzept eines zum Kern der Nacht hin abschwellenden und danach wieder ansteigenden Flugverkehrs auch in diesem Zeitsegment durchgehalten und durch geeignete Vorkehrungen effektiv und konkret begrenzt wird. Absehbare tagähnliche Belastungsspitzen in den einzelnen Nachtrandstunden oder in längeren, insbesondere kernzeitnahen Zeitabschnitten müssen deswegen in den jeweils betroffenen Überfluggebieten vermieden werden.

Zu korrigieren war das erstinstanzliche Urteil auch, soweit der Verwaltungsggerichtshofs Kassel das Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses für gewerbliche Anlagen gebilligt hat. Der Schutz gewerblicher Anlagen ist im FluglärmG nicht geregelt. Es ist deshalb Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, die fachplanerische Zumutbarkeitsgrenze fluglärmbedingter Beeinträchtigungen von Gewerbebetrieben selbst zu bestimmen und auf dieser Grundlage dem Vorhabenträger im Planfeststellungsbeschluss diejenigen Schutzmaßnahmen aufzuerlegen, die zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Gewerbegrundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind. Das an die Kriterien des Arbeitsstättenrechts anknüpfende Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses genügt diesen Anforderungen nicht. Auch in diesem Punkt bedarf der Planfeststellungsbeschluss der Nachbesserung.

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Im Übrigen hat der Verwaltungsggerichtshofs Kassel die Entscheidung des beklagten Landes Hessen für den planfestgestellten Ausbau des Flughafens Frankfurt Main zu Recht nicht beanstandet.

Bundesverwaltungsgericht Leipzig, Urteil vom 4. April 2012 – 4 C 8.09 und 9.09, 1.10 – 6.10

  1. VGH Kassel, Urteil vom 21. 08. 2009 – 11 C 499/08.T, 321/08.T, 329/08.T, 359/08.T, 336/08.T, 312/08.T, 227/08.T, 509/08.T[]